Japans Verbundenheit mit ihrem Berg Fuji?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Leider ist die Reportage bei mir nicht abspielbar, deshalb bitte verzeihen, wenn ich irgendwas schreibe, was in der Doku schon gesagt wird.

Man muss es ja nicht zwingend mit Bergen vergleichen, wobei ich schon sagen würde, dass die, ich sage mal: Identifikation der Schweizer mit dem Matterhorn schon ganz gut damit vergleichbar ist, was bei beiden Bergen ja auch stark mit ihrem jeweils ikonischen Aussehen zusammenhängt (ich bin ganz sicher nicht die einzige Deutsche, die das Matterhorn auf Fotos sieht und sofort benennen kann, die Zugspitze aber nicht). Bei der Beziehung der Japaner zum Fuji fällt noch ein bisschen mehr als bei der Schweiz ins Gewicht, dass der Fuji im Ost hin an eine Ebene grenzt, im Süden beinahe nahtlos in die Pazifikküste übergeht und im Westen und Norden von Gebirgszügen umgeben ist. Alles das macht, dass er einerseits visuell sehr „präsent“ ist und wirklich ins Auge fällt und es andererseits sehr verschiedene Szenerie mit ihm gibt (Matterhorn mit See-/Ozeanansicht gibt es zum Beispiel nicht…), was auch touristisch und damit wirtschaftlich ein wichtiger Faktor ist. Und zum anderen spielt historisch die Verehrung von Bergen (jap. 山岳信仰), die sowohl mit dem Shintoismus als auch mit dem Buddhismus Verbindung hat, eine große Rolle. Innerhalb dieser „Berg-Religion“ gibt es einen Unterzweig, der sich eben nur auf den Fuji bezieht und Asama (浅間) heißt. Dieses „Asama“ findet sich im Namen vieler Schreine wieder (die übrigens keineswegs nur in der Fuji-Region stehen), und diese Schreine verehren die Göttin Konohanasakuyahime no Mikoto, und die ist wiederum sinnbildlich die Göttin der Kirschblüte, weil sie extrem schön war, aber ein sehr kurzes Leben hatte. Und deshalb haben wir hier ganz elegant die Verbindung vom Fuji zu einem anderen Nationalidentifikationsobjekt, der Kirschblüte. Und aus der Richtung des Buddhismus kam unter anderem der meditative Aspekt des Bergbesteigens hinzu. All diese religiösen Hintergründe sind vielleicht nicht mehr jedem heutigen Japaner mehr so präsent, dass sie es auf Anhieb alles erklären und benennen könnten (Japaner haben offiziell keinen Religionsunterricht, das wird meist in den Unterricht über japanische Geschichte „integriert“, was bekannterweise problematisch ist, aber das ist ein anderes Thema), spielten aber in den Jahrhunderten zuvor eine so große Rolle, dass es quasi bis heute nachwirkt.

Und um wieder auf Matterhorn und Zugspitze zurückzukommen, diese „Integration“ in die lokale Religion(en) fehlt den beiden Bergen halt. Wenn man das, was ich oben zum Fuji schrieb, auf die beiden Berge übertragen würde, müsste man sich vorstellen, dass zum Beispiel alle Kirchen rund um diese Berge speziell die Heilige Magdalena verehren und die Berge mit ihr in Verbindung gebracht werden, sodass zum Beispiel das Besteigen der Zugspitze das christliche Ritual zum Reinwaschen von Sünden geworden wäre oder so. Wenn das nämlich so oder so ähnlich wäre, dann hätte sich über die letzten Jahrhunderte hinweg auch eine viel intensivere Beziehung der Deutschen zur Zugspitze entwickelt, die auch bis heute nachwirken würde selbst auf die heutigen Nicht-Atheisten.

Und jetzt habe ich genug getippt, zum Thema Tee soll jemand anderes schreiben ;)

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lebe und arbeite seit 2017 in Japan
rockthekrokodil 
Fragesteller
 29.04.2023, 07:12

danke für die Ausführungen. interessant. Was vergleichbares zum Fuji oder zur Kirschblüte fällt mir hierzulande nicht auf. Klar, man erfreut sich, dass die Störche eintreffen, wenn in Holland die Tulpenzeit beginnt oder auch an der Natur im Elbsandsteingebirge, aber gefühlt ist das nicht so innig, wie man es hier von den Japanern sieht. Doch das macht die Unterschiede verschiedener Kulturen aus.

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warai87  29.04.2023, 08:49
@rockthekrokodil

Ich glaube, die Begeisterungsfähigkeit ist grundsätzlich ähnlich. Ein Unterschied könnte die Geschäftstüchtigkeit der Japaner sein, den jeweiligen Hype durch Kommerzialisierung halt auch im wahrsten Sinne des Wortes zu verkaufen. Die „Marke“ Kirschblüte hat halt mit den Japanern auch einfach die beste „PR-Abteilung“.

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Für die Japaner hat dieser Berg religiöse Bedeutung und ihnen ist der Fuji heilig.

Zu dem sehen die Japaner, wegen seiner Form als Vollkommenheit eines Berges an.

Bei uns haben Berge keine große religiöse Bedeutung oder sie ist in den vergangenen Jahrhunderten verlorengegangen.

Einzig das Matterhorn hat für die Schweiz eine ähnlich Bedeutung wenn auch nur für kommerzielle Zwecke. Dieser Berg wird als das Symbol der Schweiz vor allem zu Werbezwecken und auf Produkten aus der Schweiz vermarktet.