Nietzsche einfach erklärt? (Der tolle Mensch)?
Hallo,
wir haben für Weihnachtsferien aufbekommen, den Text "Der tolle Mensch" zu lesen und uns Gedanken darüber zu machen. Im Vortext steht geschrieben, dass Nietzsche ein Gegner von Religion war und sie als fesselnd empfand. Nun steht im Text geschrieben dass "Gott tot ist- und wir ihn getötet haben". Soweit ich weiß, meint Nietzsche mit dem Tod Gottes dass die Menschen nicht mehr religiös sind. Das was ich nicht verstehe ist, warum er dann die Leute auf dem Marktplatz warnen will, wenn die Abkehrung von Religion doch etwas ist, was er als gut empfinden würde? Wir haben zu Nietzsche bisher nur etwas im Zusammenhang mit Bonhoeffers "Religionsloses Christentum" gehört, und dass auch nur am Rande.
2 Antworten
Nietzsche war kein direkter Gegner des echten Crhistentums. Hier mal ein Zitat:
Nietzsches Kampf gegen das Christentum ist nicht nur eine akademische AngelegenheitDieser Kampf spiegelt auch seine eigene Daseinsproblematik. Die Lebensfrage, die den jungen Nietzsche schon früh grundlegend bewegte, ausgelöst nicht zuletzt durch den frühen Tod seines Bruders und seines Vaters und seiner eigenen gesundheitlichen Störungen, war die Frage: Wie ist angesichts des Schreckens des Lebens, seiner Grausamkeit und seiner über das einzelne Lebensschicksal hinwegziehenden Gleichgültigkeit eine Bejahung des Lebens überhaupt möglich? Nietzsche leidet an einer allgemeinen Lebensentwertung, für die er dann auch seine Erziehung im christlichen Glauben verantwortlich macht. Seinen Angriff auf das Christentum rechtfertigt er mit folgenden Worten(Nachlass):"Wenn ich dem Christentum den Krieg mache, so steht mir dies einzig deshalb zu, weil ich nie von dieser Seite aus Trübes oder Trauriges erlebt habe - umgekehrt die schätzenswertesten Menschen, die ich kenne, sind Christen ohne Falsch gewesen. Ich trage es den einzelnen am letzten nach, was das Verhängnis von Jahrtausenden ist. Meine Vorfahren selbst waren protestantische Geistliche: hätte ich nicht einen hohen und reinlichen Sinn von ihnen her mitbekommen, so wüsste ich nicht, woher mein Recht zum Kriege mit dem Christentum stammte. Meine Formel dafür: der Antichrist ist selbst die notwendige Logik in der Entwicklung eines echten Christen, in mir überwindet sich das Christentum selbst." Nietzsche hat also das ernsthafte und echte Christentum, das er zu allen Zeiten für möglich hielt, stets respektiert. Seine Feindschaft gegen das Christentum ist in Wirklichkeit untrennbar von seiner tatsächlichen Bindung an das Christentum als Anspruch. Er ist sich bewusst, erst der moralische Antrieb des Christentums hat die Grenzenlosigkeit des Wahrheitswillens hervorgerufen. Er will das Christentum keineswegs als Christentum preisgeben, nicht rückgängig machen und nicht aus ihm zurückfallen, er will es überwinden und überbieten mit Kräften, die das Christentum entwickelt hat. Darum fand auch nicht jeder Kampf gegen die Kirche seinen Beifall. Denn Nietzsche ist, wie Jaspers einmal sagte, „Gegner des Christentums aus christlichen Gründen.“
Er ist ein Gegner von dem Denken von ''Christen'', der Kirche, usw.
Nietzsche ist kein Atheist.
"...Man kann sprechen, mit wem man will: Wer den Namen Friedrich Nietzsche kennt, kennt mit grösster Wahrscheinlichkeit auch den Satz «Gott ist tot». Ein Satz, der Kult geworden ist, und gar ein Eigenleben entwickelt hat.
Dabei: Nietzsche selbst hat diesen Satz nicht geäussert. Aber die Aussage lässt sich etwa in seinem Werk «Die fröhliche Wissenschaft» von 1882 nachlesen. Darin hat Nietzsche eine Parabel niedergeschrieben, in der er die Figur des «tollen Menschen» auftreten lässt.
Dieser ruft: «Wohin ist Gott?» Und dann: «Ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!» Schliesslich verkündet dieser gar: «Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besass, es ist unter unseren Messern verblutet.»....
Mit seiner Parabel beschreibt Nietzsche, was er als Grundkrise der damaligen Gesellschaft sieht: Die Werte der Gesellschaft haben ihren Inhalt verloren, für die Lebenswelt der Menschen haben sie also keine Gültigkeit mehr. Gott als oberster Garant der Werte ist damit obsolet geworden....."