Sind Hobbykünstler Künstler?

9 Antworten

„Jeder Mensch ist ein Künstler.“

Ich glaube, dieser berühmte Satz von Joseph Beuys sollte bei  der Beantwortung Deiner Frage ganz am Anfang stehen.

Doch unser Problem ist, dass wir den Künstler in uns nicht beliebig ans Licht bringen können, denn das „Künstlerische“ in uns nährt sich aus dem, was wir nicht willentlich hervorbringen können.

Als Kinder waren  wir vermutlich dem Künstlerischen nahe. Aber wir lernten bald, dass das Künstlerische die gesellschaftlich anerkannte Form braucht.

Die Spontanität, die nicht ihre Form findet, endet in der Bedeutungslosigkeit und heutzutage nicht selten als ver-rückt in der Psychiatrie.

Die Spontaneität braucht den Nachhall in der Gesellschaft. Unser nazistisches Bedürfen will in anerkannten Formen Ausdruck finden.

Doch das Dilemma:

Die Formen verfestigen sich und zerstören die Spontaneität und damit den Kern des Künstlerischen.

Drum ist der Künstler eigentlich immer nur in den Augenblicken seines Künstlerseins ein Künstler.

Legt er den Pinsel, sein Schreibgerät, sein Instrument beiseite ist er einer, der sich damit identifiziert, ein Künstler gewesen zu sein und einer der darauf hofft, wieder ein Künstler sein zu können.

Das ist für eine Existenzgründung keine gute Perspektive.

Drum mag der Hobbykünstler gelegentlich dem Künstlertum näher stehen  als der Künstler, der sich berufen fühlt und einen Beruf daraus machen will.

Aber es gilt wohl auch die gängige Überzeugung, dass das Künstlerische sich mit der schwierigen Form beweisen muss. Wo Beuys das infrage stellte, lief er Gefahr, dass das Reinigungspersonal  sein Kunstwerk bereinigte.

Um aber den Entgleisungen eines irrwitzigen Kunstkonsums zu entkommen,  sollte ein am Künstlerischen interessierter Mensch sich Beuys Empfehlungen zu Gemüte führen:

Lass Dich fallen. Lerne Schlangen zu beobachten.

Pflanze unmögliche Gärten.

Lade jemand Gefährlichen zum Tee ein.

Mache kleine Zeichen, die ja sagen

und verteile sie überall in Deinem Haus.

Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.

Freue Dich auf Träume.

Weine bei Kinofilmen,

schaukle so hoch Du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht.

Pflege verschiedene Stimmungen,

verweigere Dich, verantwortlich zu sein – tu es aus Liebe!

Mache eine Menge Nickerchen.

Gib Geld weiter. Mach es jetzt. Das Geld wird folgen.

Glaube an Zauberei, lache eine Menge.

Bade im Mondschein.

Träume wilde, phantasievolle Träume.

Zeichne auf die Wände.

Lies jeden Tag.

Stell Dir vor, Du wärst verzaubert.

Kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu.

öffne Dich. Tauche ein. Sei frei. Preise Dich selbst.

Lass die Angst fallen, spiele mit allem.

Unterhalte das Kind in Dir. Du bist unschuldig.

Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume.

Schreibe Liebesbriefe.

Joseph Beuys

Berufskünstler und Hobbykünstler sind Künstler wenn sie gerade Künstler sind.

Pescatori  18.01.2017, 23:07

"Unser nazistisches Bedürfen" soll natürlich ein "narzistisches" Sein!

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Die Frage kann man sich doch auch selbst beantworten. Natürlich kann man das. Wozu gibt es denn auch Schriftsteller? Die sind keine Schriftsteller, weil sie es machen MÜSSEN, sondern weil sie es lieben und ihr Hobby zum Beruf gemacht haben.

Bestes Beispiel bei Künstlern ist die Manga Künstlerin "Reyhan's Artworks". Sie hat anfangs nur hobbymäßig gezeichnet und lebt jetzt von ihrer Kunst. Sorry, aber die Frage ist so dermaßen rhetorisch.^^

Hallo, Künstler ist keine geschützte Berufsbezeichnung.Jeder könnte sich also als Künstler bezeichnen.Es gibt sicher Hobbykünstler die mehr drauf haben als so mancher Künstler, der das haupberuflich ausübt.Auch bei Kunsthandwerkern gibt es die Frage Künstler oder nicht.Viele machen es z.B.so:hatten sie bereits einige Ausstellungen und wurden von der Künstlersozialkasse aufgenommen, bezeichnen sie sich als Künstler.

NUR hobbykünstler sind echte künstler.. denn die machen es noch aus purer leidenschaft.. leute die das zum beruf machen sind .. "berufsliebhaber" .. das ist so als würde man von einer prostituierten echte gefühle erwarten.

manni94  17.01.2017, 14:08

@ohsi: naja, ich würde es nicht so krass ausdrücken, aber da ist schon was Wahres dran.

Natürlich kann auch ein Künstler, der mit seiner Kunst seine Brötchen verdient, in seiner Kunst aufgehen und künsterlisch wertvolle Werke vollbringen, wie ja auch eine Prostituierte für einen ihrer Freier Feuer und Flamme sein kann.

Allerdings haben viele große Meister wie Leonardo da VInci & Co von Auftragswerken gelebt und und dabei den kommerziellen Aspekt nicht ganz außer Acht gelassen.

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ohshi  17.01.2017, 14:47
@manni94

der selbe gedanke schoss mir auch durch den kopf als ich meinen post verfasste.. dennoch denke ich, dass es damals eine ganz andere zeit war und nicht mit heute zu vergleichen ist.

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Im Grunde wird man Künstler, in dem man als solcher anerkannt wird. Sei es nun, daß man einen Preis verliehen bekommt, oder eines seiner Werke veräußern konnte.

Ob man nun Haupt- oder Nebenberuflich als Künstler tätig ist, spielt keine Rolle. Es gibt zwar keine einheitliche Definition, ich würde die Grenze jedoch nach den eingangs genannten Kriterien ziehen.

manni94  17.01.2017, 12:53

Im Grunde wird man Künstler, in dem man als solcher anerkannt wird. Sei es nun, daß man einen Preis verliehen bekommt, oder eines seiner Werke veräußern konnte.

Es gab auch schon Künstler, die keinen Preis erhielten, kein Geld damit verdienten, und deren Werk erst nach ihrem Tod Anerkennung fand.

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tryanswer  17.01.2017, 12:58
@manni94

Schon richtig, aber auch die hat man zu ihren Lebzeiten nicht als Künstler angesehen - das wurden sie erst nach dem Tod. Vorher waren das einfach Leute, die bspw. Bilder gemalt haben.

Es geht auch weniger was man bekommt, denn das sind nur Ausdrucksformen der Anerkennung.

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verreisterNutzer  17.01.2017, 13:06
@tryanswer

@tryanswer: Es gibt eigentlich nur einen Künstler, der mir bekannt ist, der zu seinen Lebzeiten völlig unerfolgreich war und erst nach seinem Tod echte Berühmtheit erlangte und Millionenpreise für die Werke bezahlt werden, nämlich Vincent van Gogh.

Alle anderen haben zumindest einen Teilerfolg mit ihrer Malerei erreicht. Zumindest, was meinen Wissensstand anbelangt.

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verreisterNutzer  17.01.2017, 12:55

Endlich mal eine stichhaltige, gute Antwort! Danke.

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