Kann man als Materialist Religiös sein?
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PHILOSOPHISCH
Hab bisher genau 2 gute Antworten bekommen, danke
13 Antworten
Ich sage ja. ZB The Satanic Temple basiert auf dem methodologischen Naturalismus (nix Übernatürliches).
Der N. ist eine zeitgemäße Version des Materialismus
https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/naturalismus/1391
Auch der Konfuzianismus sollte kompatibel sein.
War Einstein Materialist? Klar, unbestritten.
War er religiös? Das steht wohl ebenso außer Frage.
Also: Ja, man kann!
Es ergibt immer dann Sinn, wenn man seine Religiosität als eine von vielen Facetten des Lebens sieht statt als dessen übergeordneten Maßstab. Leider aber können das offenbar nur wenige.
War Einstein Materialist? Klar, unbestritten.
Ich würde ihn eher als Pantheisten sehen.
Er war (insbesondere am Anfang) ziemlich von Ernst Mach und dessen Denkweise geprägt, und Mach war Kritiker des Materialismus.
Zu Beginn seiner Laufbahn ja, aber spätestens mit seinem Artikel "Physik und Realität" hat er sich offen zum Materialismus bekannt.
... um dann später zu sagen, dass er nicht denkt, dass "der da oben" würfelt (das war sein subjektives Argument gegen die allgemeine Quantentheorie, insbesondere Heisenbergs Unschärferelation, ein objektives Argument hat er gesucht, aber nicht gefunden). Völlig materialistisch war Einstein also nicht. Pantheismus kommt seiner Position nahe.
... um dann später zu sagen, dass er nicht denkt, dass "der da oben" würfelt
das sagte er nicht später, sondern gut 9 Jahre vor seinem Bekenntnis zum Materialismus.
Mag sein, der Versuch, Heisenberg zu widerlegen war aber in den 50-ern ...
Aber ich hab noch mal nach dem Gottesbrief von 1954 gesucht, da bezeichnet sich Einstein als religiös und sagt, dass er an "Spinozas Gott" glaubt.
Das ist kompatibel mit "der da oben würfelt nicht".
PS: Ich werde den verlinkten Artikel nicht für 36 Dollar kaufen ...
Nach einem kurzen in die "Literatur" schnuppern würde ich denken das hier, wie in der Gesellschaft zwei Dinge nebeneinander existieren - bürgerlicher Materialismus verträgt sich aufgrund seines Empirismus nicht mit Religiosität - aber sicher sind seine Protagonisten als "bürgerliche Denker" hinreichend "flexibel" sich ihrer religiösen Gewohnheiten nicht zu entledigen. Aber Religion ist ja ohnehin Kultur + Brimborium.
Was verstehst du unter dem Begriff "Materialist"?
Materialismus als Gegensatz zu "Idealismus"?
Der kleinbürgerliche Materialismus (den du hier im Land allerorten antriffst: " my home is my castle"!).
Der "historische und dialektische Materialismus" eines Karl Marx und Friedrich Engels?
Der dem "Naturalismus" verwandte Materialismus?
Was verstehst du unter "Religion"?
Auch ein streng "materialistisch" denkender und handelnder Mensch kann "religiös" sein, z. B. wenn er einer "politischen Religion" anhängt.
Also ein wenig solltest du schon konkretisieren. Sonst wird es nur Wischiwaschi!
Natürlich meine ich den philosophischen Materialismus als Gegensatz zum Idealismus. Sieht man Beispielsweise daran, dass ich unter die Frage in Großbuchstaben PHILOSOPHISCH geschrieben habe.
"Philosophischer Materialismus"?
Wahrscheinlich sprichst du vom "historischen und dialektischen Materialismus".
"Naturalismus" ist ebenfalls "Philosophie".
Und Kant setzt dem "Materialismus“ den "Spiritualismus“ entgegen.
Der "Idealismus" wird auch nicht von allen Philosophen per se als Gegenpart zum "Materialismus" verstanden. Mendelssohn bspw. betrachtet den „Idealismus“ als Gegenbegriff zu „Dualismus“.
Also, ein wenig konkreter wäre schon hilfreich gewesen.
Ich meine den marxistischen Materialismus der im Gegensatz zum Idealismus steht
Na siehst du, wir nähern uns. Mit "marxistischen Materialismus" meinst du, wie vermutet, sicher den "historischen und dialektischen".
Hier muss man aber auch exakt sein: der "marxistische Materialismus" ist auch keine reine Erfindung von Marx. Dessen Materialismus gründete sich auf Materialisten vor ihm: bspw. die antiken wie Epikur, Demokrit, aber auch Feuerbach, Weitling, u.a.
Allen war gemeinsam, dass sie in der Entwicklung der Menschheit immer das Materielle als das Primäre, Bestimmende ansahen, auf das sich dann Ideen, Religionen, Theorien usw. aufbauen. Einer von Marx' Leitsprüchen: "Das Kriterium jeder Wahrheit ist die Praxis!"
Aber das war ja nicht die Frage. Diese besteht, wie ich das nun verstehe, darin, ob diese Materialisten auch religiös sein konnten und können.
Ich sage hier mal ja, allerdings mit dem Zusatz, dass ich "Religion" nicht nur als göttliches Gespinst, Glaube an transzendente Wesen usw. betrachte, sondern alle Weltanschauungen und Ideologien, die als alleingültig und alleinig "wahr" deklariert werden und zwangsweise und gegen den Willen Andersdenkender verbreitet werden und deren Prinzipien mit Gewalt durchgesetzt werden sollen, als eine Art "Religion" betrachte.
Insofern waren so einige "Materialisten" auch religiös, nämlich dann, wenn sie sich selbst als "Gott" verstanden und ihre "göttlichen Werte" mit Gewalt durchsetzen wollen (beste Beispiele: Stalin, Mao).
Sehr ehrenvoll von dir, so eins lange Antwort zu schreiben, danke.
Natürlich meine ich den philosophischen Materialismus als Gegensatz zum Idealismus
Im 19. Jh. war der Idealismus die vorherrschende Philosophie, klar dass sich Marx gegen den abgegrenzt hat. Nur so ein Dernkschema von vor über 150 Jahren heute blind anzuwenden ist - gelinde gesagt - nicht sinnvoll. Der Idealismus ist doch spätestens vor ca. 100 Jahren durch andere Philosophien abgelöst worden, die auf ihre Weise auch einen Gegensatz zum Marxismus bzw. Marxismus-Leninismus bildeten. Zum Teil explizit (Karl Popper).
Ich behaupte, hätte Marx lange genug gelebt, hätte er seine früheren Ideen stark revidiert und aktualisiert und v. a. sich ganz entschieden gegen die jahrhundertelange Dogmatisierung derselben durch seine Anhänger strikt verwehrt. Ansätze dazu zeigte er schon zu Lebzeiten.
Im Unterschied zu den Fans irgendeines "göttlichen Idealismaus" a la Christentum!
Im Unterschied zu den Fans irgendeines "göttlichen Idealismaus" a la Christentum!
Als ob da nie was geändert wurde.
Im späten Mittelalter hatte sich die Kirche so sehr angepasst, dass sie fast nichts mehr mit dem zu tin hatte, was die Bibel über Jünger und Gemeinden sagt.
Leute wie Wiclyf geschickt, der das Evangelium wiederentdeckt hat.
Es gibt verschiedene materialistische Philosophien.
Aus denen könnte man auch eine Religion machen.
Die Kommunistische Ideologie im ehemaligen Ostblock hatte schon religiöse Züge, und in Nordkorea werden die verstorbenen Führer ganz offiziell als Götter verehrt.
Ob es auch Beispiele von anderen materialistischen Philosophien gilt, weiß ich nicht.
Aber ich verstehe nicht inwieweit das Sinn ergibt