Muss alles was beginnt zu existieren eine Ursache haben?

9 Antworten

Hallo N3wtank,

wir mögen sehr häufig Kausalitäten beobachten, das viele Prozesse mikroskopisch wie makroskopisch aufeinander aufbauen.

Es sind aber auch Prozesse bekannt oder zumindest streng vermutet, zu denen kein vorausgehender Prozess bekannt oder auch nur vorstellbar ist. So ein Prozess ist z.B. der Urknall oder hypothetisch, da nur theoretisch bisher darstellbar, ein weißes Loch.

Ob sich uns da eine Ursache - d.h. vorausgehende Prozesse - (noch) nicht erschließt oder es keine Ursache gibt, mag im Moment unklar und beides somit möglich erscheinen.

Würden wir annehmen, dass es immer eine Ursache geben mag, so existiert ein Prozess, der einem bekannten betrachteten Prozess vorausgegangen ist. Schauen wir wieder auf den Urknall, so geht die Kosmologie heute davon aus, dass der Urknall für unser Universum der Beginn der Raumzeit war. Ein Prozess bräuchte immer Zeit - und so wäre der Urknall nicht der Beginn der Raumzeit, wenn ein vorhergehender Prozess darstellbar würde. Aber wer weiß, welche Erkenntnisse die Kosmologie wie auch eine mögliche Kombination von allgemeiner Relativitäts- und Quantentheorie in dem Beispiel noch liefert.

Ein anderes Beispiel, wo wir etwas auch nicht mehr mit raumzeitlichen Mitteln darstellen können, ist die Frage nach unserer Identität. Sie führt uns zwar plausibel aus der Raumzeit hinaus - doch bekommt das, was wir raumzeitlos modellieren können keine Eigenschaft der Identität aus dem, was wir kennen. Vielleicht gibt es da noch mehr, was wir ebenso (noch) nicht denken können.

Nehmen wir es im Moment so, wie es ist - auch wenn wir für so manches (noch) keine Ursache finden können.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
N3wtank 
Fragesteller
 25.12.2022, 16:38

Aus der Sicht der Theisten gibt es aber eine Ursache, auch wenn es aus dem nichts kommt

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EarthCitizen20  25.12.2022, 16:40
@N3wtank

Ich bin der Auffassung, dass sich schnell mal eine Ursache postuliert und irgendwo "hinschieben" lässt. Dabei wird das "irgendwo" letztlich nur geglaubt und ggf. für Wahrheit erachtet, ohne dies weiter zu hinterfragen.

Betrachten wir aber genau mal dieses Beispiel. Das würde eine Art raumzeitlichen Meta-Alien erfordern, denn dieser Alien würde ja Prozesse führen. Es stellt sich z.B. die Frage, welche Ursache der Alien selbst hat - und warum, wenn das raumzeitlich zugeht, wir dazu noch kein Modell haben.

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Dahika  25.12.2022, 17:52
@N3wtank

aus der Sicht der Theisten hat Gott auch aus Lehm den Menschen geschaffen...

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EarthCitizen20  25.12.2022, 17:54
@Dahika

Ja, in der Vorstellung der Menschen aus der Bronzezeit.

Auch wir haben noch unsere Vorstellung - und wie wird die in vielleicht zehntausend Jahren aussehen? Das wissen wir heute noch nicht, sonst hätten wir diese zukünfte Vorstellung schon heute.

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Dahika  25.12.2022, 18:05
@EarthCitizen20

Ja, in der Vorstellung der Menschen aus der Bronzezeit.

auch in der Vorstellung vieler sehr naiver Christen.

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EarthCitizen20  25.12.2022, 18:06
@Dahika

Ich möchte da niemanden als naiv darstellen - sondern eher wahrnehmen, dass heute Menschen noch an diesen alten Glaubensinhalten hängen.

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N3wtank 
Fragesteller
 25.12.2022, 18:23
@EarthCitizen20

Das nennt man "God of gaps." Aber Gott wurde schon auch früher als Ursache für den Anfang gesehen und es wurde dafür argumentiert (cosmological argument)

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EarthCitizen20  25.12.2022, 19:05
@N3wtank

Man hat ja sehr viel schon posutliert oder einfach etwas angenommen - und später hat es sich als anders oder verfeinert dargestellt.

Denken wir an das klassische Atommodell, das zufällig bei einem Beispiel mit dem der Quantenmechanik übereinstimmt - letzteres dann die umfassenere und genauere Theorie ergibt.

Zunächst wurde auch die Erde als Zentrum von was auch immer posutliert - und dann hat sich was ganz anderes herausgestellt.

Wir schulden der Wissenschaftlichkeit, ein Postulat als ein solches zu benennen - und nicht als eine Wahrheit darzustellen.

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N3wtank 
Fragesteller
 25.12.2022, 19:13
@EarthCitizen20

Es kommt drauf an, es gibt Leute, die nicht mal die Kausalität akzeptieren für die hat sich nie etwas geändert, denn egal wie viele Wissenschaft erklärt die Ursache wird sie nennen können, aber selbst wenn man nicht so denken würde, waren die Gottesbeweise meistens logische Beweise, auf die man durch das nachdenken kommt.

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EarthCitizen20  25.12.2022, 20:32
@N3wtank

Die Gottesbeweise mögen logisch sein oder auf einem Glauben als Voraussetzung basieren. Sie scheinen lediglich die Existenz von Göttlichkeit logisch zu begründen - aber kommen an Gott nicht heran.

Einen glaubensunabhängigen Ansatz bietet die universale Liebe an, wobei Gott als Liebe postuliert ist. Dem kommt das Christentum z.B. am nächsten, wobei Gott immer noch als eine reale Persönlichkeit geglaubt wird.

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EarthCitizen20  25.12.2022, 21:01
@EarthCitizen20

Das Postulat, dass Gott Liebe sei, belässt Gott als abstrakten Begriff.
Die geglaubte reale Persönlichkeit würde nur lieben.

Der abstrakte Gottesbegriff erscheint mir plausibler - wo mit dem realen liebenden Gottesbild die Raumzeitlichkeit Gottes verbunden wäre, in der Folge dieses Gottelbild auch raumzeitlich und somit physikalisch "gefunden" werden müsste.

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vermutlich, aber diese Ursache muss nicht ein Gott sein.

Die Neigung, immer, wenn man sich etwas nicht erklären kann, sofort einen Gott einzuführen, ist naiv. Das hat man früher bei der Pest gemacht, bei Überschwemmungen, Dürren, Erdbeben, der Pest und so weiter. Und dann konnte man sich irgendwann erklären, was die Pest verursacht hatte, wie Erdbeben entstehen - und schwupps, schon wurde Gott wieder zurückgetrieben.

Ob das Gesetz Ursache/Wirkung wirklich immer präsent sein muss, weiß man nicht.

Grüß Dich N3wtank

Das ist so, aber oft kennen wir die Ursache nicht. Wenn wir an das Universum denken, dann kommt Aristoles ins Spiel.

Er meint:

Ich zitiere das Internetlexikon Wikipedia:

Nach der aristotelischen Bewegungslehre, in der die Bewe­gung eines Körpers immer nur durch die Bewegung eines anderen Körpers ver­ursacht sein soll, so ergäbe sich ein unendlicher Rückgriff, wenn man nicht die Bewegung sozu­sagen "am Anfang von allem" aus einer unbe­wegten Quelle hervorgehen lässt; diese Quelle ist der allein aus lo­gischen Gründen postulierte unbewegte Beweger. Mit der christlichen "ontologischen" Vorstellung eines real existierenden Geistwe­sens na­mens Gott, der zugleich der Schöpfer aller Dinge ist, hat das nichts zu tun.“

(ontologisch meint Annahmen über Grundstrukturen der Wirklichkeit)

Also, eine rückwärts gedachte Ursachen-Anstosskette wäre so gesehen nämlich unendlich und erlaubt somit nicht die Vorstellung eines Anfanges, aus dem etwas werden könnte, wenn man annähme, das dieser Anfang nicht aus sich selbst heraus entstanden wäre. Die rückwärtsgedachte Ursachen-Wirkungskette wäre nämlich unendlich. Diesen Anfang gäbe es so nicht, weil nämlich der Urgrund (als Ursache für den Urknall) dann ebenfalls nicht denkbar wäre und damit auch kein Sein. Ein Davor kann es nicht geben, denn der Urgrund ist ja schon die letzte Ursache.

Demnach wäre zu sagen:

Ohne Ursache kein Sein und ohne Sein keine Ursache

Das alles eine Ursache hat, das sagt unsere angeborene Vorsicht, denn sie war nützlich, den Ursachen eigener Gefährdung (in der vor Millionen Jahren frühen Entwicklung des Menschen) aus dem Weg zu gehen bzw. vorausschauend zu vermeiden wenn man sie kannte. Und deshalb muss es auch ein Ursache allen Seins geben, auch schon aus logischen Gründen nach Aristoteles.

Was die Ursache war, das kann niemand sagen, ES ist das größte Geheimnis und kann als das Göttliche (kein Gott oder Götter) bezeichnet werden.

Herzlichen Gruß

Rüdiger

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
N3wtank 
Fragesteller
 25.12.2022, 19:07

Danke erst mal für die ausführliche Antwort. Aber ist die Ursache für allen seins nicht per Definition nicht Gott und verstehe mich nicht falsch, damit mein ich nicht den Gott einer Religion, sondern nur Gott.

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vonGizycki  25.12.2022, 19:28
@N3wtank

Naja, da sollte man in der Begerifflichkeit deutlich bleiben. Man kann das Wort Gott schon benutzen, aber es ist leider monotheistisch besetzt. Das ES (das Göttliche) was ein Geheimnis ist, kann man als ES nicht mit den Eigenschaften besetzen, die Gott im monotheistischen Glauben besitzt. Das Göttliche, die schöpferische Kraft, als der Grund warum etwas ist und nicht nichts, wird um uns, in uns und durch uns wirksam. Wir selbst verändern uns auch ständig bis zu unserem Tode und wir sind selbst schöpferisch (sogar selbstschöpferisch in einem Wort) tätig. Wenn es Götter gäbe, dann wäre wir Menschen das in erster Linie. Aber: wir haben uns ja letzlich nicht selbst zu verdanken. Diese Kraft kann nur erlebt werden und muss jeder selbst deuten. Un dies sollte in der untrennbaren Einheit von Wissenschaft, Philosophie und eigenem Erleben stattfinden. Das wäre vernünftig.

Wenn also schon Gott, dann sollte vom Göttlichen gesprochen werden, um allein nach dieser Erklärung Missverständnisse zu vermeiden.

Der Unterschied zwischen dem Göttlichen und Gott ist gravierend! Gott ist getrennt vom Menschen, das Göttliche nicht.

Damit ist aber noch lange nicht alles erzählt, aber das würde den Rahmen hier sprengen

Alles Einem

Eines in Allem!

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vonGizycki  25.12.2022, 19:33
@vonGizycki

Nachtrag: @N3wtank

Es heißt richtig

Alles aus Einem

Eines in Allem

Mit Gott wird in der Regel immer ein Gott gemeint und das wäre aus genannten Gründen abzulehnen.

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Philosophie ist der Missbrauch einer eigens zu diesem Zweck erfundenen Nomenklatur. Paul Dirac

Darum ist Donald Trump kein Philosoph: Donald hört zu was er sagt und weiß dann was er denkt. Der Philosoph denkt und fragt sich dann, was er damit meint.

Kausalität wird überbewertet. Schon die Quantenmechanik hat sie links überholt. Für den Zerfall eines Uranatoms gibt es keine messbare Ursache, nur eine Wahrscheinlichkeit.

N3wtank 
Fragesteller
 25.12.2022, 18:33
Für den Zerfall eines Uranatoms gibt es keine messbare Ursache, nur eine Wahrscheinlichkeit.

Was hat aber der Zerfall eines Uranatoms mit dem Beginn einer Existenz zutun? Entschuldige meine Unwissenheit

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hologence  25.12.2022, 19:42
@N3wtank

Existenz der Zerfallsprodukt-Atome entlang der Zerfallsreihe und der Strahlungsteilchen?

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N3wtank 
Fragesteller
 25.12.2022, 19:46
@hologence

Du sagst Zerfallsprodukt die Antwort steckt doch drinnen

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Ursache? - Ja, natürlich.

Grund? - Nein.