Kann man als Deutscher in der Schweiz zum Sanitäter werden?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

Könnte ich mit einem deutschen Abitur ein Sanitäter in Deutschland werden und dann in die Schweiz ziehen und meinen Beruf dort weiter fortzuführen?

In der Theorie - ja.

In der Praxis...

...werden relativ hohe Anforderungen gestellt und die deutsche Ausbildung - wobei de facto fast ausschließlich der Notfallsanitäter als dreijährige Berufsausbildung infrage kommt - muss mit einem entsprechenden Verfahren anerkannt werden.

Das bedeutet in aller Regel Lernaufwand, Anpassungslehrgänge und entsprechende Prüfungen - neben Zeit und Geld.

"Einfach so" - das geht nicht.

Wenn für dich ohnehin schon klar ist, dass dein Weg in die Schweiz führen wird: mach die Ausbildung nach Möglichkeit dort.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
LetsLetsNaddius 
Fragesteller
 19.07.2021, 12:08

Vielen Dank für deine Antwort.... Mir blutet das Herz davon, dass ich keinem die hilfreichste Antwort geben kann... Ich sags dann einfach so, deine Antwort bringt es gut auf den Punkt :)!

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Goodnight  29.10.2021, 13:51

Sehe ich auch so! Zumal dann auch der Verdienst höher sein wird.

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"Sanitäter" ist zunächst einmal der allgemeine Oberbegriff für das nichtärztliche Rettungsfachpersonal im Rettungsdienst. In Deutschland, gibt es insgesamt vier Qualifikationsstufen, wovon aktuell drei ausgebildet werden:

1.) Rettungshelfer (RettHelf/ RDH oder RH). Dies ist eine landesrechtlich geregelte Qualifikation, die in den meisten Bundesländern insgesamt 320 Stunden umfasst und aus 160 Stunden Lehrgang mit schriftlicher und praktischer Prüfung und 160 Stunden Praktikum besteht. In vier Bundesländern existieren Sonderformen, dort dauert die Ausbildung insgesamt lediglich zwischen 160 und 240 Stunden. Rettungshelfer werden heutzutage nur noch als zweite Personen, das heißt als Assistent des Rettungssanitäters und als Fahrer des Krankentransportwagens (KTW) im Bereich des qualifizierten Krankentransportes eingesetzt, in der Notfallrettung, kommen sie aufgrund ihrer extrem kurzen Ausbildung heutzutage nicht mehr zum Einsatz.

2.) Rettungssanitäter (RettSan oder RS). Diese Ausbildung existiert seit 1977 in Deutschland und umfasst mindestens 520 Stunden, durch alle paar Jahre neue Empfehlungen des "Ausschuss Rettungswesen", verändert sich aber die Aufteilung der Stundenzahl immer Mal wieder. Seit 2019, umfasst die Ausbildung mindestens 240 Stunden Lehrgang mit Zwischenprüfung, 80 Stunden in einer "geeigneten Einrichtung der Patientenversorgung", 160 Stunden Praktikum im Rettungsdienst an einer genehmigten Lehrrettungswache und mindestens 40 Stunden Abschluss-/ Prüfungslehrgang mit schriftlicher und praktischer Abschlussprüfung. Die praktische Prüfung besteht aus zwei realitätsnahen Fallbeispielen, wovon jedes durch ein kurzes Fachgespräch, in dem der Prüfling dem Prüfungsausschuss sein Handeln zu erläutern und zu begründen hat, ergänzt wird. Rettungssanitäter kommen in allen Bundesländern als verantwortliche Transportführer/innen im qualifizierten Krankentransport (Betreuung von Patientinnen und Patienten, die keine Notfallpatienten sind aber einer medizinisch- fachlichen Betreuung bedürfen) und in der Notfallrettung als zweite Personen auf Rettungswagen (RTW), das heißt als Assistenzperson des Notfallsanitäters und zugleich Fahrer des RTW zum Einsatz. In wenigen Bundesländern berechtigt die Qualifikation auch noch dazu, als Fahrer das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) zu besetzen, zum Teil ist dafür jedoch eine mindestens zweijährige Berufserfahrung in der Notfallrettung auf dem RTW Voraussetzung.

3.) Rettungsassistent (RettAss oder RA). Diese wurden zwischen 10. Juli 1989 und 2015 anhand des Rettungsassistentengesetzes (RettAssG) und der "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten" (RettAssAPrV) ausgebildet. Der Neubeginn ist seit dem 01. Januar 2015 nicht mehr möglich!. RettAss war eine zweijährige Ausbildung bestehend aus 1.200 Stunden Fachlehrgang und 1.600 Stunden praktischer Ausbildung im Rettungsdienst an einer anerkannten Lehrrettungswache, unter anderem Rettungssanitäter hatten die Möglichkeit einer verkürzten Ausbildung zum Rettungsassistenten. Rettungsassistent/innen kamen und kommen aktuell teilweise noch als verantwortliche Transportführer in der Notfallrettung auf Rettungswagen zum Einsatz und versorgen eigenständig Notfallpatient/innen, bei denen die Anwesenheit eines Notarztes nicht erforderlich ist, dass sind statisch gesehen die meisten rettungsdienstlichen Einsätze. Die Bundesländer haben den Einsatz von Rettungsassistenten jedoch bereits in ihren Rettungsdienstgesetzen (RDG) auf Landesebene befristet und

4.) Notfallsanitäter (NotSan oder in DE seltener NFS). Ist ein am 01. Januar 2014 durch das Notfallsanitätergesetz (NotSanG) und die "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter" (NotSanAPrV) neu eingeführtes Berufsbild im deutschen Rettungsdienst. Die Ausbildungsdauer beträgt drei Jahre (4.600 Stunden) und gliedert sich in 1.920 Stunden Unterricht an einer staatlich anerkannten Schule nach Anlage 1 NotSanAPrV, 1.960 Stunden praktische Ausbildung im Rettungsdienst an einer genehmigten Lehrrettungswache nach Anlage 2 NotSanAPrV und 720 Stunden praktische Ausbildung in verschiedenen Fachabteilungen (insbesondere Anästhesie, Intensivststion und Notfallaufnahme) eines geeigneten Krankenhauses nach Anlage 3 NotSanAPrV. Sie schließt mit einer staatlichen Prüfung ab, die aus drei schriftlichen Aufsichtsarbeiten, einer mündlichen Prüfung und vier realitrealitätsnahen Fallbeispielen, in denen die Prüflinge nachweisen müssen, dass sie die in §4 des Notfallsanitätergesetzes definierten Aufgaben der Notfallversorgung beherrschen, besteht. Gemäß dieser Ausbildungsziele, kommen Notfallsanitäter/innen als verantwortliche Transportführer in der Notfallrettung auf Rettungswagen zum Einsatz. Im Gegensatz zu Retzungsassistenten, übernehmen Notfallsanitäter/innen unter gewissen rechtlichen Voraussetzungen dabei regelhaft auch medizinische Tätigkeiten, die ihrer Art nach bislang der ärztlichen Heilkunde vorbehalten gewesen sind (heilkundliche/ invasive medizinische Maßnahmen) wie beispielsweise die Verabreichung von Notfallmedikamenten. Dies geschieht entweder in voller Eigenverantwortung aufgrund von §2a NotSanG oder aufgrund von standardisierten Arbeitsanweisungen (SAA oder SOP) der örtlich zuständigen ärztlichen Leiter Rettungsdienst (§4 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c NotSanG).

Schweiz:

In der Schweiz, gibt es zwei staatlich anerkannte rettungsdienstliche Qualifikationen, dies ist zum einen der Transportsanitäter, welcher von den Aufgaben her dem Rettungssanitäter in Deutschland entspricht jedoch eine einjährige Ausbildung absolviert hat und der diplomierte Rettungssanitäter höhere Fachschule (HF). Der Dipl. Rettungssanitäter in der Schweiz, durchläuft nocheinmal 800 Ausbildungsstunden mehr als der Notfallsanitäter in Deutschland, seine Ausbildung umfasst insgesamt 5.400 Stunden. Die Aufgaben von Dipl. Rettungssanitätern sind identisch mit denen des Notfallsanitäters, sie führen nach Maßgabe des ärztlichen Leiters Rettungsdienst ebenfalls auch eigentlich ärztliche Tätigkeiten eigenverantwortlich durch. Eine Anerkennung der deutschen Ausbildung zum Notfallsanitäter als Dipl. Rettungssanitäter in der Schweiz ist möglich, allerdings mit einer zusätzlichen Prüfung verbunden. Diese Prüfung soll für Deutsche nicht gerade einfach sein, da sie sich von der deutschen Prüfung wesentlich unterscheidet. In DE hat man seine drei schriftlichen Aufsichtsarbeiten mit vom Prüfungsausschuss vorgegebenen Prüfungsfragen, in der Schweiz, muss man selber eine Diplomarbeit schreiben, was nicht gerade einfach ist, wenn man in den drei Jahren Ausbildung nicht gelernt hat, wie eine solche Diplomarbeit auszusehen hat. Fazit: wenn das langfristige Ziel die Schweiz sein soll, dann wäre es fast geschickter, die Ausbildung direkt dort zu absolvieren.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
LetsLetsNaddius 
Fragesteller
 19.07.2021, 12:06

Vielen vielen Dank für die detailierte Antwort! Das Fazit sagt schon das meiste, es wäre wirklich schlauer wenn ich zu meinem Freund ziehe und dort die Ausbildung absolviere... Das "wie?" wird dann mein Problem sein, aber ich bin ja noch nicht mal Erwachsen, so lange muss ich bei meinen Eltern bleiben. Egal, jedenfalls vielen Dank für die Antwort

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Sollte kein all zu großes Problem darstellen, da die Ausbildung so weit ich weis auch in der Schweiz anerkannt wird.

Du solltest dich aber zuvor mit einer Rettungseinrichtung zusammen reden und klären, ob du nicht eventuell Zusatzkurse oder co. benötigst.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
LetsLetsNaddius 
Fragesteller
 17.07.2021, 22:54

Oh okay, vielen Dank. Mir hat das echt Sorgen gemacht aber jz ist alles gut. Ich habe gehört die Ausbildungszeit soll unfassbar kurz sein (stimmt das?) deshalb fange ich jetzt schon mit meinen 15 Jahren an in das Thema reinzukommen. Aber abgesehen davon, sollte jeder in der Lage sein eine stabile Seitenlage herzustellen. Du sagst du sprichst von eigener erfahrung, kannst du mir sagen was alles in etwa von einem verlangt wird?

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DrMax69  18.07.2021, 13:04
@LetsLetsNaddius

Ich bin RS beim RK Österreich und kann dir da gerne weiter helfen (wie es in Österreich war):

Meine Ausbildung dauerte insgesamt 2 Monate, im ersten Monat lernst du Basics zu menschlichen Anatomie & Diagnostik von Krankheiten & co. (machst auch einen erste Hilfe Kurs), wie du dich in einem Einsatz zu verhalten hast, was du wie tun musst - auch in Fällen von außergewöhnlichen Ereignissen (Großeinsätze, Katastrophen, Geburt am Feld,.. usw.). des Weiteren mussten wir das System hinter unserer Organisation verstehen können (wie funktioniert das Alarmiersystem, Papierkram, Ränge unter den Ausbildungen, Rechte und Gesetze, Datenschutz,..). Es gab auch eine leichten Zwischenprüfung zur Erste Hilfe.

Im zweiten Monat ging es dann an die Praxis: Grob 160 Einsatzstunden im Krankentransport und Einsatzdienst (RTW) - somit konntest du beginnen als Azubi das gelernte langsam in die Tat umzusetzen.. man ist aber immer als Sanitäter 2 unterwegs, bedeutet du trägst nicht die volle Verantwortung, Unterstütz nur das Team am Fahrzeug. Alle 20h musste man dann mit einen Ausbildner zwischen Tests machen (sehr einfach, zu praktischen Anwendungen)

Zum Abschluss gibt es dann die Abschlussprüfung zu dem gesamten theoretischen Stoff und auch praktischen Anwendungen (Traumacheck mit Umlagern, Reanimation mit Kind/Erwachsener, Anwendungsfragen zu Kleinigkeiten (Medikamente aufziehen))

Danach bist du ausgebildeter RS und darfst deine Dienste antreten.

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LetsLetsNaddius 
Fragesteller
 19.07.2021, 12:09
@DrMax69

Vielen Dank für deine Antwort und dass du mir im Nachinein nochmal geholfen hast^^

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