Neurobiologie Weiterleitung eines Aktionspotentials?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

b) wie Abb. 30.3 zeigt, gibt es spannungsabhängige Natriumkanäle, im Vergleich zu marklosen (nicht myelinisierten) Fasern, nur an den Ranvier'schen Schnürringen. Das sind die regelmäßig auftretenden Lücken zwischen den Hüllzellen der Nervenfaser.

Das bedeutet, dass ein Aktionspotential, mit seiner sprunghaft hohen Depolarisation der Membran (siehe die peaks der Kurve in Abb. 30.2) durch Natriumeinstrom nur an den Schnürringen entstehen kann.

Entgegengesetzte Ladungen ziehen sich an (Na+ ist positiv, organische Anionen -). Durch den Einstrom positiver Ladungsträger (Na+) an einem Schnürring, wird durch eine Verschiebung von Ionen in Längsrichtung des Axons (Abb. 30.3 B), auch das Membranpotential in der Nachbarschaft des Schnürrings beeinflusst (positiver gemacht = depolarisiert). Auch das sieht man im Graphen von 30.2.

Die passive Ausbreitung der Membrandepolarisation um den Ort des durch die Natriumkanäle gebildeten Aktionspotentials (direkt am Schnürring), ohne weitere Natriumkanäle zu öffnen, nur aufgrund von Ionenwanderungen, heißen "Ausgleichsströmchen" oder "Kreisströmchen".

Die Ausgleichsströmchen bewirken, dass das Membranpotential auch am benachbarten Schnürring noch knapp über den Schwellenwert depolarisiert wird (vgl. Abb. 30.2):

Bild zum Beitrag

Dies genügt, am benachbarten Schnürring, durch Auslösung der spannungsabhängigen Natriumkanäle ein neues Aktionspotential auszulösen, u.s.w. Die Erregung "springt" von Schnürring zu Schnürring (siehe Überschrift "auf dem Sprung" das spielt darauf an). Daher heißt sie auch springende oder saltatorische Erregungsleitung an markhaltigen Nervenfasern.

Der Vorteil ist eine höhere Fortleitungsgeschwindigkeit, als an marklosen Nervenfasern. Weil die Ausgleichsströmchen viel schneller sind, als direkt nebeneinanderliegende sich öffnende Natriumkanäle, über die gesamte Fortleitungsstrecke hinweg (ohne Markscheide).

c) um Membranpotentialänderungen, wie bei Aktionspotentialen, zu messen, nutzt man eine sog. intrazelluläre Ableitung:

Bild zum Beitrag

Bild: https://studyflix.de/biologie/membranpotential-2808

Dabei wird das Membranpotential mit 2 Elektroden gemessen. Eine wird in das Innere der Nervenzelle (-faser) geführt (links, daher "intrazellulär"), die zweite bleibt im Außenmedium (rechts).

Man müsste dieses aus dem Internet stammende Bild einer Versuchsanordnung vermutlich etwas erweitern, wenn man die Nervenfaser über einen entsprechenden Abschnitt verfolgen will und weitere Messstellen hinzufügen. Also im Prinzip nach dem Vorbild dieser Grundanordnung weitere Messelektroden (wie links) in der Nervenfaser setzen, an denen das vorbeilaufende Aktionspotential erfasst wird. Das ändert aber nichts am Grundaufbau der intrazellulären Ableitung, nach der obigen Abb.

d) Es ist so, dass diese Ausgleichsströmchen die die Umgebung der Nervenzellmembran in Längsrichtung des Axons passiv depolarisieren (ohne Auslösung weiterer Natriumkanäle), über eine gewisse Distanz abebben. Also dann nicht mehr messbar sein würden.

Das sieht man in Abb. 30.2. Ohne die Aktivierung weiterer Natriumkanäle sinkt die Membrandepolarisierung über Ausgleichsströmchen stetig ab, bis sie am nächsten Schnürring nur noch knapp über dem Schwellenwert liegt, um dessen Natriumkanäle auszulösen. Würde man den Schnürring nun weiter nach rechts platzieren (in der Abb. oben), könnte es passieren, dass die Aussgleichsströmchen nicht mehr ausreichen, die Natriumkanäle des benachbarten Schnürrings auszulösen und die Erregungsfortleitung würde unterbrochen.

Die Distanz, über die die Aussgleichsströmchen Natriumkanäle in der Nachbarschaft der Membran noch auslösen können, liegt bei ca. 2 mm. Weiter entfernte Schnürringe würden sie nicht mehr über den Schwellenwert depolarisieren können. Die Kurve (Abb. 30.2) würde unter den Schwellenwert fallen und am Nachbarring kein Aktionspotential mehr gebildet werden. Um eine funktionsfähige springende Erregungsfortleitung zu gewährleisten, ist der Maximalabstand der Schnürringe auf ca. 2 mm begrenzt. LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologielehrer SI/II a. D.
 - (Biologie, Bio, Schulaufgabe)  - (Biologie, Bio, Schulaufgabe)
Lis56 
Fragesteller
 30.09.2023, 22:33

Vielen vielen Dank für diese ausführliche Erklärung!!!

1