Blickwechsel 20. Dezember 2021
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Kein Aufklärungsinteresse bei Sachbeschädigung?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

(Geburtsort, Beruf, Familienstand usw.)

das sind die ganz normalen Personalien, die aufgenommen werden.

Dazu noch Wohnadresse, Erreichbarkeit etc.

Fingerabdrücke am Briefkasten wären sicher eine Möglichkeit, ich hätte es vermutlich auch gemacht, aber dürften zu nichts führen. Der Briefkasten ist draußen und damit dem Wetter ausgesetzt. Außerdem dürften darauf Dutzende von Spuren zu finden sein - Briefträger, deine eigenen, etc. Schlussendlich dürfte nichts gerichtsverwertbares daraus hervorgegangen sein.

Dass du auf dem Schaden sitzen bleibst ist verständlicherweise ärgerlich für dich... ziemlich sicher hätte aber selbst eine Ermittlung der Täter dein Geld nicht zurückgebracht. Hintergrund: Für die strafrechtliche Verfolgung der Sachbeschädigung reicht es aus, wenn die Täter gemeinschaftlich gehandelt haben, also z.B. standen zwei Schmiere und zwei haben den Briefkasten zerstört.

Um ZIVILRECHTLICH deinen Schaden einzuklagen, müsstest du aber wissen, wer von denen tatsächlich den Schaden verursacht hat. Das dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein.

Aber wie gesagt, ich kann deinen Ärger und deinen Unmut nachvollziehen. War auch nicht wirklich professionell vom Kollegen abgearbeitet. Ich hätte halt den Briefkasten zumindest als Spurenträger behandelt und sichergestellt - wenn dann, wie erwartet, nichts hergeht, hab ich es halt zumindest versucht...

Dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt, ist aber auch klar. Der Sachschaden dürfte zu niedrig gewesen sein, als dass die ein großes Fass aufmachen würden... denen gehts wie uns: Komplett überlastet und Personalmangel. Da müssen leider Selektierungen der Anzeigen erfolgen... kein Zustand, den irgend ein Beteiligter gut heißen würde...

Hast du mal bei deiner Hausrat nachgefragt? Bei unserer wäre "Vandalismus" abgedeckt...

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Seit über 15 Jahren Polizeivollzugsbeamter
Bioscience 
Fragesteller
 29.12.2021, 09:57

Danke, Dommie1306 für die sachkundige Antwort.

Der Briefkasten war schon Edelstahl und auf 70€ Zeitwert zu schätzen.

In Krimis sieht man, dass immer und überall zuhauf Fingerabdrücke genommen werden. Daher hätte ich es für zumutbar gehalten, einen frischen Abdruck zu nehmen. Alle älteren Abdrücke wären verblaßt gewesen, weil der Kasten einsam steht. Man hatte ja einen Täterclub, der auch im Nachbargrundstück randaliert hat. Daher war das Schreiben des Staatsanwaltes "konnte nicht ermittelt werden" schon doof. Den Randalierern wurden sicher schon Fingerabdrücke abgenommen, man hätte nur a neben b legen müssen.

Bei der ganzen Datenaufnahme hatte ich den Eindruck, man wolle möglichst viele Daten sammeln zum Füttern des Polizeidatenvorrats. Der Polizist hat noch etliches mehr gefragt, ich kam mir fast wie ein Straftäter vor.

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Dommie1306  29.12.2021, 10:23
@Bioscience

Hallo nochmal,

70€ sind halt leider kein Betrag für die Staatsanwaltschaft. Ich sag mal: Mindestens ein mittlerer, eher hoher, dreistelliger Betrag muss da her..

Gut, was man in den Krimis sieht spiegelt nicht immer die Realität wieder ;-) Bin immer noch der Meinung, dass man vermutlich keine Fingerabdrücke gefunden hätte...

Ob bei den Randalierern der Fingerabdruck genommen wurde ist auch ungewiss. Es gibt zwei Arten der erkennungsdienstlichen Behandlung: Wenn zu erwarten ist, dass derjenige zukünftig weitere Straftaten begeht oder zur Aufklärung von aktuellen Straftaten. Das "zu erwarten" ist aber konkret zu begründen und funktioniert beim Ersttäter quasi nie. Das heißt, wenn diese Randalierer noch nie im Vorfeld polizeilich aufgefallen waren, kann ihnen nach dieser Variante kein Fingerabdruck entnommen werden.

Wenn bzgl. der anderen Straftat die Ermittlungen bereits erfolgreich abgeschlossen sind, kann ich ihnen deswegen keinen Fingerabdruck mehr abnehmen, weil es ja nicht mehr der Aufklärung dient.

Also wäre das nur in Kombination mit den möglichen Fingerabdrücken auf deinem Briefkasten möglich gewesen. Und da befürchte ich halt, dass keine drauf gewesen wären. Und selbst wenn, dann vermutlich nur von einem der Täter. Hat der nen guten Anwalt, war der Täter bereits 4 Tage früher mal zufällig an deinem Haus und hat gesehen, dass der Briefkasten offen ist und halt - als wahrer Philanthrop - den Briefkaten dann schnell zugemacht. Klar, ist ein riesen großer Haufen Dung, aber kann irgendjemand 100% nachweisen, dass es NICHT so war? Vermutlich nicht - im Zweifel für den Angeklagten und der Richter müsste, obwohl Fingerabdrücke auf dem Briefkasten von einem der Tatverdächtigen gefunden wurden, denjenigen freisprechen. Das ist leider traurige Wahrheit :-/

Und ich bleibe dabei: Ich hätte den Briefkasten trotzdem sichergestellt und ausgewertet... hätte ja auch keinem geschadet.

Bei der ganzen Datenaufnahme hatte ich den Eindruck, man wolle möglichst viele Daten sammeln zum Füttern des Polizeidatenvorrats.

Ja, kann ich nachvollziehen. Ich hab mir gerade nochmal zum Spaß unsere Eingabemaske beim Zeugen angeschaut:

Name, Geburtsname, Vorname, Künstlername, Sonstiger Name, Früherer Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Geburtskreis, Geburtsland, Staatsangehörigkeit 1, Staatsangehörigkeit 2, Familienstatus, Beruf, Telefonischer Erreichbarkeit, sonstige Erreichbarkeit, Wohnadresse, Nebenwohnsitz, Firmenadresse.

Uff.

Und dann käme noch zig freiwillige Angaben, z.B. Netto-Monatsverdienst dazu (wobei einige der obigen Angaben auch schon freiwillig sind... trotzdem einfach viel...)

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Bioscience 
Fragesteller
 29.12.2021, 11:01
@Dommie1306
Name, Geburtsname, Vorname, Künstlername, Sonstiger Name, Früherer Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Geburtskreis, Geburtsland, Staatsangehörigkeit 1, Staatsangehörigkeit 2, Familienstatus, Beruf, Telefonischer Erreichbarkeit, sonstige Erreichbarkeit, Wohnadresse, Nebenwohnsitz, Firmenadresse.
Netto-Monatsverdienst

Ja, da fühle ich mich verstanden.
Ich war schon dabei aufzustehen und die Anzeige fallen zu lassen, als endlos in meine Verhältnisse reingebohrt wurde. Ich hatte damals noch zuwenig Polizei-Erfahrung. Heute würde ich sagen: "Tut mir leid, ich will nicht wegen so was mein ganzes Privatleben öffnen. Und wer weiß, wieviel Jahrzehnte das dann in staatlichen Datenbanken steht."

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Dommie1306  29.12.2021, 11:32
@Bioscience

De facto sinds ja auch nicht mehr Angaben, als wir jederzeit über das Einwohnermeldeamt rausfinden könnten.

Aber nochmal: Ich versteh dich...

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