Physikstudium Nur Rechnen oder Nur Beweisen?

8 Antworten

Im Physikstudium geht es nur maximal in den ersten zwei Semestern ein wenig um Rechnen (meist nur in Übungen zu Experimentalphysik Vorlesungen), danach werden nur noch allgemeine Prinzipien aus grundlegenden Gesetzen hergeleitet. In der Schule brauchte ich einen Taschenrechner - im Physikstudium fast keinen mehr, da es keine konkreten Zahlen gab. Zusammenfassend: ja, du wirst kaum etwas "rechnen" müssen, im Sinne mit Zahlen, wo am Ende eine Zahl rauskommt. Das ist Schulphysik. Im Physikstudium geht es daraum, Zusammenhänge herauszuarbeiten und der Prüfungsstoff sind die Herleitungen. Rechnen wie in der Schule wirst du kaum noch.

Also konkret mit Zahlenwerten gerechnet wird seltenst, eigentlich nur bei Übungsaufgaben in Experimentalphysik oder in den Auswertungen der Versuche, die man bei den Praktika macht.

In Mathematik und theoretischer Physik bleibt das meiste zum Glück herrlich allgemein und wenn man Zahlen sieht, bewegen die sich meistens im Bereich



Beweise sind nicht zu vermeiden, darauf basiert ja die richtige Mathematik. Und wenn ich ehrlich bin, ist Mathematik an der Uni deswegen auch viel erfüllender, als in der Schule. Es wird einem eben nicht alles schon fertig vor die Nase gesetzt und gesagt: "Hier, damit kannst du jetzt etwas ausrechnen", sondern fast alles wird sauber hergeleitet (zumindest in Mathematik und theoretischer Physik, die Experimentalphysik ist dafür eher weniger da) und verallgemeinert.

Die Gleichung auf meine Profilbild ist das beste Beispiel für die Schönheit und Eleganz der mathematischen Generalisierung. An der Uni lernt man nämlich irgendwann, den Fundamentalsatz der Analysis für (n-1)-Formen auf n-dimensionalen Manngifaltigkeiten zu verallgemeinern:



Die aus der Schule und den ersten Semestern bekannten Fälle wie der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, der Satz von Gauß, der Satz von Stokes für 3 Dimensionen usw. sind genau genommen nämlich nur Spezialfälle dieses generalisierten Fundamentalsatzes, der bekannt ist als "Verallgemeinerter Satz von Stokes" bzw. auf Englisch "Generalised Stokes' Theorem".

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
SkinnyF 
Fragesteller
 30.03.2023, 16:29

Beliebter Satz der Profs: "Sie müssen von der Schule nichts mehr wissen, Sie kriegen alles hier!"

Würdest du zustimmen?

Soll man sich vor dem Physikstudium vorbereiten und wenn ja, wie?

Mit Vorbereiten meine ich nicht mental (das ist natürlich Grundvoraussetzung) sondern Inhaltlich zum Beispiel Kurvendiskussion perfekt können...

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OmicronCeti42  30.03.2023, 17:00
@SkinnyF

Also es hilft schon, von manchen Sachen schon mal etwas gehört zu haben, aber eigentlich macht man an der Uni alles noch mal, also haben die Profs prinzipiell nicht unrecht.

Ich selber war z.B. nie im Mathe-LK und komme trotzdem besser mit dem Stoff an der Uni zurecht als viele, die im Mathe-LK waren und dort sogar gute oder sehr gute Noten hatten. Schulnoten sagen generell nicht viel darüber aus, wie gut man dann an der Uni mit den Inhalten klar kommt, also vorausgesetzt, man hat keine grundsätzliche Lerneinschränkung.

Den Mathe-Vorkurs vor dem Start des ersten Semesters kann ich sehr empfehlen. Erstens lernt man dort nette Leute kennen und zweitens (am wichtigsten), kann man dort Lücken aus der Schule auffüllen im Bereich Mathe und schon mal einen Vorgeschmack auf den Uni-Stoff in Mathe bekommen.

Kurvendiskussion allein perfekt zu können, hilft aufs Ganze gesehen recht wenig. Wir z.B. haben in Mathe I insgesamt vielleicht 2-3 Aufgaben zu dem Thema gehabt und wir haben mehrere Monate lang jede Woche Übungsblätter à 5-7 Aufgaben bekommen. Glaube es waren insgesamt 12 Übungsblätter im ersten Semester.

Themen, die ich zur Vorbereitung bzw. Wiederholung empfehlen würde, wären elementare Sachen, wie:

Binomische Formeln, Gleichungen umformen und auflösen, pq-/abc-Formel, Wurzel-, Potenz- und Logarithmus-Gesetze, Partialbruchzerlegung, Ableitungsregeln, Integrationsregeln, partielle Integration, Integration durch Substitution, Umgang mit Summen und Indizes, Folgen und Reihen, Taylor-Entwicklung, Vektoren und Matrizen, Zahlenkörper und Mengen, komplexe Zahlen, Trigonometrie, Euler-Formel/-Identität…

Macht man im Zweifelsfall aber auch im Vorkurs nochmal alles.

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3^0 = 1, da a^0 = 1 für a ungleich 0.

In denke, sofern es Mathevorlesungen von der Mathefakultät sind, wird es wohl methodisch Mathe sein, also mit vielen Beweisen.

Sofern es Vorlesungen von dem Fach Physik sind, wird es wahrscheinlich eher um die mathematische Modellierung gefundener empirischer Ergebnisse gehen.

Soweit meine Vermutung aus meinem Informatik-Studium. Da wurden zwei Mathe-Vorlesungen von Mathe-Profs gegeben, das war dann mit Beweisen, Mathe eben. Sofern in Info-Modulen gerechnet wurde, dann um die Aussagen in der Informatik zu belegen, herzuleiten oder in einen quantativen Kontext zu stellen. Sofern in Info-mathematisch Modulen bewiesen wurden, waren diese Beweise eher ohne größeren Anspruch, weil es in reiner Info nicht primär ums mathematisch-methodische Beweisen geht. Ich vermute Ähnliches für Physik.

Bei einem Studium der Physik geht es vor allem um das VERSTÄNDNIS für physikalische Vorgänge und um deren mathematische Beschreibung.

Physiker rechnen, Mathematiker beweisen.

OmicronCeti42  29.03.2023, 12:03

Naja, ein bisschen differenzieren zwischen Experimentalphysikern und theoretischen Physikern sollte man da schon... :D
Aber ja, tendenziell hast Du recht.

Die Übungsgruppenleiterin (Mathe-Master-Studentin) meiner Mathe-Übungsgruppe des letzten Semesters meinte einmal aus Spaß mit gerümpfter Nase zu uns Physikern: "Ihr seid ja so angewandt...!"
Die Theoretiker unter uns haben daraufhin natürlich erstmal protestiert!

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