Kann man einfach so keine Lust mehr haben?

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Klar kann man. Es vergeht meist jedoch auch wieder einfach so.

Eine Depression liegt dann schon nahe, wobei dafür bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, die deutlich über "hat keine Lust mehr" hinausgehen.

Ich beschreibe mal gewisse Theorieinhalte, die genau das erklären können, dass ein Mensch trotz Zielen keine Lust mehr aufs Leben hat:

Man kann zwischen expliziten und impliziten Motiven unterscheiden. Motive sind erstmal grob das, was ein Mensch im Leben will (Ziele, Werte, Wünsche usw.). Implizite Motive sind solche, die nicht bewusst sind, sondern sich in Affekten äußern. Explizite Motive sind die Motive, die ein Mensch glaubt, zu haben (die er sich also selbst zuschreibt. Wenn ein Mensch sagt: Ich will Erfolg im Beruf, dann ist das ein explizites Motiv).

Wenn die expliziten Motive (das was ein Mensch bewusst will), sich mit den impliziten Motiven (was ein Mensch "eigtl." oder unbewusst will) decken, dann gibt es kein Problem.

Aber wenn die expliziten Motiven nichts mit den impliziten Motiven zu tun haben (wenn z.B. ein Mensch meint, er will viel leisten, obwohl er im Innersten das nicht will), dann kann es passieren, was du beschreibst: dass ein Mensch trotz geregeltem Leben und trotz Zielen keine Lust mehr aufs Leben hat.

Ja, und ja, du bist dann depressiv. Eine Depression braucht nicht unbedingt einen Grund in negativen Lebensumständen. Kann auch ein chemisches Ungleichgewicht sein.

Es gibt durchaus andere Gründe, wieso Menschen sich den Tod wünschen. Aber nicht "einfach so". Irgendwas ist da immer im argen, körperlich oder seelisch.

ich finde: klar kann man keine Lust haben an einem Ort, der Wesen drängt einander zu essen und dabei zu leiden, 100 Jahre lang vor sich hinzustarren und im Hamsterrad zu schwitzen.

Diese völlig logische Ansicht wird aber vom hier regierenden System nicht akzeptiert. Jedem der einen Todeswusnch äußert, wird pauschal eine psychische Krankheit und damit eine Unmündigkeit unterstellt, wodurch die Ansicht, der gesunde Mensch wolle leben, natürlich automatisch wieder 100% Zustimmung hat., wodurch sie gerechtfertigt wird.

Diplomatie auf Kindergarten Niveau. „Wir sind die besten, das sagen alle, weil alle die was anderes sagen, deren Meinung zählt nicht“^^

palusa  23.07.2019, 13:11

Tjaa und die meisten Menschen, die die westliche lebensart als zu belastend zum weiterleben empfinden, wandern aus. Es gibt ausreichend Orte auf der Welt, wo es anders ist.

Lieber hier zu bleiben und zu sterben anstatt in Tibet neu anzufangen und ein glücklicheres Leben zu führen, das ist dann der fehlschluss, der auf etwas krankhaftes hindeutet.

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caged  23.07.2019, 13:22
@palusa

wirkt so, als würdest du mich ein wenig missverstehen.

In Tibet sind alle Wesen ebenso sehr dem Zwang einander zu essen und dabei zu leiden ausgesetzt wie überall sonst innerhalb dieses Systems. Das System ist aus meiner Sicht kein Menschenwerk; ich bezeichne damit die anonyme Kraft, die unsere Seelen aus dem Nichtsein zerrt und in Fleischkäfige sperrt (um das mal irgendwie in Worten auszudrücken). In Tibet muss man genau so viel gegen seinen Willen Atmen und Essen und Warten bis man das alles endlich nicht mehr muss, unabhängig davon ob man das akzeptieren kann oder nicht.

Der krankhafte Fehlschluss ist eigentlich der, dass zwei Menschen, die ihre Gemächter aneinander reiben, sich damit rechtmäßig dafür qualifizieren, jemand Ungeborenen für 100 Jahre Atmen und Starren anzumelden. Was hat das eine mit dem andern zu tun? Nichts.

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palusa  23.07.2019, 14:24
@caged

.. Bist du sicher, dass du nicht depressiv bist? Frag nur, weil das exakt die Gedankengänge sind, die depressive Menschen so haben. Kenne ich auch von mir.

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caged  23.07.2019, 15:26
@palusa

Habe ich bisher von mir behauptet, ich sei es nicht? Deine Frage ist so Behauptungs-implizierend gestellt.

Ist aber auch egal, denn falls nicht, tue ich es jetzt:

Ich bin sicher, es gibt Ärzte, dir mir eine Depression diagnostizieren würden.

Genau so sicher, wie ich bin, dass diese Ärtze den Umständen entsprechend absolut jedem absolut alles diagnostizieren können. :D

Meine ehrliche persönliche Meinung zu dem ganzen, widerspricht bloß bereits jeglicher Möglichkeit meinerseits, überhaupt irgendetwas zu "sein": Ich erlebe mich als einen rein passiven Betrachter, der nie mit seiner eigenen Anwesenheit oder sonst irgendwas konfrontiert wäre, wenn kein ungebetener Fremdeinfluss auf ihn (mich) wirken würde.

Das beudeutet, alles was ich jemals angeblich "bin", "bin" ich bloß aus fremden Perspektiven (zb deiner), woraus sich ableiten lässt, dass ich nichts davon tatsächlich bin, weil eine Identifikation nur über jemandes wahre Intention gültig sein kann.

Hier dafür ein Beispiel:

Wenn du aus Versehen einer Katze auf den Schwanz trittst, weil sie nah hinter dir lief, während du ihr Futter im Küchenschrank gesucht hast, bist du dann böse? Natürlich nicht - du wolltest der Katze einen Gefallen tun und dabei ist bloß dieses Missgeschick passiert. Du bist immer noch gut, denn auch im Moment als dein Fuß unglücklicherweise Schmerzen im Schwanz der Katze verursachte, war deine Intention eigentlich eine gute.

Zu behaupten "ich sei" depressiv, obwohl es weder meine ehrliche Intention ist depressiv zu sein, noch sonst überhaupt irgendwas zu sein, ist genau so, wie als würde man dich als böse bezeichnen, weil du der Katze beim Füttern auf den Schwanz getreten bist, obwohl das natürlich nur ein Unfall war.

Meine wahre Intention ist eigentlich nicht zu sein. Ich erlebe 100% meines Daseins so, als würde man mich in ein Kostum stecken, das mich auf der Innenseite fesselt wie eine Zwangsjacke, aber von außen wie ein halbwegs autonomer Mensch wirkt, um nicht aufzufallen. Wenn irgendwas gültig als "depressiv" bezeichnet werden kann, dann ist es der Wirt, in den man mich sperrt und die Atmosphäre, die unsere Hamsterrad-Existenz an den Tag legt.

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palusa  23.07.2019, 15:51
@caged

Stimmt, hast du nicht. Du hast nur ein sehr destruktives Weltbild als normal hingestellt. Und gesagt, dass es ein Fehler der Gesellschaft sei, Menschen dieser Einstellung als psychisch krank einzustufen. Was aber nur Sinn ergibt, wenn du entweder dich selbst oder jemand anderen mit dieser Meinung als psychisch gesund ansiehst. Sonst wäre es nicht sinnvoll, diese These aufzustellen.

Und nö, können Ärzte definitiv nicht, es gibt Diagnosekriterien für sowas. Ich bin zum Beispiel definitiv und bestätigt nicht mehr depressiv.

Ja.. Diese Trennung zwischen mir und meinem Körper, meinem Leben kenne ich auch. Ging mit der Depression weg.

(dein Vergleich hinkt btw. Das eine ist ein Unfall, das andere ein Ausdruck von Sorge. Die Intention war völlig anders.)

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caged  23.07.2019, 16:23
@palusa
Du hast nur ein sehr destruktives Weltbild als normal hingestellt.

eher als "real".

"Normal" ist an einem so destruktiven Ort wie diesem hier aus meiner Sicht gar nichts mehr. Normalität wäre für mich wie gesagt nur die grenzenlose Unbekümmertheit einer Nichtexistenz. Jeder Sinneseindruck ist für mich eine Unregelmäßigkeit, etwas Unnormales.

Und nö, können Ärzte definitiv nicht, es gibt Diagnosekriterien für sowas. Ich bin zum Beispiel definitiv und bestätigt nicht mehr depressiv.

Wenn du meine Metaphern so verstehst, führen wir leider 2 verschiedene Gespräche. Ich habe es extra so formuliert, dass diese Ärzte "den Umständen entsprechend" alles können; womit ich sagen will, dass wenn dieses Leben mich als etwas völlig anderes darstellen kann, als ich meiner Ansicht nach bin (womit ich ja ständig konfrontiert bin) und damit leider durchkommt, kann die erwähnte anonyme Kraft / "das System" / wie auch immer man es nennen will, vermutlich jeden Betrachter alles erleben lassen.

(dein Vergleich hinkt btw. Das eine ist ein Unfall, das andere ein Ausdruck von Sorge. Die Intention war völlig anders.)

dass er aus deiner Sicht, die offenbar grundlegend anderer Meinung ist, was die menschliche Autonomie betrifft, so wirkt, ist nicht überraschend.

Aber bitte erklär, was du mit dem "Ausdruck von Sorge" meinst. Kann ich nicht einordnen. Ich wollte deutlich machen, dass wir nicht wahrlich "sind", was andere über uns sagen, sondern immer nur über unsere ehrliche Intention identifiziert werden können. Also habe ich ein simpleres Beispiel gewählt um herauszustellen, wie falsch Fremdeinschätzungen sein können: Jemand, der die Katze weder als dein Haustier identifizeren, noch die Situation des Fütterns richtig einschätzen, noch deine Körperbewegung als ein Erschrecken vorm unabsichtlichen Tritt auf den Schwanz deuten würde, könnte dich als "böse" bezeichnen, obwohl du es nicht wärst. Der Beobachter würde vielleicht sagen, du hättest absichtlich der Katze weh getan. Verstehst du? Ein Arzt stützt seine Diagnose auf seine subjaktive Beobachtung von "dir". Wenn aber von vorn herein Uneinigkeit herrscht, macht ein Arzt letztendlich eine Diagnose, für einen Wirt, nicht für dessen Betrachter.

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caged  23.07.2019, 16:28
@palusa

leider ist im letzten Teil beim posten irgendwie etwas verloren gegangen. Er sollte lauten:

Ein Arzt stützt seine Diagnose auf seine subjektive Beobachtung von "dir". Wenn aber von vorn herein Uneinigkeit herrscht, wer oder was "du" bist und ob du überhaupt beobachtbar/diagnostizierbar bist, macht ein Arzt letztendlich eine Diagnose, für einen Wirt, nicht für dessen Betrachter.

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palusa  23.07.2019, 16:50
@caged

Real sind Weltbilder nie. Niemals. Die Welt ist viel zu komplex für den menschlichen Verstand. Wir nehmen uns einen kleinen Auszug der Welt und basteln uns eine weltsicht drum herum. Entsprechend viel verraten Weltbilder über den zugehörigen Menschen.

Frage. Wie, glaubst du, laufen Diagnosen ab? Was wird betrachtet?

Und weißt du, dass die meisten Menschen keine Trennung zwischen sich selbst und dem wirt machen sondern sich als Einheit mit dem wirt betrachten?

Warum sorgen.. Das ist einfach. Du erinnerst mich in vielem an mein Ich vor vllt 8 Jahren. Und das war ein sehr, sehr unglücklicher Mensch. Depressiv und depersonalisiert.

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