Sind Neutronen eine Art atomarer Klebstoff, der verhindert dass die Protonen des Atomkerns wegen ihrer Abstoßungskräfte nicht auseinanderfliegen?

3 Antworten

Sind Neutronen eine Art atomarer Klebstoff, der verhindert dass die Protonen des Atomkerns .... auseinanderfliegen?

Hallo Aaaaarrgh,

ja, so könnte man es sagen, weil Protonen zwar wie Neutronen auch von der Starken Wechselwirkung zusammengehalten werden, deren VAN DER WAALS-analogen Ausläufer auch nahe gelegene andere Nukleonen (Kernteilchen, das ist der Oberbegriff) aneinander binden, aber sie haben auch noch die elektrische Ladung, die sie auch zu gegenseitiger Abstoßung tendieren lassen.

Kommen zwei Protonen einander allerdings nahe genug, um die Ausläufer der Starken Wechselwirkung wichtig werden zu lassen, fliegen sie nicht einfach wieder auseinander. Stattdessen wird der kurzzeitig entstandene „²He- Kern“ sofort eine positive Ladung wieder los, indem er ein Positron und ein Neutrino emittiert und selbst dadurch zum ²H- bzw. ²D- Kern (Deuterium; Wasserstoffisotope sind die einzigen mit eigener Bezeichnung) wird. Dies geschieht bei der p-p- Reaktion im Kern der Sonne.

Und warum gelingt diese Kleber-Funktion ab einer gewissen Masse des Atomkerns nicht mehr,…

Das hat m.E. indiachinacook recht einleuchtend beschrieben. Die Atomkerne werden zu groß. Dass sie überhaupt größer werden müssen, hängt mit dem PAULI- Prinzip zusammen: Gleichartige Spin-½- Teilchen können auf engem Raum nicht im selben Zustand sein, sie müssen sich in irgendetwas unterscheiden. Dieses Prinzip ist auch dafür verantwortlich, dass es die Chemie gibt.

Dadurch erhöht sich die Gesamtenergie über das Umgebungsniveau hinaus; auch wenn ein Potentialwall den Kern noch zusammenhält, kann dennoch z.B. ein Teil des Kerns als ⁴He- Kern die Barriere durchtunneln und als α- Teilchen davonfliegen. Bei Transuranen kommt auch spontane Kernspaltung vor.

…und sie sind daher radioaktive Isotope?

Nuklide (Atomkernsorten). Als Isotope bezeichnet man verschiedene Nuklide, die zu einem Element gehören, also dieselbe Protonenzahl haben. Radioaktive Isotope hat allerdings jedes Element, oft sind es Nuklide mit zu vielen Neutronen (was zum β- Zerfall führt). Extrem schwere Elemente haben freilich keine stabilen Isotope mehr.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Das ist nicht ganz falsch formuliert, aber auch nicht perfekt.

Protonen und Protonen spüren zueinander gleich­zeitig eine Abstoßung (über die La­dung) und eine Anziehung (über die Kern­kraft). Neutronen haben dieselbe Art von An­zie­hung, aber natürlich keine Abstoßung. Dazu kommen noch weitere Arten von Wech­sel­wirkung über die Spins.

Wenn man also in den Kern Neutronen hinzumischt, dann entstehen neue anzie­hen­de Wech­sel­wir­kun­gen und keine neuen Abstoßungen. Die Klebstoffmetapher paßt also grob (Neutronen ziehen andere Protonen und Neutronen an). Andererseits muß man sich dann aber fragen, warum es nicht auch „Kerne“ gibt, die nur aus Neutro­nen be­ste­hen und auch, warum man nicht unbeschränkt mehr Neutronen in einen Kern hin­ein­pflan­zen kann (Antwort auf beides: Es gibt Probleme mit dem Spin).

Ein weiteres Problem ist, daß ab so ca. 80 Protonen Kerne nicht mehr stabil sind, egal wieviel Neutronen sie haben. Das liegt an der Kerngröße: Die starke Kern­kraft fällt mit dem Abstand viel schneller auf Null als die elektrische Abstoßung, und bei zu gro­ßen Kernen spüren Protonen an „entgegengesetzten“ Enden des Kernes nur noch die elektrische Abstoßung und keine Anziehung, daher dominieren die repul­si­ven Ter­me über die attraktiven, und der Kern ist nicht mehr stabil.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
Aaaaarrgh 
Fragesteller
 22.07.2020, 15:36

Hoch interessant, wenn ich auch noch nicht alles verstehe als Neuling auf dem Gebiet.

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Aaaaarrgh 
Fragesteller
 22.07.2020, 16:17

Wa sind denn dann Gluonen?

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indiachinacook  22.07.2020, 16:25
@Aaaaarrgh

Das sind Teilchen, die innerhalb der Nukleonen leben und die Quarks zu einem Proton oder Neutron zusammenkleben. Für die Kraft zwischen den Nukleonen sind sie im Prinzip auch verantwortlich, aber man kann diese Kraft auch ohne Gluonen nur mit π-Mesonen beschrieben, das ist ziemlich genau und wesentlich einfacher.

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Aaaaarrgh 
Fragesteller
 22.07.2020, 17:01
@indiachinacook

Seit wann weiß man das? Ich (52) habe noch gelernt Nukleonen seien nicht teilbar. Meine ich jedenfalls

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indiachinacook  22.07.2020, 17:19
@Aaaaarrgh

Quarks wurden 1964 vorgesclagen. Am Anfang umstritten, konnten sie sich in den 70ern als konsistente Theorie der Hadronen (Baryonen+Mesonen) durchsetzen.Ein Meilen­stein war dabei die Entdeckung des aus der Theorie vorhergesagten charm-Quarks 1973.

Die schrägen Eigenschaften der Gluonen bedingen, daß man Quarks niemals aus den Hadronen rauslösen kann. Also sind Protonen, Neutronen etc. wirklich nicht zu spalten, aber sind trotzdem zusammengesetzt.

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das Austauschteilchen der starken Kraft ist das Gluon. Das mit dem Kleber ist also gar nicht so falsch. Aber nicht alles, was man zusammenklebt, hält auch lange. Andere Kräfte können größer werden, denn die starke Kraft ist kurzreichweitig, im Gegensatz zur elektromagnetischen.