Hegel und Kant verstehen, wie?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Kant ist sehr einfach zu verstehen. Hegel und Hume finde ich eher langweilig. Wenn du eine wirkliche Herausforderung suchst, beginne mit Kierkegaard: Philosophische Brocken, Furcht und Zittern, die Krankheit zum Tode, oder wenn du es besonders bequem und einfach haben möchtest, lies Schoppenhauer! Aber lies niemals Nietsche!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Weil Erkenntnis und Verständnis wunderbare Gaben sind.
Mrahcus 
Fragesteller
 17.02.2018, 00:40

Möchte Hegel eigentlich nur lesen um Karl Marx zu verstehen.

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NOPQRXYZ  17.02.2018, 11:47
@Mrahcus

Dass ich mit meinem Hinweis auf Marx bei Hegel offene Türen aufgestoßen habe, konnte ich ja nicht ahnen :) Aber wenn es Dir um Marx geht, brauchst Du Hume und Kant nicht zum Verständnis. Das ist dann eher Beiwerk für die Entwicklung in Europa zur Zeit der Aufklärung.

Aber Du weißt von Patrickson ja, was mit ihm passiert ist 'beim ersten Mal'. 'Sekundärliteratur' zum Unterfüttern ist bestimmt nicht verkehrt. Seine Einschätzung 'langweilig' kann ich in gewisser Weise nachvollziehen, aber als Freund des Wortes wirst Du staunen, wie sich Intellektuelle vor 300 Jahren auszudrücken verstanden. Goethe wirst Du danach als populistischen Stümper betrachten, der nur billige Unterhaltungsliteratur geschrieben hat (obwohl er, wenn er heute leben würde, sicher auch eher Politiker denn Autor geworden wäre. Das sich nicht ausschließt, aber wir kommen vom Thema ab).

Viel Spaß mit Hegel.

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Patrickson  17.02.2018, 00:50

Ja, das ist eine gute Idee in diesem Zusammenhang. Allerdings versteht man Karl Marx auch so sehr gut. "Das Kapital" von Marx ist sehr verständlich und enorm klar durchdacht geschrieben. Als ich "das Kapital" zum ersten Mal gelesen habe, war ich danach nahe daran ein Kommunist zu werden. Seine Ausführungen sind dermassen zwingend logisch und folgerichtig dargelegt. Meiner Meinung nach muss man Kant nicht gelesen haben um Marx zu verstehen. Aber wenn dich der ganze Aufbau und die Hintergrundgedanken interessieren ist Kant nicht schlecht. Bedenke jedoch, dass es Zeit braucht, nicht nur zum lesen, sondern vorallem um das Gelesene sinnvoll einordnen zu können.

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Wenn du dich für Philosophie interessierst, aber nicht so richtig weißt, wie du dich dieser Komplexität von Ideen nähern sollst, so kann ich dir das Buch von Jostein Gaarder „Sofies Welt“ empfehlen. https://www.amazon.de/Sofies-Welt-Jostein-Gaarder/dp/3423620005 Es ist durchaus auch ein Buch für Erwachsene. In einer fast spielerischen Herangehensweise wird man in die Geschichte der Philosophie und in individuelles philosohisches Denken eingeführt, und das ist auch noch spannend aufbereitet. Man lernt zu verstehen, dass die Philosophie die Kunst des Fragens ist, und man wird auf eine genial leichte Weise durch die historische Entwicklung der philosophischen Fragen und Antworten geführt. Dieses Buch verschreckt seine Leser nicht, sondern macht Lust, danach die Philosophen im Original zu lesen.

Speziell zum Verständnis von Hegel, der an Kants Kritik der Vernunft anschließt, um sich dann kritisch von dessen Denken abzuwenden (Stichwort: Kopernikanische Wende) gibt es viel Literatur. Wenn du schnell mal im Netz einen guten Aufsatz lesen willst, dann siehe mal: Georg Römpp: Hegel leicht gemacht: Eine Einführung in seine Philosophie. Köln,Weimar,Wien 2008 http://static.onleihe.de/content/utb/20081119/978-3-8252-3114-9/v978-3-8252-3114-9.pdf

Oder auch: Arthur Kok: Kant, Hegel und die Frage der Metaphysik. Über die Möglichkeit der Philosophie nach der Kopernikanischen Wende. (Hegel Forum, Studien), München 2013 . Einen Blick ins Buch kannst du hier nehmen: https://www.amazon.de/Metaphysik-M%C3%B6glichkeit-Philosophie-kopernikanischen-HegelForum/dp/3770555473

Wenn Du entsprechend belesen bist und Dich mit dem Begriff 'Philosophie' schon auseinandergesetzt hast, ist die 'Reihenfolge', in der Du Dich mit ihrem Werk beschäftigst, nicht entscheidend. Ich finde Hegel nicht 'schwieriger' als Kant, sie bauen nicht aufeinander auf und haben auch nicht den gleichen Ansatz. Hegel ist die Basis des Idealismus, Kants Betrachtung gilt halt bis heute als Diskussionsplattform der humanistischen Philosophie (Fachleute mögen mich für diese 'Zusammenstauung' schelten, aber Du willst ja eine knackige Antwort).

Hume kommt aus einem anderen 'Lager'. Er war halt kein Deutscher, sondern Schotte, und die Aufklärung, also die Zeit, in der alle drei Ihre Betrachtungen gemacht und zu Papier gebracht haben, hat in Schottland andere Hintergründe, Europa war im 18. Jahrhundert nicht so humanistisch zusammengewachsen wie wir es uns heute vorstellen.

Sich mit der Geschichte der Zeit zu befassen, gehört aber auch dazu, wenn Du es verstehen willst.

Kant empfinde ich in seinen Thesen deutlich 'radikaler', sein 'Kritik der reinen Vernunft' bezieht sich konkret auf den Sensualismus von Hume, daher mag man Dir diese Reihenfolge empfohlen haben, aber ich finde es da eher gut, Hegel vorher zu kennen ... 'Verstehen' wirst Du es auf Anhieb sowieso nicht. Ich auch nicht, ich glaube, niemand würde es wagen, das für sich in Anspruch zu nehmen, aber es geht vielleicht eher darum, seinen Horizont zu erweitern. Die Gedanken, die diese Typen vor über 300 Jahren auf der Pfanne hatten, sind der Hammer, dass man sich fragt, wie kommen die auf sowas?

Also, es wird eh' nicht genügen, einmal zu lesen, und Du weißt, was Du gelesen hast. Problematisch empfände ich es, unvorbereitet die weiterführenden Interpretationen hinzunehmen, wie ich sie Dir jetzt schon durch meine Andeutungen unterjuble. Dir sollte klar sein, wie weit sich Hegel gesellschaftlich verbreitet hat. Marxismus ist von den 'linken' Interpretationen Hegels geprägt ...

Um nach der Lektüre ruhig schlafen zu können, solltest Du seine Seele vorher gut unterfüttern. Denn in Deinem Kopf passiert viel, während Du anfängst zu verstehen. Dein Verstand sollte Anknüpfungspunkte haben, damit Dein Weltbild nicht abrupt auf den Kopf gestellt wird. Und mit jeder Zeile kommt mehr bei Dir zum Vorschein. Bestimmt liest Du dann nochmal und verstehst etwas völlig anderes ...

Ob das nun wirklich hilfreich war, kann ich auch nicht beurteilen - soll und will ich auch nicht - aber dass Du Dich an dieses Forum gewandt hast, zeigt zumindest, dass Du keine Restriktionen diesbezüglich hast :)

Hallo Mrahcus,

du scheinst dich für Philosophie zu interessieren und hast vielleicht auch den Willen, dich durch schwierige Texte durchzubeißen. Sehr gut!! Fang einfach an! Dass man, wenn man sich zum ersten mal mit einem bestimmten Autor beschäftigt manches oder sogar vieles nicht versteht, ist normal.

Hegel hat ein eigenständiges und pointiertes philosophisches System begonnen. Ja klar, Hegel ist von Kant beeinflusst - ebenso vom Christentum und der antiken Philosophie. Du musst aber nur die Vorrede zu Hegels Phänomenologie des Geistes und die Einleitung zu Kants Vernunftskritik lesen, um zu merken, dass beide Ansätze völlig verschieden funktionieren. Andererseits wollte Hegel keinesfalls nur einen neu aufgebrühten Neuplatonismus oder eine lutherische Dogmatik liefern. Wenn man vorher andere Philosophen gelesen hat, dann hilft das nur deshalb Hegel zu verstehen, weil man dann im Lesen von philosophischen Texten mehr Übung hat.

Kant.