Könnt ihr mit dem Konzept "Speziesismus" etwas anfangen?

Das Ergebnis basiert auf 23 Abstimmungen

Erkenne Speziesismus an und verurteile ihn. 52%
Ich lehne das Konzept/den Begriff an sich ab. 39%
Erkenne Speziesismus an und befürworte ihn. 9%

17 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

ich finde, gerade die, die mir diesen Begriff um die Ohren hauen wollen, weil ich zB Fleisch esse, das sind selbst die größten Speziesisten.

Angewendet wird der Begriff zumeist in der Form, dass man ein Speziesist sei, weil man nichtmenschlichen Tierarten nicht die gleichen "Rechte" einräume wie Menschen. Dann wird aber zumeist eine Grenze gezogen, andere Lebewesen, Pflanzen, Bakterien, Pilze, manchmal auch bestimmte "niedere" Tierarten ... sollen diese "Rechte" wiederum nicht haben. Da kommt dann meist das Argument "Ja, aber, die haben ja auch kein zentrales Nervensystem und kein Schmerzempfinden!" Man räumt also bestimmten Lebewesen "Rechte" ein, anderen nicht und begründet dies mit angeblichen oder realen Eigenschaften dieser Arten! Was soll das sonst sein als reinster Speziesismus?

Wenn man man aber diese, in meinen Augen völlig willkürliche Grenze nicht zieht, dann kann es keinen Menschen geben, der kein Speziesist ist. Schließlich kann niemand leben ohne sich von anderen Lebewesen zu ernähren, und sie, in der Diktion der Verfechter dieses Begriffes "auszubeuten". Wenn aber ein solcher Begriff auf alle Menschen zutrifft, ist er dann nicht schlicht überflüssig?

Ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen, mit der ganzen Natur möglichst schonend umzugehen. Natürlich behandele ich dabei ein Säugetier anders als einen Schleimpilz. Aber solche vereinfachenden, spaltenden Kampfbegriffe wie "Speziesismus" verführen dabei nur zu einem unreflektierten, der Sache abträglichen Schwarz-Weiß-Denken à la: "Die einen Arten müssen genau dieselben Rechte wie Menschen haben, die anderen aber sind völlig egal, mit denen kann man tun was man möchte." Speziesismus in seiner Reinform eben!

Pomophilus  17.11.2022, 12:34

Vielen Dank für 🌟!

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GWEckenberg  20.11.2022, 18:24

Kein Antispeziesist verlangt gleiche Rechte für nichtmenschliche Tiere und Menschen, allein schon, weil die meisten Rechte für Nichtmenschen bedeutungslos sind (Meinungsfreiheit etc.). Es geht immer nur um die elementaren Grundrechte auf Leben und Unversehrtheit.

Kein Antispeziesist erkennt irgendeiner anderen Tierart ihre Lebensrechte ab. Rein praktisch ist aber nicht bei allen eine Berücksichtigung möglich (z.B. Bakterien). In diesen Fällen wäre die Anwendung eines Rechtsbegriffs unsinnig, weil er rein hypothetisch wäre.

Tatsächlich kann niemand leben, ohne anderes Leben zu vernichten - und sei es nur unwillkürlich durch das eigene Immunsystem, das ständig Bakterien tötet. Eingriffe in die Rechte Anderer aus Gründen der Selbsterhaltung stehen aber nicht im Widerspruch zu der Existenz dieser Rechte selbst.

Die Verantwortung des ethisch handelnden Menschen liegt darin, seine Entscheidungen so zu treffen, dass der von ihm verursachte Schaden am Geringsten ist. Pflanzen, deren Früchte gegessen werden, nehmen den geringsten Schaden. Tiere hingegen, deren Fleisch gegessen wird, leiden und sterben in Schlachthäusern.

Ein Schwarz-Weiß-Denken geschieht vielmehr beim Speziesismus (Mensch - alle Rechte - weiß, Tier - rechtlos - schwarz), während die sorgfältige Abwägung nach rationalen Kriterien von Fall zu Fall, die der Antispeziesismus erfordert, Differenzierungwillen und -Vermögen beansprucht.

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Pomophilus  20.11.2022, 22:32
@GWEckenberg

Du kommst zwar zweimal ganz kurz auf Bakterien zu sprechen, und zwar in dem Zusammenhang, dass es eh unvermeidlich sei, sie umzubringen, einmal auf das Essen von Früchten, aber ansonsten schreibst du auch ganz allein von Tieren. Dennoch gehst du damit über alles hinaus, was ich an Quellen aus der antispezisistischen Szene finde, da ist immer ganz allein von nichtmenschlichen Tieren die Rede, zB:

https://www.peta.de/themen/speziesismus-definition/

https://www.animaleden.de/antispeziesismus/

https://www.animal-ethics.org/veganismus-und-antispeziesismus/

Ist das also deine eigene Definition? Und das ist für mich auch ein Problem in der vergifteten Schwarz-Weiß Diskussion: man schafft sich seine eigenen Standards und verdammt alle, die andere haben.

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GWEckenberg  20.11.2022, 22:50
@Pomophilus

Streitereien über Definitionshoheiten führen immer vom sachlichen Kern eines Themas weg.

Speziesismus bedeutet Willkür aufgrund der Spezieszugehörigkeit. Gibt es irgendeinen Grund, dies in Frage zu stellen? Alles andere folgt logisch.

Meine Formulierungen sind meine eigenen, aber die Sache selbst zu verstehen, erfordert ja keine besondere Expertise. Wenn Peta das Wort auf der Bedeutungsebene ansetztend definiert, Animal-Eden als Kategorie gesellschaftlicher Motivationen und Animal-Ethics über den Umweg der Erklärung des Antispeziesismus, dann widersprechen sich diese Ansätze inhaltlich ja in keinster Weise, und auch meinen Ausführungen widersprechen sie nicht. Es ist legitim, bedarfsgerecht Definitionen zu wählen, solange sie mit anderen gängigen konsistent sind.

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Pomophilus  20.11.2022, 22:55
@GWEckenberg

Aber ist es keine Willkür, Lebewesen, die nicht als Tiere gelten, auszuklammern?

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GWEckenberg  20.11.2022, 23:06
@Pomophilus

Kommt auf die Fragestellung an. Letztlich wäre es auch Speziesismus, weil die Trennung von Tier und Pflanze in der Taxonomie ja noch viel weiter oben angeordnet ist, als die Spezies.

Das soll vermutlich aufs Pflanzenessen abzielen. Es gibt aber andere Gründe, Pflanzen als Nahrung zu bevorzugen, als allein, dass sie Pflanzen sind, Stichwörter: Individualität, Leidensfähigkeit, Schadensminimierung.

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Erkenne Speziesismus an und verurteile ihn.

mag für manche weit hergeholt klingen. für mich zunächst auch.

aber wenn ich darüber nachdenke muss ich dem zustimmen. wobei ich der Auffassung bin eine bessere Bezeichnung müsste es geben.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Energieberater
Verstanden wird darunter die Diskriminierung, Ausbeutung oder auch Vernichtung von Lebewesen aufgrund ihrer Artzugehörigkeit

Das ist ein wunderbarer Begriff, der den in Verruf geratenen Rassismus ersetzen kann!

Hallo, ihr Querdenker, XYZ-Leugner und Rassisten, hier ist etwas für euch!

Erkenne Speziesismus an und befürworte ihn.

Auch ein Tier hat Gefühle. Man kann Kühe z.B. auch auf der Weide erschießen und ihr die Qualen des Schlachthofs ersparen.

Hummer lebendig zu kochen empfinde ich als Tierquälerei.

Ich lehne das Konzept/den Begriff an sich ab.
Im Umfeld der Tierrechtsbewegung

Tierrechtler sind eigentlich nie seriös, sondern oft Extremisten mit weltfremden Vorstellungen, Hetze und Straftaten. Entsprechende Organisationen wie Stiftung Warentest haben davor schon gewarnt in Bezug auf Spendengelder - Nutzen, im Bundestag wars auch ein Thema, weil man entsprechenden Organisationen wegen ihren Verfehlungen die Allgemeinnützigkeit aberkennen wollte. Daher sollte man sich generell nicht mit sowas einlassen.

Verstanden wird darunter die Diskriminierung, Ausbeutung oder auch Vernichtung von Lebewesen aufgrund ihrer Artzugehörigkeit durch den Menschen/Homo Sapiens.

Das macht jeder Mensch ohne Ausnahme, wenn man es genau nimmt. Es ist auch nicht abwendbar. Daher nur substanzloses Kampfgeseier. Und wenns nur die Ameise ist, wo man rauftritt oder Bakterien (ja, das sind auch Lebewesen) vernichtet, indem man sich wäscht.

Unter Berufung auf diesen Begriff werden unter Anderem die Massentierhaltung und der Konsum von Tierprodukten kritisiert.

Tierprodukte konsumiert auch jeder Mensch. Beim Veganismus gehts auch nur darum es so weit es geht zu reduzieren, aber auch der extremste Veganer konsumiert mal Tierprodukte (damit sind nicht Lebensmittel gemeint) und können sich nicht davon freisprechen.

Dem Menschen wird unterstellt, er nehme sich unter Berufung auf seine Rolle als "Krone der Schöpfung" das Recht heraus, nach Belieben über Freud und Leid seiner Mitgeschöpfe zu entscheiden.

Das ist auch falsch, denn in einer zivilisierten Gesellschaft gibt es Gesetze, daher kann man auch nicht nach Belieben über Tiere entscheiden.

Wie steht ihr zu dieser Theorie? Erkennt ihr den Speziesismus als Idee überhaupt an?

Ich habe eher ein Problem mit dem Inhalt und vieles scheint den Leuten gar nicht klar zu sein. Vor allem frage ich mich, was die Rechtler eigentlich wollen? Die sitzen auch mit im Boot, zwar nicht mittendrin, aber dennoch. Und Speziesismus ist normal. Die Katze ist mehr "Wert" als der Regenwurm, der Vater ist mehr "Wert" als ein Fremder. Das sind ganz normale, menschliche Vorstellungen (wenn nicht, muss man irre sein) und daran ist aber auch rein nichts verwerflich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – S. Profil
GWEckenberg  20.11.2022, 18:47

Mangelnde Seriösität zeigt sich u.a. in unzulässigen Verallgemeinerungen ("Tierrechtler sind eigentlich nie seriös"), der Benutzung von unsachlichem Framing ("Extremisten"), subjektiven, persönlich herabwürdigenden Begrifflichkeiten ("weltfremd") und nicht zuletzt an unbelegten, rechtlich relevanten Unterstellungen ("Hetze", "Straftaten").

Einer Ameise das Recht auf Leben und Unversehrtheit abzusprechen, weil sie dem Unfall des Zertretenwerdens zum Opfer fallen könnte, ist ebenso fehlgehend, als erklärte man diese Grundrechte gegenüber Menschen für unsinnig, weil niemals alle Verkehrs- und andere Unfälle vermieden werden könnten.

Tierprodukte zu benutzen, ist in einer speziesistischen Gesellschaft selbstverständlich nicht vollständig vermeidbar. Veganer vermeiden es, soweit ihre Entscheidungsmöglichkeiten das zulassen. Freispruch gilt immer einer Schuldigkeit, und die existiert nur dort, wo zuvor eine willentliche Entscheidung geschehen ist.

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Photon123  20.11.2022, 19:32
@GWEckenberg
Mangelnde Seriösität zeigt sich u.a. in unzulässigen Verallgemeinerungen ("Tierrechtler sind eigentlich nie seriös"), der Benutzung von unsachlichem Framing ("Extremisten"), subjektiven, persönlich herabwürdigenden Begrifflichkeiten ("weltfremd") und nicht zuletzt an unbelegten, rechtlich relevanten Unterstellungen ("Hetze", "Straftaten").

Naja sie zeigt sich vor allem in Beiträgen wie deiner.

  • Das Wort "Eigentlich" verallgemeinert eben nicht. Nur sehr oft sind Tierrechtler nicht seriös.

Wenn man Menschen auf die Pelle rückt, indem man Betriebe an der Produktion hindert, dort sogar einbricht oder Menschen bedroht etc, dann ist man Extremist. Oder auch wenn man zu Straftaten aufruft und gegen bestimmte Gruppen hetzt und sie drangsaliert.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-tierrechtler-immer-radikaler-werden-15997934.html

https://www.natuerlich-jagd.de/blog/tierrechtler-droht-mit-vergewaltigung/

https://www.welt.de/regionales/nrw/article174915364/Radikaler-Tierschutz-Wenn-radikale-Tierrechtler-geltendes-Recht-brechen.html

https://www.maennersache.de/peta-kampagne-gegen-angler-in-sicht-steinewerfen-19360.html

https://gerati.de/2021/12/09/peta-scheitert-wieder-beim-stiftung-warentest-spendentest/

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/gerichtshof-weist-tierschutzer-mit-holocaust-vergleich-ab-6387247.html

Ich könnte noch viel mehr dazu nachweisen. Und die anderen Punkte hast du wohl gar nicht verstanden, da du widersprechen willst, aber im Grunde mir zustimmst. Fakt ist aber, ein Veganer kann sich auch nicht freisprechen von allem.

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GWEckenberg  20.11.2022, 20:35
@Photon123

Möchtest Du, dass ich Dir den Unterschied zwischen "eigentlich nie" und "sehr oft" erkläre? Das kann ich gerne hier tun. Oder mach daraus eine neue gutefrage: "was ist der Unterschied zwischen 'eigentlich nie' und 'sehr oft'?
Möchtest Du überdies, dass ich Dir die Zusammenhänge zwischen Freispruch und Schuld, Schuld und Verantwortung und Verantwortung und Entscheidung erkläre? Bei Nachdenken darüber sollte es sich allerdings von selbst erschließen. Mit dieser Kausalität ist dann klar, dass ich Deinen letzten Satz in meinem ersten Kommentar bereits widerlegt habe. Was Du da für Fakt hältst, ist ein Fehlschluss.

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Photon123  20.11.2022, 20:37
@GWEckenberg

Glaub was du willst, deute es wie du willst. Die Belege sprechen eh schon für sich. Weitere Worte sind überflüssig. Muss jeder selbst wissen, ob er Extremist sein will oder solche sympathisch findet oder eben nicht. Die Entscheidung kann man keinem nehmen.

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