Mathematischer beweis das Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist?

3 Antworten

Hallo Henriklol123,

wenn die Rede davon ist, dass die Lichtgeschwindigkeit (präziser: das Lichttempo*)) konstant ist, meint man eigentlich, dass sie invariant unter einem Wechsel des Bezugssystems ist. Das hängt zwar zusammen, ist aber nicht dasselbe.

Bezugssystem und Relativitätsprinzip

Zur Erklärung, was ein Bezugssystem ist, stelle ich mir gern zwei Uhren U und U' vor, die sich mit konstanter Geschwindigkeit *) relativ zueinander bewegen.

Von jeder der beiden Uhren aus können wir ein Koordinatensystem definieren; wir nennen sie Σ und Σ'. Sie verstehen sich als raumzeitlich, d.h., auch die von U bzw. von U' aus ermittelte Zeit eines Ereignisses gehört zu den Koordinaten. Räumlich sollen Σ und Σ' so ausgerichtet sein, dass die x-Richtung die Bewegungsrichtung von U' relativ zu U und die negative x'-Richtung die Bewegungsrichtung von U relativ zu U' ist.

Das Bezugssystem ist dasjenige der beiden Koordinatensysteme, in dem wir gerade rechnen, d.h. physikalische Größen ausdrücken.

GALILEIs (!) Relativitätsprinzip (RP) sagt aus, dass Σ und Σ' physikalisch gleichwertig sind, d.h., auch wenn die Werte, die physikalische Größen annehmen, davon abhängen, ob wir sie in Σ oder in Σ' ausdrücken, die fundamentalen Beziehungen zwischen ihnen (nichts anderes sind Naturgesetze) sind dieselben, sie sind eben invariant unter Wechsel des Bezugssystems.

Mathematischer Beweis physikalischer Sachverhalte
Kann mir jemand erklären (mathematischer Beweis wird benötigt) das c eine Konstante ist.

Eigentlich – da haben meine Vorredner nicht Unrecht – ist die Frage nach der Konstanz des Lichttempos keine rein mathematische, sondern eine physikalische.

Allerdings haben Naturgesetze mathematische Form, und aus einer akzeptierten Aussage lässt sich ggf. eine andere herleiten.

Zu den Naturgesetzen gehören auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik, welche die Beziehungen zwischen elektrischen und magnetischen Feldern beschreiben und die Konstante c bereits enthalten, ggf. in Gestalt der magnetischen Feldkonstamten μ₀ ≈ 4π∙10⁻⁷ V∙s/(A∙m) und der elektrischen Feldkonstanten ε₀ = 1/(c²μ₀).

Aus zweien dieser Gleichungen lässt sich unmittelbar – auch und grade für den komplett materiefreien Raum – eine elektromagnetische Wellengleichung herleiten, welche die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen (genau das ist Licht nämlich) mit c beschrieben wird.

Leider scheint mir die hierbei auftretende Mathematik über den Stoff der 8. Klasse hinausgehen; ich habe dies erst im Studium gelernt.

In MAXWELLs Gleichungen ist keinerlei Voraussetzung, keine Materialkonstante etc. enthalten, sondern nur Naturkonstanten. Daher sind es wirklich fundamentale Naturgesetze. Deshalb muss dies auch für die elektromagnetische Wellengleichung, und c muss eine fundamentale Naturkonstante sein.

GALILEI meets MAXWELL

Als Naturgesetze sollten MAXWELLs Gleichungen dem RP unterliegen, und deshalb muss die elektromagnetische Wellengleichung in Σ und Σ' gleichermaßen gelten, d.h. das Ausbreitungstempo elektromagnetischer Wellen ist in beiden Koordinatensystemen gleich c.

Darauf beruht die Spezielle Relativitätstheorie (SRT).

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*) Was wir im ft als Geschwindigkeit bezeichnen, ist eigentlich nur der Betrag einer Geschwindigkeit (engl. speed, was sich im Dt. gut mit 'Tempo' wiedergeben lässt). Geschwindigkeit im engeren Sinne (engl. velocity) ist eine Vektorgröße, eine Größe mit Richtung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

nicht mathematisch, sondern physikalisch.

Die sogenannte Lichtgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der Realität sich ausbreitet. Nichts was Ruhemasse* hat kann diese Geschwindigkeit erreichen, und nur weil Photonen keine Ruhemasse haben, haben sie diese Geschwindigkeit, daher der Name.

Der Name kommt auch daher, dass man früher glaubte, das Licht brauche ein Medium, in dem sich elektromagnetische Wellen ausbreiten (so wie Schallwellen in Luft), den sog. Äther. Die Frage, woran dieser Äther räumlich festgemacht sei, führte zum Michelson-Morley Experiment, bei dem eigentlich erwartet wurde, dass mit der Geschwindigkeit der Erde durch den Äther unterschiedliche Geschwindigkeiten des Lichts in unterschiedliche Richtungen gemessen würden. Überraschung: kein Unterschied, also kein Äther (es sei denn er würde zufällig ausgerechnet an der Erde festgemacht sein). Daraus geht nicht nur hervor, dass es keinen Äther gibt, sondern dass diese Geschwindigkeit eine in allen Inertialsystemen gleiche Naturkonstante und damit nicht überholbar ist, denn wenn man versucht den Strahl einer Taschenlampe mit dem Auto zu überholen, ist er relativ zum Auto genauso schnell wie relativ zur Taschenlampe.

Erst hier setzt die spezielle Relativitätstheorie an, die mit recht einfacher Mathematik (Lorentz-Transformationen) darlegt, was das für Auswirkungen auf Zeiten und Längen (und auch die kinetische Energie) in bewegten Systemen hat.

Henriklol123 
Fragesteller
 29.11.2022, 19:29

Beim Michelson und Morley Experiment ließ sich keine Verschiedenheit von Lichtgeschwindigkeiten in zwei zueinander senkrechten Richtungen feststellen. richtig? Aber strenggenommen wurde durch das Experiment aber nicht unmittelbar bewiesen, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Richtungen konstant ist, sondern nur, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit beim Hin und Hergang für alle Richtungen denselben Wert besitzt. Weil beim Experiment wurde doch der Hin und Hergang verglichen, oder täusche ich mich.

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hologence  29.11.2022, 19:49
@Henriklol123

anders als hin und zurück kann man Lichtgeschwindigkeit auch nicht messen. Trotzdem wären bei dem Experiment zwei verschiedene Geschwindigkeiten herausgekommen, wenn die Bewegungsrichtung der Erde im Raum einen Unterschied gemacht hätte. Wenn aber die Erde keine Sonderrolle im Universum hat, ist die Geschwindigkeit von jeder Bewegung unabhängig.

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Henriklol123 
Fragesteller
 29.11.2022, 19:52
@hologence

Ah okay danke für die Hilfe. Also kann man Lichtgeschwindigkeit als const nur durch Experimente beweisen und nicht durch Mathematik.

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Mathematische Beweise gibt es nur für rein mathematische Aussagen. Naturwissenschaftliche Aussagen, wie die, daß die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante sei, sind keine rein mathematischen Aussagen. Man kann sie weder mathematisch beweisen, noch kann man sie überhaupt irgendwie beweisen. Man kann nur Beobachtungen machen, die diese Aussagen entweder untermauern oder gegen sie sprechen.

Was dafür spricht, daß die Lichtgeschwindigkeit eine Konstante ist, das steht z.B. hier:

https://www.physik.gym-wst.de/de/qphase/ea/schwingungenwellen/15.messinvarianzvonc

https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtgeschwindigkeit#Zur_Konstanz_der_Lichtgeschwindigkeit

SlowPhil  30.11.2022, 17:25
Naturwissenschaftliche Aussagen ... sind keine rein mathematischen Aussagen. Man kann sie weder mathematisch beweisen,....

Die Aussage als solche nicht. Allerdings kann man mathematisch beweisen, dass eine Aussage B zwingend aus einer anderen Aussage A – die bereits allgemein akzeptiert ist – folgt, d.h., dass, wenn A stimmt, B auch gelten muss.

A sind hier MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik, B die Aussage, dass sich elektromagnetische Wellen (also Licht) in jede Richtung mit c ausbreiten.

So weit für Konstanz. Für Invarianz (die hier wohl eigentlich gemeint ist) genügt als zusätzliche Information GALILEIs Relativitätsprinzip.

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Franz1957  30.11.2022, 20:19
@SlowPhil

Zu A würde ich neben MAXWELLs Gleichungen auch die gemessenen Konstanten μ₀ und ε₀ dazunehmen. Zusammen ergibt sich daraus die Folgerung, daß die Geschwindigkeit elektromagnetischer Wellen ebenfalls eine Konstante ist. Daß sie darüber hinaus auch dem gemessenen Wert der Lichtgeschwindigkeit entspricht, belegte für MAXWELL die Annahme, daß das Licht eine elektromagnetische Welle ist und "beweist", wenn man auch dies als Prämisse akzeptiert, die These in der Ausgangsfrage.

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SlowPhil  02.12.2022, 11:57
@Franz1957
Zu A würde ich neben MAXWELLs Gleichungen auch die gemessenen Konstanten μ₀ und ε₀ dazunehmen.

Sie sind Bestandteil der MAXWELLschen Gleichungen. Physikalisch ist das Entscheidende nicht unbedingt der konkrete Zahlenwert, sondern dass es sich dabei überhaupt um fundamentale Naturkonstanten und nicht etwa um Materialkonstanten handelt und solche weder in den MAXWELLschen Gleichungen noch in der daraus hergeleiteten elektromagnetischen Wellengleichung vorkommen.

Daß sie darüber hinaus auch dem gemessenen Wert der Lichtgeschwindigkeit entspricht, belegte für MAXWELL die Annahme, daß das Licht eine elektromagnetische Welle ist...

Es machte diese Annahme plausibel. Andere Wellen – Gravitationswellen etwa – breiten sich ja auch mit c aus.

...und "beweist", wenn man auch dies als Prämisse akzeptiert, die These in der Ausgangsfrage.

Die Anführungszeichen kann man weglassen, wenn man statt "das Lichttempo ist konstant" sagt: "Falls die MAXWELLschen Gleichungen tatsächlich das wahre Verhalten elektromagnetischer Felder beschreiben, ist das Lichttempo eine Naturkonstante."

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SlowPhil  02.12.2022, 12:57
@Franz1957
...und "beweist", wenn man auch dies als Prämisse akzeptiert, die These in der Ausgangsfrage.

So wie sie formuliert ist, nämlich, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht relativ zu einem ruhenden Körper (was immer damit gemeint ist) in alle Richtungen immer denselben Betrag c hat.

So, wie sie mutmaßlich gemeint ist, nämlich, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht relativ zu einem beliebigen Körper, der sich höchstens geradlinig-gleichförmig bewegt, immer denselben Betrag c hat, brauchen wir noch das Relativitätsprinzip dazu.

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Franz1957  02.12.2022, 13:00
@SlowPhil
Physikalisch ist das Entscheidende nicht unbedingt der konkrete Zahlenwert, sondern dass es sich dabei überhaupt um fundamentale Naturkonstanten und nicht etwa um Materialkonstanten handelt

Das hatte ich gemeint: Daß nicht nur der konkrete Zahlenwert, sondern auch eben diese Eigenschaft durch Messungen festgestellt und immer wieder nachgeprüft wird und die Größe somit auf empirischem Wege den Status einer Naturkonstanten erhält. (Welche Konstanten-Werte per ISO-Beschluß festgelegt statt gemessen werden, scheint wiederum nicht konstant zu sein, sondern wenn ich's richtig verstehe, von den gerade verfügbaren besten Labormethoden abzuhängen.)

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