Napoleon,Vor- und Nachteile,Besatzung oder Befreiung?

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Die Frage ist offenbar auf Deutschland bezogen, das es damals als einen Staat nicht gab.

Die Franzosenzeit in deutschen Gebieten begann 1806 (bis auf schon 1794 von den Franzosen eingenommene linksrheinische Gebiete), mit der Gründung des Rheinbundes und der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, und endete je nach Gegend unterschiedlich zwischen 1813 und 1814. Frankreich (bzw. Napoleon Bonaparte, seit 1814 als Kaiser Napoleon I.) hat nicht überall direkt geherrscht. Es gab auch indirekte Herrschaft und Gebiete, die französisches Einflussgebiet waren.

Einschätzung als Befreiung oder Besatzung

Weder Befreiung noch Besatzung sind insgesamt zutreffende Bezeichnungen.

Wie bei Vor- und Nachteilen ist genauer zu untersuchen, für wen und wann etwas vorteilhaft oder nachteilig war und unter welchen Gesichtspunkten.

Von Befreiung war das Geschehen als Ganzes gesehen weit entfernt. In gewissem Ausmaß ist auch Befreiung gebracht worden, vor allem von absolutistischer Monarchie, einem privilegiertem Adel und einschränkenden sowie unterordnenden rechtlichen Bestimmungen. Juden kamen in erheblichem Ausmaß von diskriminierenden Bestimmungen los und erzielten Verbesserungen hinsichtlich rechtlicher Gleichstellung (Judenemanzipation/Jüdische Emanzipation). Doch gab es insgesamt zu viel Kontrolle, Einschränkung des politischen Spielraums, Unterdrückung und Ausnutzung für eigenen Interessen und Zwecke, um die französische Vorherrschaft insgesamt als Befreiung zu beurteilen.

Eine Besatzung wurde bei weitem nicht überall und die ganze Zeit über durchgeführt. Zu unterscheiden sind:

1) annektierte Gebiete: Frankreich hat deutsche Gebiete annektiert (seinem Staat einverleibt), zuerst das linksrheinische Gebiet (1797; 1801 wurde die Annexion im Frieden von Lunéville anerkannt). In den annektierten Gebieten galt die französische Verfassung. Recht und Verwaltung wurden nach französischem Muster organisiert, z. B. in den 1811 im Zusammenhang mit der Kontinentalsperre errichteten 3 Hanseatischen Departements (départements hanséatiques).

Französische Verwaltungseinheiten, nämlich Départements, waren:

  • das Departement der Elbe-Mündung (Département des Bouches de l’Elbe) mit Hauptsitz Hamburg (In Hamburg hatte schon 1806 eine Besatzung begonnen)
  • das Departement der Wesermündung (Département des Bouches du Weser) mit Hauptsitz Bremen
  • das Departement der Ober-Ems (Département de l’Ems-Supérieur) mit Hauptsitz Osnabrück
  • das Departement der Lippe (Département de la Lippe) mit Hauptsitz Münster

Ostfriesland und das Jeverland kamen zuerst zum Königreich Holland und nach dessen Einverleibung in Frankreich 1810 wurden Teile Ostfrieslands und des Jeverlandes Bestandteile des Departements der Ost-Ems (Département de l’Ems-Oriental) mit Hauptsitz Aurich

In dem 1813 beginnenden Krieg hat es französische Besatzung an vielen Orten gegeben.

2) Rheinbund: Die zum 1806 gegründeten Rheinbund gehörenden deutschen Staaten hatten ein Militärbündnis mit Frankreich. Frankreich hat in einem gewissen Umfang in die territorialen Verhältnisse eingegriffen und dabei zu einer Abnahme der Kleinstaaterei beigetragen. In den Neubildungen Königreich Westphalen und Großherzogtum Kleve und Berg regierten Verwandte Napoleons (sein Bruder Jérôme Bonaparte 1806 – 1813 im neugeschaffenen Königreich Westphalen; sein Schwager Joachim Murat 1804 – 1808 das Großherzogtum Berg, regierte es Napoleon von Paris aus in Personalunion).

Recht und Verwaltung übernahmen das französische Modell oder lehnten sich daran (z. B. das Zivilrecht [Code civil]) an. Dies bewirkte eine Straffung der Verwaltung (zentralistische Bürokratie), mehr Leistungsfähigkeit und einen Abbau an ständestaatlicher Ordnung.

3) Preußen und Österreich

Preußen erhielt von 1807 – 1812 eine französische Militärbesatzung, wurde zu einem Abbau seiner Heeresstärke verpflichtet und war zu Kontributionen (zwangsweise erhobene Geldbeträge) genötigt. Am Rußlandfeldzug 1812 mußte sich Preußen mit einem Hilfskorps beteiligen.

Österreich (seit 1804 ein Kaisertum) wurde 1809 nach verlorenem Krieg im Frieden von Schönbrunn zu Kriegskontributionen, Beteiligung an der Kontinentalsperre und einer Reduzierung seines Heeres verpflichtet und ging etwas später ein Militärbündnis mit Frankreich ein.

Albrecht  31.01.2013, 04:03

Vor- und Nachteile der napoleonischen Vorherrschaft

Napoleon strebte nach Hegemonie (Vorherrschaft) Frankreichs in Europa und seine Neuordnung Europas diente diesem Ziel.

Napoleon schwebte eine gewisse Einheitlichkeit vor, am liebsten sogar eine europäische Währung und gleiche Maße und Gewichte. Er hatte einen Gedanken einer Konföderation Europas, mit sich selbst in leitender Stellung.

Staaten sollten modernisiert werden, wobei er Wohlstand und Glück als Folgen dieser Maßnahmen beanspruchte. Napoleon beabsichtigte, in Grundzügen Ordnung nach seinen Vorstellungen durchzusetzen.

In Deutschland hat Napoleon Kleinstaaterei und Rückständigkeit verringern wollen. Viele bisherige Staaten waren wenig leistungsfähig. Vor allem aber ging es ihm um Verbündete, die Soldaten und Geld aufboten und ihm damit unterstützten.

Es gab in Deutschland auch Sympathien für Napoleon und sein Herrschaftssystem hatte auch fortschrittliche Seiten, aber die französische Vorherrschaft und ihre Ausrichtung auf französische Interessen riefen zunehmend Ablehnung hervor. Deutsche wurden für die Armee rekrutiert. Abgaben konnten als Ausbeutung und drückende Last erscheinen. Die Kontinentalsperre (eine Handelsblockade gegen Großbritannien brachte an vielen Orten überwiegend Nachteile (britische Waren waren gar nicht mehr oder schwieriger und teurer erhältlich, Handelsausfuhren in den Absatzmarkt Großbritannien verhindert oder erschwert). Das Verhalten der französischen Besatzungen wurde teilweise als selbstherrlich empfunden. Die Herrschaft Napoleons wurde zunehmend als Fremdherrschaft verstanden.

Der Widerstand gegen Napeleon (1813 – 1815 „Freiheitskriege“) war mit der Entfaltung eines Nationalgefühls bei Teilen der Bevölkerung verbunden.

Vorteile

Zu den Vorteilen gehörte die Modernisierung durch Reformen, auch wenn Modernisierung keinen Vorgang darstellt, der immer ohne Schattenseiten ist. In den Rheinbundstaaten gingen die Reformen stark in direkter Weise auf französische Einflußnahme zurück. Die Niederlage Preußens gegen Frankreich war Anstoß für Reformen in Preußen (preußische Reformen oder Stein-Hardenbergsche Reformen genannt), die manche Ähnlichkeiten damit hatten, insofern gab es hier eine indirekte Auswirkung.

  • Verringerung von Kleinstaaterei und Rückständigkeit: Die Anzahl sehr kleiner deutscher Staaten nahm diesem Zeitraum ab. Eine Anzahl mittelgroßer Staaten gewann Gebiet hinzu, so Bayern, Baden, Württemberg und Hessen-Darmstadt. Eine Reihe von Herrscherhäusern nahm einen höheren Titel an, so z. B. den eines Königs in Bayern, Sachsen und Württemberg, den eines Großherzogs in Baden, und Hessen-Darmstadt.

  • Modernsierung der Verwaltung: Die Verwaltung wurde durch Zentralisierung, Straffung und wirksamere Organisation leistungsfähiger.

  • Modernisierung des Rechtssystems, neue Verfassungen und Rechtsordnungen: In den Rheinbundstaaten wurde der Code Civil [Zivilrecht] - auch Code Napoleon genannt - oder ein daran orientiertes Recht eingeführt. Dies führte zu mehr Gleichheit vor dem Recht. Zum Teil wurde in Deutschland eine Bauernbefreiung durchgeführt, das Zunftwesen abgeschafft und Gewerbefreiheit eingeführt.

  • Anregungen für das Wirtschaftsleben: in der langfristigen Entwicklung gab es Anregungen für das Wirtschaftsleben durch eine Modernisierung mit Zentralisierung und Vereinheitlichung (größere einheitliche Wirtschaftsräume mit wirksamer Verwaltung, einheitlichen Münzen, Maßen und Gewichten, teilweise Wegfall von Binnenzöllen), Verfassungen und neuen Rechtsordnungen.

Nachteile

  • Unterdrückung

  • Ausnutzung/Ausbeutung: Steuern und Abgaben wurden zum Teil für von französischen Interessen bestimmte Zwecke eingesetzt, vor allem zur Kriegsführung, und für militärische Unternehmungen mußten Soldaten gestellt werden.

  • wirtschaftliche Nachteile aufgrund der Kontinentalsperre: Napoleon hat am 21. November 1806 in Berlin eine Wirtschaftsblockade gegen Großbritannien (Kontinentalsperre) verfügt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren nach Region und Wirtschaftsbranche unterschiedlich. Zum Teil waren nachteilige Folgen deutlich und sie überwogen ingesamt, anderseits haben auch welche profitiert.

Handel und Schiffahrt in Norddeutschland (z. B. in einer Hafenstadt wie Hamburg) litten unter Rückgang des Handels mit Großbritannien. Britische Waren aus Kolonien (z. B. Tabak, Kaffee, Reis und Zucker) wurden knapp und teurer (ansteigender Schmuggel glich die Angebotslücke nicht voll aus). Vor allem für Teile der Landwirtschaft entfiel Großbritannien als Absatzgebiet.

Für manche Wirtschaftsbranchen (z. B. Textilindustrie im Rheinland und Sachsen) war der Wegfall britischer Konkurrenz günstig für die Entwicklung. Später, nach Ende der Kontinentalsperre, waren diese Bereiche einem Anpassungsdruck ausgesetzt. Chemie- und Eisenindustrie wurden gefördert. Der Osten Deutschlands hatte eher Nachteile als der Westen

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Albrecht  31.01.2013, 04:05
  • Kunstraub: Napoleon und Gefolgsleute von ihm haben einiges an Kulturgütern wie Kunstwerke, Bücher und Handschriften fortgenommen. Beispielsweise ließ Napoleons Beauftragter Dominique-Vivant Denon in Berlin die Quadriga vom Brandenburger Tor abbauen, in Braunschweig Majoliken aus Limoges beschlagnahmen, in Wolfenbüttel wertvolle Handschriften durch Henri Beyle (später als der Schriftsteller später als Stendhal berühmt) konfiszieren.

  • Opfer an Menschenleben: Durch Kriege, die Napoleon I. geführt hat, sind vermutlich 3 – 4 Millionen Menschen umgekommen. Noch größer ist die Zahl der Opfer, wenn die die Kriege hinzugenommen werden, bevor Napoleon Kaiser wurde. Zwar ist er nicht allein dafür verantwortlich und in einer Anzahl von Fällen der Angegriffene, aber an führender Stelle erheblich an den damaligen Kriegen beteiligt. Beim 1812 von Napoleon begonnenen Angriff auf das Russische Reich mit der Grande Armée hatten deutsche Staaten Truppen zu stellen und es kam zu starken Verlusten (genaue Gesamtzahlen sind wohl kaum zu ermitteln, aber zumindest mehrere Zehntausende deutscher Soldaten starben auf diesem Feldzug).

Bücher enthalten Informationen, z. B.:

Elisabeth Fehrenbach, Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. 5. Auflage. München ; Wien: Oldenbourg, 2008 (Oldenbourg-Grundriss der Geschichte ; Band 12), S. 71 – 125 und S. 270 - 301

Thomas Nipperdey, 1800 - 1866 : Bürgerwelt und starker Staat. 46. - 51. Tausend. München : Beck, 1994 (Deutsche Geschichte : Band 1), S. 11 - 101

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lovejune18 
Fragesteller
 01.02.2013, 20:51
@Albrecht

Danke,danke,danke!!Das ist extrem ausführlich,das hatte ich garnicht erwartet aber es freut mich sehr!!Perfekt! LG:-)

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vorteile: er wollte ein geeinigtes europa -> einheitliche währung, maße etc... sozusagen ein großer staat mit der hauptstadt paris. er hat außerdem ungewollt die gründung deutschlands verursacht, indem er den rheinbund gegründet hat und so das aus über 400 kleinstaaten bestehende "heilige römische reich deutscher nationen" (später deutschland) zu deutlich weniger machte (weniger als 30). er führte das land aus der französischen revolution.

nachteile: 6,5 millionen menschen menschen starben in den napoleonischen kriegen. es war auch sozusagen eine diktatur (er krönte sich übrigens selbst zum kaiser).

befreiung war es meiner ansicht nach auf keinen fall (meine meinung!!!!). immerhin wollte er seine eigenen ziele verfolgen!

sorry, ich schreib immer alles klein :)