Ist Karl Lauterbach seriös?

13 Antworten

Von Experte rotesand bestätigt

Herr Lauterbach hört sich wohl gerne reden - so mein Eindruck - und gepaart mit einer gewissen Publicity-Geilheit erscheint er gefühlt in jeder zweiten Talkshow. Immerhin ist er Arzt und dazu noch Politiker. Eine Kombination, die sicher bei TV-Machern sehr gerne gesehen ist, da sie beide Seiten beleuchtet: Die gesundheitliche und die politische Sicht.

Als seriös würde ich ihn schon ansehen, was aber nicht zwingend bedeutet, dass er auch immer nur sinnvolles von sich gibt. So manches Mal ist er m.E. schon übers Ziel hinaus geschossen und er würde gut daran tun das ein oder andere etwas geschickter zu formulieren. Er ist doch häufig sehr rigoros. Wesentlich angenehmer ist mir da der Virologe Hendrik Streeck. Der betrachtet die Situation auch immer aus der politischen und wirtschaftlichen Sicht obwohl er lediglich Mediziner ist. Ein sehr sachlicher Analyst, so wie Lauterbach es eher sein sollte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

rotesand 
Fragesteller
 26.10.2020, 13:19

So ähnlich beobachte ich das auch, ja.

Ich frage mich einfach immer, ob er mit seiner Dauerpräsenz die SPD populärer machen oder sich selbst wieder ins Rampenlicht rücken will - ich nehme es einem Politiker einfach nicht ab, dass er das aus reinem Altruismus tut. Sicher verfolgt er irgendein Interesse - und wenn es fraktionslastig und damit kein Selbstzweck ist.

Als ehemaliger Gemeinderat kenne ich die Strukturen bis ganz runter an die Basis und wenn Politiker selbst in solchen Gremien eines nicht verkörpern, ist es Selbstlosigkeit. In der SPD war das besonders schlimm - das waren die in sich zerrissensten Fraktionen.

Was Politiker - egal welcher Partei und in welcher Funktion - einem erzählen ist meist Fassade und reinster Selbstzweck, völlig austauschbar im Gehalt und nur das, was Medienvertreter und potenzielle Wähler hören wollen; Wasser predigen und Wein saufen. Kaum ein Politiker hält die Dinge ein, die er anderen vorschreibt - egal um was es geht.

Was am Ende gemacht wird, ist sowieso das genaue Gegenteil von dem, was der Wähler gerne hätte oder was sinnig wäre - nur kriegt das ein Außenstehender nie mit. Es gibt durchaus sehr Ehrliche, aber die werden in der Regel abgesägt oder für dumm verkauft oder durch Mitläufer der höheren Stellen ersetzt, sobald es irgendwie möglich ist. Wer in der Politik weder Machtmensch noch unehrlich noch ehrkäsig ist, der schafft es nicht in die höheren Ebenen. Und da hat Lauterbach eigentlich schon gezeigt, wer er ist: Jemand, der ehrlich und aufrecht ist, schafft es nicht bis in eine solche Stellung, auch wenn es sicher noch deutlich schlimmere Leitgestalten als ihn gibt.

Die Politik(er)verdrossenheit Deutschlands kann keiner wegdiskutieren - und genau das ist dafür die Ursache. Ich hatte auch mal ein gutes Bild von Politikern, aber ich hatte über die Jahre einfach zu viele Einblicke, die ich vielleicht besser nicht gehabt hätte.

2
GreenLurchi  26.10.2020, 13:45
@rotesand

Bei Karl Lauterbach habe ich das Gefühl, er macht das hauptsächlich um sich selbst ins Rampenlicht zu rücken. Außerdem wird er vermutlich nicht schlecht an seinen Auftritten verdienen. Wobei ich ihm aber durchaus auch zugestehe, dass er auch wirklich aufklären möchte. Wie immer dürfte es auch hier eine Mischung diverser Gründe sein. Das Problem bei den meisten Politikern dürfte halt sein, dass sie ihre eigene Außenwirkung nur begrenzt korrekt einschätzen.

Politikverdrossenheit erkenne ich allerdings keine. Im Gegenteil. Mein Eindruck ist, dass das Interesse an Politik so hoch ist wie selten. Das liegt sicherlich auch an dem rechten Abdriften, an Gestalten wie Trump, Putin und Erdogan und nicht zuletzt an Corona. Politikerverdrossenheit ist aber sicherlich vorhanden. Es fehlen aktuell einfach charismatische Politiker an entscheidenden Positionen. Ich würde mir mehr Typen wie Gregor Gysi oder Wolfgang Kubicki wünschen. Ich denke, solche Charakter haben das Zeug Menschen mitzureissen. Bei Nasen wie sie die regierenden Parteien bieten, kann man nur einschlafen.

2
rotesand 
Fragesteller
 26.10.2020, 13:48
@GreenLurchi

Da gehe ich mit dir d'accord, danke.

Diese Politik(er)verdrossenheit beziehe ich auch auf die Regierungsparteien und deutsche Politik. Ein Interesse an internationalem Politikgeschehen ist da und so groß wie eh und je - nur was CDU und SPD betrifft, sind viele Deutsche absolut negativ eingestellt oder frustriert. Teilweise aus gutem Grund, es gibt nicht nur Berufsmeckerer, die immer mokante Statements abgeben müssen.

Was ich als Gemeinderat erlebt habe, zeigt schon auf, warum das oft so ist und warum es teils wirklich klare Gründe gibt. Ich kann gern ein paar Possen bekannt geben.

1
GreenLurchi  26.10.2020, 13:54
@rotesand

Ich habe das gar nicht auf internationale Politik eingeschränkt. Auch Interesse an deutscher Politik ist vorhanden. Die SPD wird ja aktuell hart abgestraft und die CDU hatte bisher Glück, was sich aber nach Merkel und Corona auch ändern dürfte. Ich finde es nur bedenklich, dass viele in Richtung rechts schwenken. Sympathischer wären mir Protestwähler, die DIE PARTEI oder Piraten wählen würden. Die wären weit weniger schädlich und würden die großen Parteien ebenso wachrütteln.

1
rotesand 
Fragesteller
 26.10.2020, 13:56
@GreenLurchi

Abermals volle Zustimmung. Schön, wenn man sich auf der richtigen bzw. ähnlichen Wellenlänge begegnen kann.

1
rotesand 
Fragesteller
 29.10.2020, 09:12
@GreenLurchi

Helge Braun ist aus meiner Sicht ein ähnlicher Kandidat: Er scheint aktuell jede Gelegenheit nutzen zu wollen, damit er eine Art politischen Frühling erlebt und man ihn kennen lernt. Nur empfinde ich seine Äußerungen durchweg als menschenfeindlich, bürgerfern und arrogant - da ist Lauterbach besser.

0

Prof. Lauterbach ist nicht nur bekannter SPD-Politiker, er ist auch Arzt und studierter Epidemiologe. 1998 wurde Lauterbach Direktor des neu gegründeten Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) an der Universität zu Köln; damit war auch seine Berufung als Professor verbunden. Dort ist er aufgrund seines Bundestagsmandats beurlaubt.

Ich denke schon, dass er weiß, wovon er spricht.


rotesand 
Fragesteller
 25.10.2020, 17:16

Denke ich generell auch, nur hinterfrage ich seine auffällige Medienpräsenz.

Ich frage mich einfach immer, ob er damit die SPD populärer machen oder sich selbst wieder ins Rampenlicht rücken will - ich nehme es einem Politiker einfach nicht ab, dass er das aus reinem Altruismus tut. Sicher verfolgt er irgendein Interesse - und wenn es fraktionslastig und damit kein Selbstzweck ist.

0
KurtSchuster  25.10.2020, 20:44
@rotesand

Eine solche Pandemie ist ein auch politisches Ereignis und Politiker werden auch daran gemessen, wie sie damit umgehen und welche Position sie vertreten. Als einer der bekanntesten SPD-Politiker wird er es sicher nicht nur den Unionspolitikern überlassen, als Pandemiebekämpfer zu reüssieren.

Im Schattenkabinett der SPD für die Bundestagswahlen wird er sich für die Position des Gesundheitsministers in Stellung bringen.

Alles ganz normal. Nur im Unterschied zu anderen Politikern, kommt bei ihm auch noch die ausgewiesene fachliche Kompetenz hinzu. Er und die SPD wären blöd, würden sie das nicht nutzen wollen.

4
Huflattich  25.10.2020, 17:17

Auf die Knie sink - Hände nach oben gefaltet...

1

Lauterbach ist seit Ewigkeiten im Politikgeschäft. Und er hatte mal als echter Sozialdemokrat - zumindest in seinem Gesundheitsthema - angefangen. Er wollte ein Gesundheitssystem, das für alle gleich ist, ohne Privatversicherte und ihre Privilegien.

Das hat er inzwischen wohl aufgegeben, in Anpassung an die radikalkapitalistische Ideologie der Zeit. Womit er für mich persönlich überflüssig ist.

Knowhow hat er nicht von praktischer Medizin. Die hat er nie betrieben. Sondern Gesundheitsökonomie. Was ja zu seiner politischen Tätigkeit bestens passt. Man muss das berücksichtigen, wenn er als Arzt auftritt. Was ihm formell zusteht, er hat ja das Studium abgeschlossen.

Immerhin halte ich ihn nicht für einen gekauften Lobbyisten, wie Spahn. Was der redet, redet er aus Überzeugung. Leider ist er von Angst besessen. Ich sehe ihm das an. Und das verwirrt ihm die Sinne. Wenn die Überzeugung Angst ist, ist sie gefährlich. Schau dir die Aprilsendung der Matthias-Richling-Show an. Der parodiert ihn auf das Treffendste.


rotesand 
Fragesteller
 25.10.2020, 17:15

Ein Lobbyist scheint er nicht zu sein, da pflichte ich dir gern bei. Trotzdem frage ich mich immer, ob er damit die SPD populärer machen oder sich selbst wieder ins Rampenlicht rücken will, wenn er so oft irgendetwas kommentiert.

Die Angststimmung kann ich auch so stehen lassen - er ist ein für mein Gusto in seiner Sache zu verbissener Hardliner. Die Richling-Show schaue ich mir gern an - kann derzeit dank des sogenannten "Vacoped" an meinem Fuß sowieso nicht so lang und weit raus^^ drehe zwar gleich noch eine Runde, aber auch das ist nicht für ewig. Und dann habe ich Zeit dafür... danke!

1
DocPsychopath  25.10.2020, 17:28
@rotesand

Zurzeit ist nicht soviel mit Parteidenken bei vielen. Am Anfang gabs ja quasi nur noch "ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Virenbekämpfer". Die Leute sich ganz individuell anzugucken, bringt einem mehr Erkenntnis.

Viel Spass!

1

Seine politischen Ansichten teile ich nicht unbedingt. Aber als Epidemologe schätze ich ihn sehr, vor allem jetzt in dieser schwierigen Zeit. Immerhin hatte er mit seiner Einschätzung von vor einigen Wochen recht, was die jetzigen hohen Infektionszahlen betrifft. Damals hatten ihm fälschlicherweise viele Leute Panikmache vorgeworfen. Und wer seiner Argumentation folgt, bemerkt, dass er wirklich viel Ahnung und Wissen über diese Pandemie hat. Und der Medienkontakt kommt vor allem dadurch zustande, dass die Medien bei ihm anfragen.


rotesand 
Fragesteller
 26.10.2020, 13:21

Danke für deine Erklärung, das kann schon so hinkommen.

Ich frage mich trotzdem, ob er mit seiner Dauerpräsenz die SPD populärer machen oder sich selbst wieder ins Rampenlicht rücken will - ich nehme es einem Politiker einfach nicht ab, dass er das aus reinem Altruismus tut. Sicher verfolgt er irgendein Interesse - und wenn es fraktionslastig und damit kein Selbstzweck ist.

Als ehemaliger Gemeinderat kenne ich die Strukturen bis ganz runter an die Basis und wenn Politiker selbst in solchen Gremien eines nicht verkörpern, ist es Selbstlosigkeit. In der SPD war das besonders schlimm - das waren die in sich zerrissensten Fraktionen selbst auf dem Land oder innerhalb Verwaltungsverbänden. Da flogen schon mal die Fetzen.

1
Von Experte Udavu bestätigt

Der ist schon sehr seriös,und nicht er drängt sich in die Öffentlichkeit sondern er ist jetzt als Experte gefragt,er ist auch schon seit Jahren gesundheitspolitischer Sprecher der SPD und er war auch vor Corona schon sehr bekannt.

Prof. Dr. Karl Lauterbach, SPD

Geboren am 21. Februar 1963 in Düren.

Studium der Medizin in Aachen, Texas (USA) und Düsseldorf (Promotion zum Dr. med.).

Studium der Epidemiologie und Gesundheitsökonomie (Health Policy and Management), Promotion an der Harvard Universität (Dr. Sc.) in Boston, USA.

1998 bis 2005 Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) der Universität zu Köln, seit 1996 Gastdozent an der Harvard School of Public Health in Boston. Seit 2008 Adjunct Professor an der Harvard School of Public Health in Boston. 1999 bis 2005 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, 2003 Mitglied der Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme (Rürup-Kommission). Mitglied der Programmkommission der SPD Köln, 2004 Mitglied der Arbeitsgruppe Bürgerversicherung des Parteivorstandes der SPD.

 Mitglied des Bundestages seit 2005.

https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/L/lauterbach_karl-521508


rotesand 
Fragesteller
 26.10.2020, 13:20

Danke, auch für die Biographie zu ihm.

1