Rassenkunde als Unterrichtsfach?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das Fach "Rassenkunde" gab es flächendeckend in allgemeinbildenden Schulen grundsätzlich nicht - speziell im Biologieunterricht wurde die Vererbungslehre ab 1935 verbindlicher Bestandteil des Lehrplans (siehe Erlaß durch Reichserziehungsminister Bernhard Rust).

Das Schulsystem war, sowohl im Deutschen Reich von 1871 - 1914 als auch in der Weimarer Republik, weitgehend Sache der Einzelstaaten/Länder (heute: Bundesländer).

Auch im Dritten Reich gab es bis 1937/1939 noch ein recht uneinheitliches Schulsystem, da hier noch die Länderkultusministerien aus der Weimarerzeit existierten. Die Gleichschaltung ging administrativ nicht so schnell von statten.

Daher kann es sein, daß es in einigen Teilen Deutschlands tatsächlich auch das Fach "Rassenkunde" gab - in Preußen wurde das Fach von 1933 an für 3 Schulstunden an höheren Schulen eingeführt.

Die Vermittlung der Rassenideologie wurde nicht primär in den Schulen durchgeführt, sondern dazu war z. B. das BDM, die HJ und, noch spezieller, die "Eliteschulen" der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten (NPEA - auch Napola genannt) zuständig.

Die rassistische Ideologie wurde aber in allen Fächern deutlich (z. B. an der Aufgabenstellung) und entsprechend den rassistischen Texten in den Lehrbüchern.

Reichseinheitlich wurde die Rassenkunde erst ab 1935 eingeführt und wurde Bestandteil versichiedener Fächer.

Richtlinien zur Rassenkunde, Berlin, 15. Januar 1935 „Zweck und Ziel der Vererbungslehre und Rassenkunde im Unterricht muß es sein, über die Wissengrundlagen hinaus vor allem die Forderungen daraus für alle Fach- und Lebensgebiete zu ziehen und nationalsozialistische Gesinnung zu wecken.

[…]

Da die Vererbungslehre die Grundlage für alle Fragen der Rassen- und Familienkunde, der Rassenpflege und Bevölkerungspolitik bildet, ist sie besonders zu pflegen. Diese Aufgabe fällt fast ausschließlich der Biologie zu.

[…]

Bei der Erbgesundheits- und Rassenpflege […] sind […] die Bedeutung der Auslese für die Bekämpfung der rassischen Volksentartung und für die Förderung der Volksaufartung zu berücksichtigen […]

[…]

Die Rassenkunde, […] hat vor allem darauf hinzuweisen, daß der Schüler den Unterschied zwischen Rasse und Volk und weiter die Begriffe Nation, Sprach-, Kultur- und Bekenntnisgemeinschaft klar erfaßt. Bei der Besprechung […] der Rassenkunde des deutschen Volkes muß das nordisch-bestimmte Rassengemisch des heutigen deutschen Volkes gegenüber andersrassigen, fremdvölkischen Gruppen, besonders als dem Judentum gegenüber, herausgestellt werden.

[…]

Die Erdkunde hat […]besonders die nordische Rasse als das verbindende, das Judentum als das Trennende zu werten. 

[…]

Die Geschichte hat die Bedeutung der Rassen für das Werden und Vergehen der Völker und für ihre Leistungen aufzuzeigen […]. Aus dem Rassegedanken ist weiterhin die Ablehnung der sogenannten Demokratie oder andere Gleichheitsbestrebungen (Paneuropa, Menschheitskultur usw.) abzuleiten und der Sinn für den Führergedanken zu stärken.

[…]

Auch die übrigen Unterrichtsfächer werden mancherlei Hilfe zu leisten vermögen.“

Der Nationalsozialismus mit seiner Rassenideologie, der Unterordnung des einzelnen unter die Zwecke des totalitären Staates, dem Führerprinzip, der Tendenz zur Gleichschaltung und dem politisch-militärisch ausgerichteten Erziehungsziel hat vor allem auf Bildungseinrichtungen vehementen Einfluss zu nehmen versucht.

Denn die Schule hatte einen politischen Auftrag zu erfüllen. „Die schulische Erziehung ist vor allem Steigerung der vorhandenen körperlichen, charakterlichen und geistigen Anlagen für den Daseinskampf unseres Volkes“. Sie hatte die Jugend in die nationalsozialistische Weltanschauung einzuführen und zu einer kompromisslosen nationalsozialistischen Lebensführung zu erziehen.

„Die deutsche Schule ist ein Teil der nationalsozialistischen Erziehungsordnung. Sie hat die Aufgabe, im Verein mit den anderen Erziehungsmächten des Volkes, aber mit den ihr eigentümlichen Erziehungsmitteln, den nationalsozialistischen Menschen zu formen.“

DerSchopenhauer  16.11.2019, 06:23

Vor dem Erlaß 1935 - aber auch danach

Hier gab es natürlich einzelne Schulen oder auch einzelne Lehrer, die weit über die Lehrpläne hinaus, "Rassenkunde" als Schulfach sozusagen "eigenmächtig" installiert hatten - das Reichsinnenminsterium (bis zum 01.05.1934), die Kultursministerien sowie dann das neu zuständige "Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung" haben diese, im Grunde unzulässige individuelle Gestaltung des Lehrplans, auch nicht verhindert - es paßte ja in die Ideologie...

Daher findest Du auch unterschiedliche Darstellungen und Schilderungen ob es "Rassenkunde" als eigenständiges Unterrichtsfach gab oder nicht.

1