Pro/Kontra Erdogan und warum?

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Ich frage mich: Wer stoppt den wütenden Zampano vom Bosporus?
Wer über den türkischen Präsidenten lamentiert, neigt dazu, sich zu wiederholen. Es geht nicht anders. Erdogans demokratisches Sündenregister: Entlassungen, »Säuberungen«, Eingriff in die Gerichtsbarkeit, Enteignungen, Ausreiseverbote, Wissenschaftsabbau und Schulschließungen. Alles unter dem Deckmantel, hart durchgreifen zu müssen, um die Demokratie zu wahren.
Da lachen ja die Hühner!

Recep Tayyip Erdogan ist ein Despot, ein Machtbesessener, der keine andere Meinung neben der seinen zulässt.
Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei ruft Präsident Erdogan nach Rache und Vergeltung. Er denkt laut über die Wiedereinführung der Todesstrafe nach.
Die Geschichte der Todesstrafe in der Türkei:
Die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei ist auf das Bestreben Ankaras nach EU-Mitgliedschaft des Landes zurückzuführen. Um den Weg für Beitrittsverhandlungen zu ebenen, stimmte das türkische Parlament am 2. August 2002 – noch vor der Regierungsübernahme der AKP von Recep Tayyip Erdogan wenige Monate später – nach teilweise turbulenter Debatte für die Abschaffung der Todesstrafe – in Friedenszeiten - .
2004 schließlich wurde die Todesstrafe für – alle Zeiten – abgeschafft. 2005 nahm die EU Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf. Das letzte Todesurteil war 1984 vollstreckt worden. Insgesamt wurden seit Gründung der türkischen Republik 1923 mehr als 400 Menschen gehängt.
Lang und heftig war in der Türkei um die Abschaffung der Todesstrafe gestritten worden. Und immer stand dabei eine Person im Mittelpunkt: der zum Tode verurteilte PKK-Chef Abdullah Öcalan. Viele wollten den Kurdenführer hängen sehen. Öcalan, den die Türkei für den blutigen Guerillakrieg mit bis zu 35 000 Toten verantwortlich machte, war nach seiner Ergreifung 1999 zum Tode verurteilt worden.

Meiner Meinung nach geht es zurzeit in der Türkei nicht mehr nur um, Diktator oder Diktatur, es geht um mehr.
Nicht einem Moment lang ist die türkische Opposition der Versuchung erlegen, auf ein Gelingen des Putsches zu setzen und somit den Autokraten Erdogan loszuwerden. Nicht einmal die Vertreter der Kurden haben darauf gesetzt. Die Opposition in der Türkei hat in der dramatischen Nacht zum Samstag eine große demokratische Reife bewiesen, die ihrem Präsidenten und seiner AKP schon lange abgeht. Dass sich das Volk so geschlossen gegen den Putsch gestellt hat, ist für dieses Land, in dessen Innenpolitik das Militär immer eine große Rolle gespielt hat, eine wichtige, vielleicht sogar historische Erfahrung. Nie wieder die Diktatur der Generäle.
Umso schlimmer wäre es, wenn jetzt statt der Diktatur ein Diktator käme. Alles sieht aber danach aus, dass Machthaber Erdogan die Situation nutzen wird. Dass er nun nicht nur die Führer der Putschisten bestraft, sondern sich aller Kräfte entledigt, die seinem Ziel einer Präsidialherrschaft auf Lebenszeit und einer unauslöschlichen Hegemonie der AKP noch gefährlich werden können. Dann würde sich der Sieg der Demokratie gegen die Militärs in sein Gegenteil verkehren.

Hier kommen auch die Europäer ins Spiel. Auch sie haben dem immerhin ursprünglich einmal demokratisch gewählten Erdogan in dieser Krisensituation beigestanden, wenn auch nicht mit Vergnügen. Das war klug. Umso mehr haben sie jetzt das Recht und die Pflicht, von ihm Mäßigung zu verlangen. Und eine Korrektur seine Politik. Rücksichtslosigkeit, Großmannssucht und vielleicht auch persönliche Vorteilsnahmen haben die Türkei in diese Krise getrieben. Europa muss Erdogan deutlich machen, dass es von ihm ein Ende dieser Politik der inneren und äußeren Konfrontation erwartet.


2AlexH2  11.05.2018, 23:15

Ist leider so schlimm geworden, wie dus vorhergesagt hast und schlimmer.

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Ich find ihn gut weil

  • Die Türkei hat die Todesstrafe abgeschafft (sozial). 
  • Die Türkei hat die über 100% Inflation von 2001 auf ca. 10% gesenkt (wirtschaftlich).
  • Die Türkei hat die Staatsschulden von über 100% auf 30% des BIP gesenkt (wirtschaftlich).
  • Die Türkei hat die Infrastruktur im Land verbessert, Flughäfen Strassen etc. (wirtschaftlich).
  • Die Türkei hat das pro Kopf Einkommen (BIP) von 2‘000$ auf 12‘000$ erhöht (wirtschaftlich).
  • Die Türkei hat die 40% Armut (heute <2%) in eine Mittelschicht (>70%) geführt (wirtschaftlich).
  • Die Türkei hat das Gesundheitssystem inkl. Medikamente kostenlos gemacht (sozial).
  • Die Türkei hat den Rentnern mehr Kaufkraft ermöglicht (sozial).
  • Die Türkei hat den Rentnern den öffentlichen Verkehr kostenlos gemacht (sozial).
  • Die Türkei hat sozial Nationalisten und recht Nationalisten vereint (sozial).
  • Die Türkei hat die Religionsfreiheit wieder eingeführt (sozial).
  • Die Türkei hat den Kurden ihre Bürgerrechte gegeben, denn sie gehören zur Türkei (sozial).
  • Die Türkei hat TV- Sender in Kurdisch und Arabisch erlaubt, was davor verboten war (sozial).
  • Die Türkei erlaubt Kurden in Schulen Kurdisch zu sprechen und unterrichten, was davor verboten war (sozial).
  • Die Türkei hat über 4 Mio. Flüchtlinge aufgenommen und finanziert diese (sozial).
  • Die Türkei hat die Minderheiten in ihren Rechten gestärkt (sozial).
  • Die Türkei hat ermöglicht, dass das Kopftuch tragen auch öffentlich freiwillig wird (sozial).
  • Die Türkei hat neue Kirchen und Synagogen gebaut oder alte Bauten restauriert (sozial).
  • Die Türkei möchte den Beitritt der Türkei in die EU vorantreiben (sozial).
  • Die Türkei möchte Investoren im Land gute Konditionen bieten (wirtschaftlich).
  • Die Türkei hat Subventionen für Bauern und Unternehmer eingeführt (sozial).
  • Die Türkei stärkt die Familienpolitik, um die Geburtenrate zu verbessern (sozial).
  • Die Türkei ist für eine Frauenquote in der Geschäftswelt und Politik (sozial).
  • Die Türkei brachte das Volkswahlrecht für Parlament und Präsident (sozial).
  • Die Türkei brachte die direkte Demokratie für politische Volksherrschaft (sozial).
  • Die Türkei löst die politische Immunität von allen Politikern auf (sozial)
  • Die Türkei löst die politische Immunität des Präsidenten, also von sich selbst auf (sozial).
  • Die Türkei hat die Arbeitslosenentschädigung eingeführt (sozial).
  • Die Türkei hat das Militär für jeden Bürger freiwillig gemacht (sozial).
  • Die Türkei hat die Berufslandeswehr eingeführt (wirtschaftlich).
  • Die Türkei fördert Umweltprojekte wie Elektro- Autos und Traktor etc. (sozial).
  • Die Türkei hat die Forst- und Waldflächen von 26% auf 29% der Landesfläche erhöht (sozial).
  • Die Türkei ist für weniger Bürokratie (wirtschaftlich).

2004 war der Präsident Erdogan unter anderem noch zum "Europäer des Jahres" gekrönt worden, wie es Erdogans Auszeichnungen zeigen. und heute hat man darüber möglichst alle Spuren im Web verwischt. Es ist schon sehr speziell, wie man heute mit der Türkei ein Bashing betreibt. Das begann etwa zur Zeit der Gezi-Proteste im 2013. Damals war der erste Versuch getan, die Regierung in der Türkei zu stürzen. Einzelheiten sind im Video zu sehen. Auch wie sehr parteiisch das deutsche Fernsehen darüber berichtete. Wo doch Medien die Unparteilichkeit ausüben müssten.

https://www.youtube.com/watch?v=CGLK2YedvxE

Aber warum änderte das auf einmal? Das ist sehr schwierig zu sagen. Denn davor war alles noch in Ordnung. Erdogan selbst hat sich nicht als Person geändert, würde man meinen. Und doch ist etwas ganz anders. Erdogan schien sich nicht mehr den westlichen Zielen unterzuordnen. Er kritisierte offen die Ungerechtigkeiten in der ganzen Welt. So auch in Gaza und sprach den Menschen aus der Seele. Gerade als die Gezi-Proteste los gingen, war Erdogan in Afrika und lehrte den Machthabern dort, wie man sich von der westlichen Abhängigkeit lösen könnte und wie man aus der Unterdückung gelangen könnte. Siehe im Video, welches das zweitgrösste Spenderland der Welt ist.

https://www.youtube.com/watch?v=gmtzeEWBrSo

Genau diesen Weg der Gerechtigkeit ging dann Erdogan auch in der Türkei. Aber was genau hat sich an der Türkei verändert? Die Türkei war ein Land, welches sich vom Ausland fremdsteuern liess und das war dann so scheinbar für den Westen in Ordnung. Die Türkei war bis 2005 noch abhängig von den westlichen Kräften. Immer mehr löste sich die türkische Regierung von den Forderungen dieser Kräfte. Früher wurden alle türkischen Regierungen weggeputscht, wenn diese nicht dem US Imperium gehorchten. Dabei ging es nicht um das Stoppen von Islamisierung, wie es immer wieder erklärt wurde. Es ging auch nicht um das Erbe Atatürks zu wahren, wie es dauernd auch in der Türkei nach undemokratischen Militärputschs erklärt wurde. Erdogan war der erste Präsident, der dem türkischen Volk zuhörte und die Geschichte der Ungerechtigkeit durch den Tiefen Staat (Staat im Staat oder türkische Mafia) ernst nahm und dagegen endlich etwas unternahm.

https://www.youtube.com/watch?v=zxmcH9xHHtM

Seither aber geht das US Imperium und alle Staaten, die in der Macht dieser Kräfte sind (auch Deutschland), gegen die Türkei vor und möchte den ungehorsamen Präsidenten Erdogan und damit auch der Türkei schaden.

https://www.youtube.com/watch?v=Ib6TwFjSsSY

Erdogan ist noch immer im Visier dieser Mächte und das wird sich erst ändern, wenn auch die übrigen Länder der EU (auch Deutschland) sich von diesem Imperium lösen konnte wie die Türkei es heute vormacht.

https://www.youtube.com/watch?v=y_bmegfMyVI

Und wenn sich jeder einzelne Deutsche unabhängig der Medien verhalten kann und die Art der Berichterstattung hinterfragt und objektiv betrachtet, dann werden wir bereits als deutsches Volk die Türkei verstehen und keine Schwierigkeiten auch von unserer Seite her haben.

https://www.youtube.com/watch?v=1eRBocxb_vY

Ich denke, die deutsche Regierung hat keine Schwierigkeiten mit der Türkei, wie auch die Türkei die Deutschen als Freunde sieht. Es sind die äusseren Einflüsse, welche es der deutschen Regierung etwas schwer machen. Aber wer weiss, vielleicht ist auch Deutschland bald so frei wie die Türkei.

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 - (Politik, Deutschland, Türkei)

Pro: Erdogan ist ein guter Rhetoriker, mit seinen Reden erreicht er das Volk. Früher als Bürgermeister von Istanbul hat er noch mehr Volksnähe gezeigt, z.B. hat er beim Marathon mitgemacht. Auch kann man einige Errungenschaften der Anfangsjahre seiner Regierungszeit loben. Dazu zählen beispielsweise die Friedensgespräche mit der PKK, die Rechte für Kurden oder die Abschaffung der Todesstrafe. Der wirtschaftliche Aufschwung hat der Türkei zumindest in Erdogans ersten beiden Legislaturperioden genutzt. (Längerfristig ist das auf Kreditblasen aufgebaute Wirtschaftswachstum jedoch ein großes Problem.)

Kontra: Erdogan hat einen abartigen Charakter. Er ist ein Großmaul, ein Lügner, ein Dieb und ein skrupelloser Machtmensch. Das sind Persönlichkeitseigenschaften, die man als Muslim ablehnen sollte. Ich glaube zwar schon, dass Erdogan ein gläubiger Mensch ist. Sein Charakter ist aber absolut unislamisch und außerdem instrumentalisiert er den Islam für seine eigenen Machtzwecke. Wer den Koran auf die Bühne nimmt, um Wahlstimmen zu kriegen, der missbraucht Gottes Schrift. Und einem aufrichtigen Muslim würde es niemals in den Sinn kommen, Geld in Milliardenhöhe zu klauen (größter Korruptionsskandal in der Geschichte der Türkei). Demokratie ist für Erdogan nur Mittel zum Zweck. Er hat die Türkei so lange demokratisiert, wie es ihm zum eigenen Vorteil genutzt hat. Jetzt wo er oben an der Macht steht und die Kritik an ihm wächst, schafft er die Demokratie Schritt für Schritt ab. Es gibt keine Gewaltenteilung mehr in der Türkei, sowohl Polizei als auch Medien und Justiz sind unter Kontrolle Erdogans. Das bedeutet, die Gerichte entscheiden nicht mehr unabhängig - mit anderen Worten, Bürger können sich nicht mehr auf ihre Rechte berufen und Erdogan kann sich über alle Gesetze hinwegsetzen. Alles, was sich ihm in den Weg steht, wird weggepfegt, egal ob auf legale oder illegale Weise. Wir haben das bei der konservativen Zeitung Zaman gesehen, die kritisch berichtet hat und kurzerhand von Polizisten gestürmt wurde. Seitdem druckt sie nur noch Erdogan-Propaganda. Oder Ahmet Davutoglu, der in einigen Punkten andere Ansichten hatte als Erdogan und dann plötzlich "zurückgetreten" ist. Das alles bereitet mir Sorgen. Je autokratischer Erdogan regiert, je mehr Macht er bekommt, umso abhängiger wird die Türkei von ihm alleine. Das ist nie gut, wenn ein Land so abhängig von einem einzigen Menschen ist. Überhaupt steuert die Türkei aktuell in eine problematische Richtung. Erdogan legt sich mit alles und jedem an, mit den USA, mit Russland, mit Deutschland, mit Syrien, mit dem Iran, mit Ägypten. Somit steht die Türkei ziemlich isoliert da. Durch die Militäreinsätze gegen die PKK und mangelnde Konsequenz gegen den IS steht das Land wieder unter permanenter Terror-Gefahr. Die Folge ist, dass der Tourismus-Sektor (eine wichtige Einnahmenquelle) einbricht und sich viele ausländische Investoren aus der Türkei zurückziehen. Auch innenpolitisch ist die Türkei so gespalten wie nie, das türkische Volk hält nicht zusammen, sondern feindet sich gegenseitig an, ständig gibt es Konflikte zwischen konservativen und säkularen Türken. Diese Spaltung haben wir ebenfalls Erdogan zu verdanken, weil er ständig Sunniten und Aleviten, Konservative und Atatürk-Anhänger, Türken und Kurden gegeneinander aufhetzt.

Fazit: Für die Türkei wie für den Rest der Welt wäre es gut, wenn Erdogans Ära endlich beendet würde. Dies muss jedoch vom Volk aus kommen und darf nicht durch z.B. einen Militärputsch forciert werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass früher oder später eine bedeutsame Mehrheit gegen Erdogan sein wird, weil eine Wirtschaftskrise praktisch unausweichlich ist. Geht es den Leuten an den Geldbeutel, spielen Religion, Ideologie und Personenkult nur noch eine untergeordnete Rolle (vergleiche aktuelle Lage in Venezuela). Wie schon andere Größenwahnsinnige zuvor wird sich auch Erdogan durch seinen Fanatismus sein eigenes politisches Grab schaufeln.