Sollte man aktive Sterbehilfe erlauben?

Das Ergebnis basiert auf 33 Abstimmungen

Ja, sollte erlaubt sein 85%
Nein, sollte weiterhin verboten oralm 15%

15 Antworten

Ja, sollte erlaubt sein

Was verstehst du unter "aktiver Sterbehilfe"?.

Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) in seinem Urteil vom 26. Februar 2020 entschieden und damit §217 Strafgesetzbuch (StGB) für verfassungswidrig erklärt. Laut BVerfGE, umfasst das im Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland verankerte "allgemeine Persönlichkeitsrecht" (Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 GG) auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben. Dies schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dazu auch Hilfe bei Dritten zu suchen und sofern sie angeboten wird, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei ist das Recht auf selbstbestimmtes Sterben laut BVerfGE ausdrücklich nicht an fremddefinierbare Situationen wie eine schwere und unheilbare Erkrankung gebunden sondern es besteht in jeder Phase von menschlicher Existenz. Eine inhaltliche Vorbestimmung und Beschränkung auf bestimmte Situationen, sei dem Freiheitsgedanken des Grundgesetzes fremd. Es unterliegt höchstpersönlichen Wertvorstellungen, wann der einzelne Mensch sein Leben noch für lebenswert erachtet und unter welchen Umständen er sich vorstellen kann, sein Leben zu beenden, so das BVerfGE. Es hat dem Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit offen gelassen, Sterbehilfe gesetzlich zu regulieren, unter anderem eine Wartefrist vorzuschreiben um Kurzschlussreaktionen zu verhindern und eine vorherige ärztliche Aufklärung zur Pflicht zu machen, sodass niemand aus bloßer Unkenntnis über bestehende Hilfsangebote sich für den Suizid entscheidet. Eine gesetzliche Regelung, muss dem Einzelnen jedoch ausreichend Raum zur Verwirklichung seines Sterbewunsches lassen, so das BVerfGE. Es hat dem Gesetzgeber auch nur die Möglichkeit zu einer gesetzlichen Regelung gelassen, ihn jedoch nicht dazu verpflichtet. Aktuell, existiert keine gesetzliche Regelung. Der Bundestag, hat bereits über verschiedene Vorschläge debattiert, konnte sich jedoch nicht einig werden und manche Institutionen haben auch bereits angekündigt, gegen eine "zu strenge" gesetzliche Regelung erneut eine Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Mit "aktiver Sterbehilfe" ist eigentlich die aktive Tötung eines Menschen auf dessen Wunsch hin durch eine dritte Person gemeint. Hier existiert in Deutschland bislang der §216 StGB, der dies als "Tötung auf Verlangen" unter Strafe stellt. Jedoch hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe als höchstes deutsches Strafgericht in diesem Jahr die Ehefrau eines Patienten vom Vorwurf der Tötung auf Verlangen freigesprochen, welche diesen auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin mit einer tödlichen Überdosis Insulin getötet hatte. Der BGH, sah darin keine strafbare Tötung auf Verlangen sondern eine erlaubte Beihilfe zum Suizid. Dies gilt laut BGH dann, wenn es ohne die aktive Verabreichung durch eine dritte Person dem Sterbewilligen faktisch unmöglich wäre, von seinem verfassungsmäßigen Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben Gebrauch zu machen. Unter anderem gelähmte Personen oder solche, denen die Arme fehlen, sind nämlich ja nicht mehr in der Lage dazu, die tödlichen Arzneimittel selbstständig einzunehmen und wären damit entgegen ihrem freien Willen zum Leben gezwungen. Dies wäre wegen des Artikels 3 Absatz 1 GG ("alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich") und wegen des Artikels 3 Absatz 3 GG ("niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden"), von verfassungsrechtlicher Seite her höchst bedenklich. Mit diesem Urteil, hat der BGH die Grenze zwischen strafbarer Tötung auf Verlangen und straffreier Suizid Beihilfe neu gezogen.

Mfg

Ja, sollte erlaubt sein

ich habe für ja gestimmt, weil ich denke, es ist das Recht des Menschen, sein Leben zu beenden, ohne dass sich ihm jemand in den Weg stellt, sondern ihm -sofern nötig- auch aktiv Hilfe geleistet wird.

Allerdings muss gewährleistet sein, dass nur wirklich der Betroffene diese Entscheidung trifft - ich sehe hier Probleme, wenn z.B. ein Betreuer die Entscheidungen zu treffen hat und ggfs. eigene persönliche Vorbehalte einfließen lässt - das kann und darf nicht sein, also in einem solchen Fall muss der Betreuer außen vor bleiben. Eine Art Beratungspflicht -ähnlich wie in den Vorschriften re. Schwangerschaftsbruch- und damit auch das Anbieten von Alternativen finde ich als gute Lösung, jedoch darf die "Wartefrist" nicht allzu lange sein.

Die Beratungspflicht in dieser Form ist schon allein deshalb gut, weil hierdurch der Staat selbst unter Druck gesetzt wird, medizinische Alternativen anzubieten und diese zu finanzieren und andererseits denjenigen, der ggfs. Sterbehilfe leistet, nicht einer Flut von Problemen und juristischen Unsicherheiten aussetzt, so wie dies sicherlich momentan der Fall ist.

Natürlich dürfen wir die dunklen Flecken unserer Geschichte nicht vergessen- ein Aushängeschild sind sie wahrlich nicht. Es sollte uns schon immer eine Warnung dafür sein, wozu so mancher fähig ist und was aus guten Vorsätzen alles an Unheil erwachsen kann.

Die Religion sollte man bei diesem Entscheidungsprozess heraushalten - sie hat im persönlichen Bereich des Menschen vor allem bei dessen Entscheidungen nichts zu suchen und schon gar nicht über ihn zu bestimmen. Ethische und humanistische Ansätze sind hier besser angebracht.

Solange es hier aber keine solch praktikablen Lösungen gibt, wird man immer wieder gezwungen sein, die Lösung im Ausland zu suchen. Nicht ideal.

Ja, sollte erlaubt sein

Es ist sehr gut, dass über Sterbehilfe nachgedacht wird und zumindest passive Sterbehilfe in der Zwischenzeit erlaubt in Deutschland ist.

Selbstverständlich benötigt Sterbehilfe eine klare Regelung. Das ist ganz wichtig, denn die getroffenen Entscheidungen regeln etwas endgültig.

Einen totkranken Menschen einen Abschied in Würde zu gewährleisten, sollte bei den Entscheidungen oberstes Gebot sein.

Die Gefahr von Missbrauch, siehe Euthanasie im 3. Reich, muss dabei unter allen Umständen vermieden werden. Ich kann daher verstehen, dass sich der Gesetzgeber schwer tut. Die Frage liest sich einfach, doch es ist vieles zu berücksichtigen.

Der Einwand von Freidenkerr ist extrem wichtig. Depressionen können medizinisch behandelt werden und unser Wissen schreitet voran, da ist Sterbehilfe kontraindiziert, da der Mensch eventuell noch schöne Zeiten vor sich hätte, die ihm dann nicht mehr gegeben sind.

Ein Mensch, der unter extremen chronischen Schmerzen leidet sollte zuerst gegen Schmerzen therapiert werden. Da sind Morphinderivate etc. erste Wahl und Sterbehilfe steht an letzter stelle, wenn alles Austherapiert ist und das Leben für den Menschen nur noch Leid und Qual ist.

Einzelfallentscheidungen nach sorgfältiger Prüfung wären ideal.

Ja, sollte erlaubt sein

Hey,

wie Du es schon erwähnst, jeder sollte das selbst entscheiden können.

Bei Manchen, wenn man deren Krankheitsbild betrachtet und es keinerlei Aussicht auf Besserung besteht, weil unheilbar, wünscht man ihnen, dass sie gehen dürfen können.

Wären sie ein Hund, oder eben ein Haustier, würde der Tierarzt die Frage stellen, ob man das Tier noch so quälen will. LG. :-)

Eine Ja-Nein Antwort gibt es da nicht in meinen Augen.

Bei diesem Thema muss ich immer an § 37 der Deklaration von Helsinki denken, nach der ALLE Maßnahmen, also auch alternative Mittel - legitim sind, die geeignet erscheinen, Leiden, Krankheit und vorzeitiges Ableben zu lindern bzw. zu vermeiden.

Aber wie es halt so ist: medizinethische Grundsätze greifen ja erst in Notfällen - und wer überwacht schon ihre Einhaltung (vor allem, wenn man sie nicht kennt!)

Hier zum Vergewissern, dass es solche medizinethischen Grundsätze sehr wohl und schon lange gibt:

'Nicht nachgewiesene Maßnahmen in der klinischen Praxis 37.

Bei der Behandlung eines einzelnen Patienten, für die es keine nachgewiesenen Maßnahmen gibt oder andere bekannte Maßnahmen unwirksam waren, kann der Arzt nach Einholung eines fachkundigen Ratschlags mit Informierter Einwilligung des Patienten oder eines rechtlichen Vertreters eine nicht nachgewiesene Maßnahme anwenden, wenn sie nach dem Urteil des Arztes hoffen lässt, das Leben zu retten, die Gesundheit wiederherzustellen oder Leiden zu lindern. Diese Maßnahme sollte anschließend Gegenstand von Forschung werden, die so konzipiert ist, dass ihre Sicherheit und Wirksamkeit bewertet werden können. In allen Fällen müssen neue Informationen aufgezeichnet und, sofern angemessen, öffentlich verfügbar gemacht werden.' (Quelle)

Solang es immer wieder diese Bestrebungen gibt, die Akzeptanz hilfreicher alternativer Heilweisen zu vereiteln, leiden Menschen so, dass sie nicht mehr leben wollen und können. Und sind von der Beurteilung derjenigen, die das Sagen haben, abhängig, ob sie wirklich heilsame Therapien bekommen.

Aus diesem Grund lasse ich meine Antwort offen.