Sind wilde Goldfische wirklich ökologisch bedenklich?

Das Ergebnis basiert auf 6 Abstimmungen

Goldfische schaden Ökosystemen 50%
haben keinen Einfluss 33%
Was anderes 17%
bereichern Ökosystem 0%
Wilde Populationen sind unerwünscht 0%

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
haben keinen Einfluss

Nein, sind sie nicht.

Du hast da einiges sehr gut verstanden.

Grundsätzlich:

Der Goldfisch ist ein Fisch, der Stillgewässer des hochkontinentalen Klimas mit sehr heißen Sommern bevorzugt. Extrem kalte Winter nützen ihm zwar nicht aber verbessern die Konkurrenzsituation ggf.

Das beschränkt seine Potenz, sich in Deutschland auszubreiten enorm. Fließgewässer werden auch im Laufe des Klimawandels so schnell keine großartigen Goldfischbiotope. Man kann es ja sehen, der Goldfisch ist in De in Fließgewässern trotz ständigem Aussetzen nicht bestandsbildend, nicht mal in Kanälen.

aufgrund mehr tierischer Nahrung und Platz eher mal 25cm (wie meiner auf dem Bild) bis 45cm groß.

Trotzdem findet man solche Größen in Deutschland nicht häufig im Freiland.

- Der Goldfisch ist die gleiche Art wie die aus Asien eingebürgerte Silberkarausche (Giebel) siehe Bild 2.

Das ist nicht ganz richtig. Das Artkonzept ist bei den Silberkarauschen wegen der bei der "Art" nicht seltenen Pathogenese schwierig. Eingeführte Giebel weisen erhebliche genetische Unterschiede zu grau gewordenen Goldfischpopulationen auf und werden unter sich nochmal divers sein.

Dadurch haben sie gute Überlebenschancen.

...in Teichen.

- Sie sind etwas dominanter als die einheimische Karausche, welche mittlerweile stark gefährdet ist, weil sie verdrängt wird

Das ist das einzige wo was dran ist im Sinne ökologisches Gefahrenpotential. Hier gibt es aber mehrere Probleme:

  1. Die meisten stehenden Gewässer in Deutschland sind ohnehin künstlich
  2. Die historische Verbreitung der Karausche- also wo sie wie stark und warum bestandsbildend war ist unbekannt und seit Jahrhunderten durch Besatz verfälscht
  3. Die Bewirtschaftung von für Karauschenbestände geeignete Stillgewässer durch Angler ist ein riesiger Einflussfaktor- auch Goldfische und graue Nachfahren von Goldfischen werden dadurch beeinflusst und leben überwiegend in nicht befischten Kleinstgewässern.

Also welchen Status quo der Karausche soll man wo bewahren? 90% aller geeigneten Gewässer enthalten die hochgradigst konkurrenzüberlegenen Satzkarpfen.

Man sagt, sie gefährden heimische Amphibienpopulation, da sie sich am Laich bedienen bzw. teilweile die Molche selbst fressen.
Aber ist das Argument wirklich so schlagkräftig?

Völliger Blödsinn. Die meisten Amphibien können sich sowohl in Gewässern mit Fischen erfolgreich vermehren als auch auf fischfreie Kleinstgewässer ausweichen. Gerade die selteneren Amphibienarten in De überschneiden sich im Lebensraum fast gar nicht mit Fischen. Einige davon haben die vegetative Sukzession als Hauptfeind. Sie werden vom Bergbau und Bundeswehrpanzern am Leben erhalten. 😀

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ökosysteme dadurch gestört werden, ausgenommen natürlich die Gefahr, Krankheiten und Parasiten zu verbreiten.

Dann müssen alle Angelvereine mit dem Fischbesatz aufhören.

Was sagt ihr dazu? Liegt es daran, dass Goldfische durch die Züchtung möglicherweise gefräßiger sind als die Wildform?

Nein.

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Ökomenschen und Vulgärnaturschützer halten alles was nicht heimisch ist immer für böse und alles was heimisxh aber selten ist ist Schuld des Menschen.

Die in De kaum bestandsbildende und in der Konkurrenz zur Bachforelle scharf unterlegene Regenbogenforelle - eine schreckliche Bedrohung.

BESONDERS witzig wird es, wenn das Konzept einer invasiven Art sich mit einer Gefährdung überschneidet. Das ist beim Bitterling der Fall.

Die historische Verbreitung des Bitterlings ist nicht im Detail bekannt. Er ist wie der Goldfisch hitzeliebend-kontinental, Kulturfolger und dazu noch Parasit heimischer Muschelarten. Aber im Unterschied zum Goldfisch gilt er, obwohl der Mensch ihm massivst bei der Verbreitung hilft, als gefährdete heimische Fischart. Weil es ein Wildfisch ist von dem man weiß dass er zumindest gebietsweise immer schon vorkam. Aber wann und wo und wie viel? Der Einschätzung dass der Bitterling in De gefährdet ist liegt womöglich der Fehlschluss zugrunde dass der Fisch hier jemals häufiger war.

Kennst du das Konzept der "Anpflegung" aus der Botanik? So ähnlich verhält es sich evtl. stellenweise mit Kleinfischen. Ja, in Deutschland gab es immer Stillwasserkleinfische. Irgendwo. Aber lokal eben auch nicht. Historische Referenzbestände zur Bestimmung eines Bestandsrückgangs fehlen oft.

Eric265464 
Fragesteller
 24.10.2022, 08:10

Man merkt wieder, dass die Zuchtformen wie Karpfen das natürliche Gleichgewicht eher stören als die naturbelassenen Arten wie Schleien.

Also ich kenne einen Löschteich in meiner Region, wo es bis auf Stichlinge keine Raubfische gibt. Daher hab ich auch den Goldfisch und eine Karausche. Da leben europäische Buntkarpfen, Moderlieschen zu tausenden, Rotfedern und auch Giebel, aber das System funktioniert gut. Karausche und Giebel können scheinbar auch gut zusammen leben, aber die Karausche ist eben weitaus weniger vorhanden.

Zum Thema Regenbogenforelle: Die ist doch aus Amerika eingeführt und hat hier ja eigentlich nichts verloren oder?

Anpflegung in der Botanik sagt mir nichts.

PS: falls es dich wundert, warum ich einen Goldfisch (21cm) und eine Karausche (33cm) gefangen habe: Ich möchte mir einen kleinen Bestand an wilden Karauschen in meinem Gartenteich schaffen, versuchen, sie zu vermehren und dann in ein anderes, abgelegenes und von "offiziellen" Anglern nicht genutztes Gewässer setzen, wo nach meinen Beobachtungen nur Rotfeder, Barsch, Hecht und wenige Karpfen und Graskarpfen leben. Dort gibt es den Giebel nicht und ich erhoffe mir, dort eine Nische für die einheimische Karausche zu schaffen.

Ich weis das ist nicht erlaubt und da ich das komplett allein und auf eigene Faust machen will, will ich auch so viel wie möglich über die Ökosysteme wissen, damit bei meiner Aktion das Gleichgewicht nicht zu Schaden kommt.

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Grobbeldopp  24.10.2022, 08:25
@Eric265464
Man merkt wieder, dass die Zuchtformen wie Karpfen das natürliche Gleichgewicht eher stören als die naturbelassenen Arten wie Schleien.

Die extreme Wassertrübung durch Karpfen in Kleingewässern allein schon....

Karpfen können sich auch durch die Erderwärmung bei uns immer besser wild vermehren in sich selbst überlassenen Teichen. Ich kenne hir einige Teiche, wo neben Karpfen von im Schnitt 30 cm ein paar Rotfedern sitzen und sonst gar nichts.

Karausche und Giebel können scheinbar auch gut zusammen leben, aber die Karausche ist eben weitaus weniger vorhanden.

Ja das kommt auch vor.

Klingt interessant der Teich. Kenne einige ähnliche. Da wandert rein was aus den Gartenteichen entsorgt wird...

Bei mir oft auch noch 1 2 Graskarpfen in solchen Gewässern aus Altbesatz.

Zum Thema Regenbogenforelle: Die ist doch aus Amerika eingeführt und hat hier ja eigentlich nichts verloren oder?

Na ja - warum eigentlich? Also man darf sie nicht in Fließgewässer aussetzen, aber der Grund dafür ist totaler BS- denn sie wurde jahrzehntelang ausgesetzt ohne Schaden zu verursachen.

Was richtig ist- wenn die Fischart sich nicht erhält dann setzt man sie bitte auch nicht aus. Aber wenn man ein geeignetes Gewässer hätte- warum nicht? Denn es sind nur wenige Gewässer geeignet! Kleine Mittelgebirgsbäche können von Regenbogenforellen nicht gut bevölkert werden dazu sind sie erstaunlicherweise zu anspruchsvoll an Nahrungsangebot und gleichmäßige Temperatur, die Bachforelle können sie also sowieso nicht vertreiben.

Anpflegung in der Botanik sagt mir nichts.

Auspflanzen einer im groben Sinne heimischen Art an eine Stelle, wo sie regional eigentlich nicht vorkommt. Teichpflanzen sind da ganz besonders typisch und Gebirgspflanzen. Viele Teichpflanzen kamen im deutschen Mittelgebirge ursprünglich regional gar nicht vor, ebenso die Wasserfrösche. Heute wegen Gartenteichen und zt. auch Anpflegung durch Naturschützer anders.

Ich weis das ist nicht erlaubt und da ich das komplett allein und auf eigene Faust machen will, will ich auch so viel wie möglich über die Ökosysteme wissen, damit bei meiner Aktion das Gleichgewicht nicht zu Schaden kommt.

Verglichen mit dem was in Angelteichen gemacht wird ist das doch übelst unbedenklich. Es gibt vieeeeeeel zu wenige Teiche in De wo keine Karpfen besetzt werden. Schleien und Karauschen sind massivst unterbesetzt. Angelteiche ohne Karpfen mit Schleien oder Karauschen wären sogar für die Angler selber interessant- aber die haben immer noch oft das Mindset dass in ihrem Teich mindestens 20 wenn nicht 30 Fischarten ausgesetzt sein müssen.

Auch diese blödsinnige Praxis Rotaugen und Brachsen aus Fließgewässern in Teiche zu holen...

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Eric265464 
Fragesteller
 24.10.2022, 09:09
@Grobbeldopp

Ok dann habe ich das soweit verstanden. Um die Fachbegriffe zu verwenden sage ich: Ich möchte Karauschen anpflegen.

Ach und wegen man setzt nicht aus, wo die Art natürlich keinen Bestand hat, ist in meiner Situation irrelevant. Mein Zielgewässer ist ein alter Steinbruch, der nicht mehr genutzt wird und Stück für Stück verwildert. Dort wächst der typische Pionierwald auf Sandsteinboden mit wenig Erde. Hauptbaumarten sind Birken, Weiden, Kiefern und z.T. Lärchen, leider auch sehr viele wild Lupinen.

Die Wasserflora setzt sich zusammen aus vorwiegend schmalblättrigem Rohrkolben, Schwimmendes und Krauses Laichkraut, Froschlöffel und Binsen. Schilf und Seggen gibts dort zum Glück nicht auch keine Seerosen, also eigentlich nur heimisches Zeug.

Und Tatsache ich sehe dort auch viele Wasserfrösche.

Ach übrigens ich bin 17 und interessiere mich extrem für unsere heimische Natur und würde mich gerne dafür einsetzen, sie zu erhalten, nur eben nicht mit solchem Affentheater wie bei den Grünen.

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Was anderes

Kommt immer aufs Gewässer und Menge an. Es gibt durchaus Gewässer, wo es gar keine Fische gibt und sich dadurch viele Amphibienarten erst gut reproduzieren können. Teils auch Gewässer, die zwischendurch auch austrocknen und dadurch Fische fern bleiben. Setzt man dann in der Zeit Fische in das Gewässer wird der Laich einfach komplett gefressen.

Fremde Arten können ein Ökosystem auch komplett ruinieren. Gibt u. a. auch einen Guppybach in Deutschland oder auch einige Grundelarten, die durch Schiffe kamen haben das Ökosystem stark verändert.

Eric265464 
Fragesteller
 23.10.2022, 22:16

Ja das habe ich schon gehört. Müsste die Schwarzmundgrundel sein, die in den Flüssen die anderen Arten bedroht.

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eieiei2  23.10.2022, 23:52

Der Guppybach ist mit Kraftwerkskühlwasser künstlich beheizt und deswegen sowieso ein künstliches Ökosystem. Arten die nicht winterhart sind, können da nicht raus.

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Photon123  24.10.2022, 00:34
@eieiei2

Seh ich nicht ganz so. Wenn man das so weiterspinnt könnte man auch sagen Kanäle, viele Flüsse etc. sind kein natürliches Ökosystem. Sind sie aber, auch wenn sie künstliche Einflüsse haben.

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eieiei2  24.10.2022, 01:48
@Photon123

Das Ökosystem dieses Bachs ist künstlich, weil die Heizung des Wassers den Bach tropisch macht. Das ist mit anderen wasserbaulichen Maßnahmen absolut nicht zu vergleichen.

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Zanderfreund  26.10.2022, 12:10

Zu fremden Arten siehe auch die Wollhandkrabbe,Wolgazander,Kamberkrebs und Signalkrebs und viele weitere mehr.

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haben keinen Einfluss

Nach meiner (sicher nicht repräsentativen) Beobachtung bilden Goldfische in Deutschland in natürlichen und naturnahen Stillgewässern nie größere Bestände. Sie sind nur in Gewässern stark, in denen sie wenig/keine Konkurrenz haben und/oder gefüttert werden. Und auch nur dann, wenn das Gewässer sonnig ist und im Sommer ordentlich warm wird. Die Fähigkeit zur Populationsbildung ist so gering, dass sie auch in vielen künstlichen Teichen nicht dauerhaft überleben, sondern gelegentlich nachbesetzt werden müssen.

In Fließgewässern habe ich bisher nur große Einzelexemplare (Goldfisch und auch Koi) gesehen, aber nicht das geringste Anzeichen von Nachwuchs.

Man muss davon ausgehen, dass regelmäßig in einer Vielzahl von Gewässern Goldfische ausgesetzt werden. Vermutlich tausende jedes Jahr, allein in Deutschland. Trotzdem bilden sich nur im extremen Ausnahmefall stabile Populationen. Ich zweifle sehr stark daran, dass sich an diesem Zustand etwas ändern wird. Es gefällt den Goldfischen hier offensichtlich nicht.

Übrigens: Die wilden Bestände heimischer Süßwasserfischarten in Mitteleuropa sind sehr wahrscheinlich nicht mehr als ein kläglicher Rest. Wahrscheinlich hat Mitteleuropa den größten Teil seiner Süßwasserfisch-Artenvielfalt bereit zwischen dem späten 18. und der Mitte des 20. Jahrhunderts unwiederbringlich verloren. Zuerst durch großangelegte Flussbegeradigungen, Unterbrechung von Wanderrouten durch Wehre, Trockenlegungen von natürlichen Kleingewässern, Auenlandschaften, Überschwemmungsgebieten, Sümpfen und Mooren und die zunehmende Wassertrübung durch erodierte Erde von den wachsenden Feldern. Später dann durch das gewaltige Ausmaß der Gewässerverschmutzung durch ungeklärte Abwässer, bevor man in allerletzter Sekunde die Notbremse gezogen und Kläranlagen gebaut hat. Auch Überfischung hat sicher eine Rolle gespielt, allerdings wahrscheinlich eine deutlich kleinere Rolle als der Lebensraumverlust durch Wasserbau und Verschmutzung. Darüber hinaus ist heute nichtmal mehr ansatzweise nachvollziehbar, welche Besatzmaßnahmen es in all den Jahrtausenden menschlicher Besiedelung und insbesondere in den letzten paar Jahrhunderten gegeben hat.

Wenn man die in Mitteleuropa heute noch erhaltene, heimische Artenvielfalt (gängige Definition: war vor 1492 schon vorhanden) mit der Artenvielfalt in Gebieten vergleicht, in denen die ursprüngliche Natur weniger stark umgestaltet und weniger stark verschmutzt wurde, fällt auf, dass wir eine geringere Artenvielfalt haben. In weitgehend intakter Natur fällt außerdem auf, dass viele Arten endemisch in kleinen Gebieten auftreten, während in Nachbar-Habitaten ähnliche, verwandte Arten leben, die aber nicht identisch sind.

Der Mensch ist traditionell bockschlecht darin, Fischarten korrekt zu bestimmen und nah verwandte, anatomisch sehr ähnliche Arten sicher auseinanderzuhalten. Erst genetische Untersuchungen der letzten Jahre führen zur Richtigstellung vieler, alter Fehlbestimmungen und Verwechslungen und einer wahren Explosion der Zahl beschriebener Arten. Alkohol- und Trockenpräparate sind oft nur wenig hilfreich, ganz zu schweigen von Skelettfunden. Die anatomischen Unterschiede nah verwandter Arten sind einfach oft zu klein. Deswegen ist es leider nicht möglich, das Ausmaß des Diversitätsverlusts im Nachhinein zu bestimmen. Insbesondere bei Bewohnern von kleinen Stillgewässern, die schon immer in stark fragmentierten Lebensräumen leben, ist es mehr als unwahrscheinlich, dass in ganz Mitteleuropa die selben paar Arten flächendeckend verbreitet sind. Heute weiß man, dass Evolution viel schneller laufen kann als früher angenommen, gerade dann, wenn genetische Flaschenhälse, ungünstige Bedingungen oder hoher Konkurrenzdruck nur die wenigen, am besten angepassten Individuen überleben lassen. Europaweit nur ein Moderlieschen, ein Dreistachlicher Stichling und nur ein Bitterling, das ergibt einfach absolut keinen Sinn.

Heute hat man oft große Probleme, stabile Populationen für heimisch befundener Arten in Gewässern zu erhalten, die wir als für die Art geeignet erachten. Was ist denn, wenn es nicht klappt, weil es die falsche Art für dieses Gewässers ist und die eigentlich heimische, an die lokalen Verhältnisse besser angepasst Art vor 70 oder vor 200 Jahren unerkannt ausgerottet wurde? Wenn die Ansiedelung noch vorhandener Arten nicht gelingt, was macht man dann? Ist es dann wirklich schlimm, wenn das verwaiste Habitat von eingewanderten oder eingeführten Arten besiedelt wird?