Philosophie! kant regeln

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Immanuel Kant nennt die aufgezählten Regeln allgemeine Regeln und Bedingungen der Vermeidung des Irrtums, Maximen des gemeinen Menschenverstandes (Maxime: subjektiver Grundsatz des Handelns; gemein: allgemein, gemeinsam) und zur Weisheit führende Maximen.

Bei den Regeln kann gesagt werden, was dies ist und was dies nicht ist (Gegenbegriffe).

1) Selbstdenken

vorurteilsfreie Denkungsart

aufgeklärte Denkungsart

zwangsfreie Denkungsart

Selbstdenken bedeutet selbst zu denken. Dies heißt zum einen, selbst etwas zu tun (eigene Tätigkeit), zum anderen, Überlegungen anzustellen/sich Gedanken zu machen (Tätigkeit des Denkens).

Grundsatz der Aufklärung ist nach Kant, seine eigenen Erkenntnisvermögen (Erkenntnisfähigkeiten) zu gebrauchen, sich seines Verstandes/seiner Vernunft (ohne Leitung anderer Menschen) zu bedienen. Alle Personen verfügen grundsätzlich über den Verstand/die Vernunft.

Selbstdenken heißt, nicht andere für sich denken zu lassen und ihnen ohne Überprüfung zu folgen. Personen suchen in sich selbst, nämlich in den eigenen Erkenntnisvermögen, den Prüfstein der Wahrheit. Sie lassen sich nicht einfach von Autoritäten leiten, nicht am Gängelband führen.

Jemand ist aktiv, nicht passiv.

Selbstdenken bedeutet Autonomie (Selbstbestimmung/Selbstgesetzgebung), nicht Heteronomie (Fremdbestimmung/Fremdgesetzgebung). Selbstdenken heißt Mündigkeit statt Unmündigkeit.

Selbstdenken kann Befreiung von Vorurteilen, Aberglauben und wahnsinniger/verworrener Schwärmerei bewirken.

2) An der Stelle jedes andern denken

erweiterte Denkungsart

liberale, sich den Begriffen Anderer bequemende Denkungsart

In der allgemeinen Menschenvernunft hat nach Kant ein jeder seine eigene Stimme. Verstand/Vernunft ist etwas Allgemeines, aber jede Person hat ihren eigenen Denkhorizont. Kant befürwortet, sich bei der Urteilsbildung darum zu bemühen, sich in andere hineinzuversetzen (erfordert Einfühlungsvermögen [Empathie]). Dies ist in gewisser Weise ein Anpassen/Anbequemen an den Standpunkt andere. Das Hineinsetzen ist nur vom eigenen Standpunkt/Horizont aus möglich, versucht aber diesen zu erweitern. Es geht darum, sich von subjektiven Privatbedingungen des Urteils zu befreien und einen allgemeinen Standpunkt zu bestimmen, vom dem aus das eigenen Urteil reflektiert wird.

Kant wendet sich gegen einen logischen (erkenntnistheoretischen) Egoismus, der meint, die ganze Welt in seinem Selbst zu umfassen und einer Überprüfung seiner Urteile an dem Verstand/der Vernunft andere Menschen überhaupt nicht zu bedürfen. Kant hält dies dagegen für nötig, weil dies zur Berichtigung von Irrtümern/Fehlern verhelfen kann,.

Die Maxine betrifft Intersubjektivität und Kommunikation.

3) Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken.

konsequente (oder bündige) Denkungsart

Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken heißt, konsequent (folgerichtig) zu denken. Das Denken soll immer in sich stimmig sein. Widerspruchsfreiheit wird angestrebt. Schlüssigkeit/Kohärenz (Zusammenhalt/strenger gedanklicher Zusammenhang) ist wichtig. Die Regel enthält die Anforderung einer Übereinstimmung der Gedanken miteinander, eines folgerichtigen Zusammenpassens.

Albrecht  25.08.2013, 06:58

Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784). AA VII 35:
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

Immanuel Kant, Was heißt: Sich im Denken orientiren? (1786) AA VIII 146 Fußnote:
„Selbstdenken heißt den obersten Probirstein der Wahrheit in sich selbst (d. i. in seiner eigenen Vernunft) suchen; und die Maxime, jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung. Dazu gehört nun eben so viel nicht, als sich diejenigen einbilden, welche die Aufklärung in Kenntnisse setzen: da sie vielmehr ein negativer Grundsatz im Gebrauche seines Erkenntnißvermögens ist, und öfter der, so an Kenntnissen überaus reich ist, im Gebrauche derselben am wenigsten aufgeklärt ist. Sich seiner eigenen Vernunft bedienen, will nichts weiter sagen, als bei allem dem, was man annehmen soll, sich selbst fragen: ob man es wohl thunlich finde, den Grund, warum man etwas annimmt, oder auch die Regel, die aus dem, was man annimmt, folgt, zum allgemeinen Grundsatze seines Vernunftgebrauchs zu machen. Diese Probe kann ein jeder mit sich selbst anstellen; und er wird Aberglauben und Schwärmerei bei dieser Prüfung alsbald verschwinden sehen, wenn er gleich bei weitem die Kenntnisse nicht hat, beide aus objectiven Gründen zu widerlegen. Denn er bedient sich blos der Maxime der Selbsterhaltung der Vernunft.“

Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft (2. Auflage 1787). II. Transscendentale Methodenlehre. Erstes Hauptstück. Die Disciplin der reinen Vernunft. Zweiter Abschnitt. Die Disziplin der reinen Vernunft in Ansehung ihres polemischen Gebrauchs. AA III 492/B 780:
„Zu dieser Freiheit gehört denn auch die, seine Gedanken, seine Zweifel, die man sich nicht selbst auflösen kann, öffentlich zur Beurtheilung auszustellen, ohne darüber für einen unruhigen und gefährlichen Bürger verschrieen zu werden. Dies liegt schon in dem ursprünglichen Rechte der menschlichen Vernunft, welche keinen anderen Richter erkennt, als selbst wiederum die allgemeine Menschenvernunft, worin ein jeder seine Stimme hat; und da von dieser alle Besserung, deren unser Zustand fähig ist, herkommen muß, so ist ein solches Recht heilig und darf nicht geschmälert werden.“

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Albrecht  25.08.2013, 07:09

Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (1790). Erster Theil. Kritik der ästhetischen Urtheilskraft. Erster Abschnitt. Analytik der ästhetischen Urtheilskraft. Zweites Buch. Analytik des Erhabenen. Deduction der reinen ästhetischen Urtheile. § 40. Vom Geschmacke als einer Art von sensus communis. AA V 294 - 295:
„Folgende Maximen des gemeinen Menschenverstandes gehören zwar nicht hieher, als Theile der Geschmackskritik, können aber doch zur Erläuterung ihrer Grundsätze dienen. Es sind folgende: 1. Selbstdenken; 2. An der Stelle jedes andern denken; 3. Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken. Die erste ist die Maxime der vorurtheilfreien, die zweite der erweiterten, die dritte der consequenten Denkungsart. Die erste ist die Maxime einer niemals passiven Vernunft. Der Hang zur letztern, mithin zur Heteronomie der Vernunft, heißt das Vorurtheil; und das größte unter allen ist, sich die Naturregeln, welche der Verstand ihr durch ihr eigenes wesentliches Gesetz zum Grunde legt, als nicht unterworfen vorzustellen: d.i. der Aberglaube. Befreiung vom Aberglauben heißt Aufklärung; weil, obschon diese Benennung auch der Befreiung von Vorurtheilen überhaupt zukommt, jener doch vorzugsweise (in sensu eminenti) ein Vorurtheil genannt zu werden verdient, indem die Blindheit, worin der Aberglaube versetzt, ja sie wohl gar als Obliegenheit fordert, das Bedürfnis, von andern geleitet zu werden, mithin den Zustand einer passiven Vernunft vorzüglich kenntlich macht. Was die zweite Maxime der Denkungsart betrifft, so sind wir sonst wohl gewohnt, denjenigen eingeschränkt (borniert, das Gegenteil von erweitert) zu nennen, dessen Talente zu keinem großen Gebrauche (vornehmlich dem intensiven) zulangen. Allein hier ist nicht die Rede vom Vermögen des Erkenntnisses, sondern von der Denkungsart, einen zweckmäßigen Gebrauch davon zu machen: welche, so klein auch der Umfang und der Grad sei, wohin die Naturgabe des Menschen reicht, dennoch einen Mann von erweiterter Denkungsart anzeigt, wenn er sich über die subjektiven Privatbedingungen des Urteils, wo zwischen so viele andere wie eingeklammert sind, wegsetzen, und aus einem allgemeinen Standpunkte (den er dadurch nur bestimmen kann, daß er sich in den Standpunkt anderer versetzt) über sein eigenes Urteil reflektiert. Die dritte Maxime, nämlich die der konsequenten Denkungsart, ist am schwersten zu erreichen, und kann auch nur durch die Verbindung beider ersten, und nach einer zur Fertigkeit gewordenen öfteren Befolgung derselben, erreicht werden. Man kann sagen: die erste dieser Maximen ist die Maxime des Verstandes; die zweite der Urteilskraft, die dritte der Vernunft. “

Immanuel Kant, Logik (1800). Einleitung. VII. B. Logische Vollkommenheit des Erkenntnisses der Relation nach - Wahrheit. - Materiale und formale oder logische Wahrheit. - Kriterien der logischen Wahrheit. - Falschheit und Irrthum. - Schein, als Quelle des Irrthums. - Mittel zu Vermeidung der Irrthümer. AA IX 57:
„Allgemeine Regeln und Bedingungen der Vermeidung des Irrthums überhaupt sind: 1) selbst zu denken, 2) sich in der Stelle eines Andern zu denken, und 3) jederzeit mit sich selbst einstimmig zu denken. Die Maxime des Selbstdenkens kann man die aufgeklärte; die Maxime sich in Anderer Gesichtspunkte im Denken zu versetzen, die erweiterte; und die Maxime, jederzeit mit sich selbst einstimmig zu denken, die consequente oder bündige Denkart nennen.“

Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798). Erster Theil. Anthropologische Didaktik. Erstes Buch. Vom Erkenntnißvermögen. Vom Egoism. AA VII 128:
„Der logische Egoist hält es für unnöthig, sein Urtheil auch am Verstande Anderer zu prüfen; gleich als ob er dieses Probirsteins (criterium veritatis externum) gar nicht bedürfte. Es ist aber gewiß, daß wir dieses Mittel, uns der Wahrheit unseres Urtheils zu versichern, nicht entbehren können, daß es vielleicht der wichtigste Grund ist, warum das gelehrte Volk so dringend nach der Freiheit der Feder schreit; weil, wenn diese verweigert wird, uns zugleich ein großes Mittel entzogen wird, die Richtigkeit unserer eigenen Urtheile zu prüfen, und wir dem Irrthum preis gegeben werden.“

AA VII 130:
„Dem Egoism kann nur der Pluralism entgegengesetzt werden, d. i. die Denkungsart: sich nicht als die ganze Welt in seinem Selbst befassend, sondern als einen bloßen Weltbürger zu betrachten und zu verhalten.“

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Albrecht  25.08.2013, 07:10

Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798). Erster Theil. Anthropologische Didaktik. Erstes Buch. Vom Erkenntnißvermögen. Zerstreute Anmerkungen. AA VII 219:
„Das einzige allgemeine Merkmal der Verrücktheit ist der Verlust des Gemeinsinnes (sensus communis) und der dagegen eintretende logische Eigensinn (sensus privatus), z. B. ein Mensch sieht am hellen Tage auf seinem Tisch ein brennendes Licht, was doch ein anderer Dabeistehende nicht sieht, oder hört eine Stimme, die kein Anderer hört. Denn es ist ein subjectiv-nothwendiger Probirstein der Richtigkeit unserer Urtheile überhaupt und also auch der Gesundheit unseres Verstandes: daß wir diesen auch an den Verstand Anderer halten, nicht aber uns mit öffentlich urtheilen.“

Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798). Erster Theil. Anthropologische Didaktik. Erstes Buch. Vom Erkenntnißvermögen. Anthropologische Vergleichung der drei oberen Erkenntnißvermögen mit einander. AA VII 200:
„Weisheit, als die Idee vom gesetzmäßig-vollkommenen praktischen Gebrauch der Vernunft, ist wohl zu viel von Menschen gefordert; aber auch selbst dem mindesten Grade nach kann sie ein anderer ihm nicht eingießen, sondern er muß sie aus sich selbst herausbringen. Die Vorschrift, dazu zu gelangen, enthält drei dahin führende Maximen: 1) Selbstdenken, 2) sich (in der Mittheilung mit Menschen) an die Stelle des Anderen zu denken, 3) jederzeit mit sich selbst einstimmig zu denken.“

Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798). Erster Theil. Anthropologische Didaktik. Erstes Buch. Vom Erkenntnißvermögen. Von dem specifischen Unterschiede des vergleichenden und des vernünftelnden Witzes. C. Von der Originalität des Erkenntnißvermögens oder dem Genie. AA VII 228 – 229:
„Für die Klasse der Denker können folgende Maximen (die als zur Weisheit führend bereits oben erwähnt worden) zu unwandelbaren Geboten gemacht werden:

1) Selbst denken.

2) Sich (in der Mittheilung mit Menschen) in die Stelle jedes Anderen zu denken.

3) Jederzeit mit sich selbst einstimmig zu denken.

Das erste Princip ist negativ (nullius addictus iurare in verba Magistri), das der zwangsfreien; das zweite positiv, der liberalen, sich den Begriffen Anderer bequemenden; das dritte der consequenten (folgerechten) Denkungsart; von deren jeder, noch mehr aber von ihrem Gegentheil die Anthropologie Beispiele aufstellen kann.

Die wichtigste Revolution in dem Innern des Menschen ist: „der Ausgang desselben aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit." Statt dessen, daß bis dahin andere für ihn dachten und er blos nachahmte oder am Gängelbande sich leiten ließ, wagt er es jetzt, mit eigenen Füßen auf dem Boden der Erfahrung, wenn gleich noch wackelnd, fortzuschreiten.“

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das sind gar nicht die 4 kanthischen fragen die lauten nämlich 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? 4. Was ist der Mensch? darunter kann man sich schon mehr vorstellen 1.das ist bei jedem unterschiedlich 2.das auch 3.nicht zu viel aber auch unterschiedlich 4.mehr will ich nicht verraten ;-)

frosch96 
Fragesteller
 24.08.2013, 14:09

nein es gibt diese drei regeln für das philosophieren und die sind von kant. ich soll ein mindmap zu den drei regeln machen, aber mir fällt nichts mehr dazu ein. :(

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Deine heutige Frage über den Text von Kurt Tucholsky (Oktober 1930) ist gerade gelöscht worden. Ich konnte noch eben meine Antwort mittels Copy/Paste retten und stelle sie hiermit in den Vorgang von vorgestern ein.

"Von wem und von wann ist denn der Text?

Es klingt so, als ob dieser Text noch während der Zeit des Nationalsozialismus geschrieben worden ist, und zwar von einem Antifaschisten.

Die im ersten Absatz beschriebenen Phänomene sind ja typisch für faschistische Gesellschaften.

Der Autor sieht voraus, dass sich dieser Zeitgeist ändern wird.

Allerdings sieht er auch den vorausgesagten Liberalismus mit einer gewissen kritischen oder ironischen Distanz. Das erkennt man an den übertriebenen Formulierungen. Er selbst findet den Individualismus oder Liberalismus auch nicht so genial, wenigstens nicht in der Übertreibung.

Der letzte Satz könnte wohl fortgesetzt werden:

Und das wird dann so gehen, bis eines Tages der Zeitgeist wieder in die umgekehrte Richtung umschwenkt."

Zu deiner Mind Map:

Du solltest die Begriffe "Faschismus" und "Liberalismus" und/oder "Individualismus" in die Mitte stellen, jeweils umrahmen und dazwischen ein Ungleichheitszeichen setzen.

Du findest bestimmt noch mehr Gegensatzpaare.