Ist es erbärmlich, wenn man nach 1 1/2 Jahren nach dem Verlust eines geliebten Menschen noch trauert?

14 Antworten

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Daran ist absolut gar nichts erbärmlich.

Hallo Orochiimaru,

das finde ich überhaupt nicht erbärmlich! Da ich vor etwa 4 Jahren meine Frau nach kurzer schwerer Krankheit (sie starb an Krebs) und einige Jahre zuvor auch meine Eltern verloren habe, weiß ich genau, wie furchtbar der Verlust eines geliebten Menschen ist! Doch eines möchte ich gleich vorweg sagen: Der Schmerz bleibt nicht für immer so groß, wie er am Anfang ist! Vielleicht darf ich Dir ja ein paar Tipps geben, wie man mit so einer schrecklichen Situation umgehen kann.

Ich habe inzwischen etwas Abstand gewonnen, doch nach meiner Erfahrung scheint die Trauer nie ganz weg zu gehen. Am Anfang ist der Schmerz zweifellos am größten, doch lässt er im Laufe der Zeit mehr und mehr nach und pendelt sich auf ein erträgliches Maß ein.

Was in der Zeit der Trauer helfen kann ist, wenn man ganz offen mit jemandem, zu dem man Vertrauen hat über seine Gefühle sprechen kann, am besten mit jemandem, der selbst Ähnliches erlebt hat. Von diesem fühlt man sich viel besser verstanden, und meistens bekommt man hier mehr Mitgefühl und Verständnis entgegengebracht! Das ist auch die Erfahrung, die ich gemacht habe.

Einigen fällt es allerdings schwer, über ihre Gefühle zu sprechen und sie ziehen sich lieber von anderen zurück. Hier kann es helfen, einmal all das aufzuschreiben, was einen bewegt und es dann später nochmals zu lesen.

Was ebenfalls Erleichterung bringen kann ist weinen! Ja das Vergießen von Tränen der Trauer ist ein wichtiger und notwendiger Bestandteil des seelischen Heilungsprozesses. Du brauchst Dich daher nicht zu schämen, wenn Du immer mal wieder in Tränen ausbrichst. Hinterher magst Du etwas Erleichterung empfinden (so jedenfalls ist es mir schon oft ergangen). Seinen Tränen freien Lauf zu lassen, kann manchmal sehr befreiend sein!

Es wäre sicher nicht hilfreich, wenn man irgendwie versucht, vor anderen seine Gefühle zu verbergen und den Starken zu spielen. Man sollte sich zugestehen, traurig zu sein und dies auch nach außen zu erkennen zu geben. Warum sollen denn andere nicht merken, wie sehr man mit der Trauer zu kämpfen hat?

Hier noch ein letzter Gedanke: Für mich ist es bis heute sehr tröstend, zu wissen, was die Bibel über die Toten sagt. Jesus Christus, der ja selbst auch den Schmerz kannte, den der Tod geliebter Menschen auslösen kann, sagte einmal etwas sehr Schönes:

Denn so, wie der Vater die Toten auferweckt und sie lebendig macht, so macht auch der Sohn die lebendig, welche er will. Das sollte euch nicht wundern, denn es kommt die Zeit, wo alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden“ (Johannes 5:21, 28 u. 29a).

Jesus sprach hier von der Auferstehung der Toten! Wenn diese eines Tages stattfindet, bedeutet das, dass Millionen von Verstorbenen wieder auf der Erde leben werden, und zwar unter besseren Verhältnissen als heute. Wir werden sie so sehen, wie wir sie gekannt haben und können sie dann endlich wieder in unsere Arme schließen! Ist das nicht großartig?

Zu wissen, dass ich meine Frau, meine Eltern und all die lieben Freunde, Verwandten und Bekannten, die ich im Laufe der Zeit verloren habe, eines Tages wiedersehen werde, hilft mir, mit meinen Gefühlen der Trauer besser fertig zu werden. Ja, ich kann sagen, dass der Gedanke an die Auferstehung der Toten meinen tiefen Schmerz sehr abmildert!

Ich weiß ja nicht, wie Du zur Bibel stehst und ob Du überhaupt an Gott glaubst. Ich habe eben versucht, meine persönlichen Erfahrungen und meine Hoffnung wiederzugeben. Vielleicht hast Du ja eine ganz andere Meinung dazu.

Ich wünsche Dir jedenfalls von ganzem Herzen, dass es Dir gelingt, mit Deinem Schmerz zu leben und Deine große Trauer nach und nach zu verarbeiten!

LG Philipp

Nein, das ist etwas ganz Normales. Viele Menschen trauen sogar ein Leben lang über den Verlust eines geliebten Menschen. Ganz zu schweigen davon, dass jeder Mensch bei sowas einfach verschieden lange braucht. Manche sind in einem Jahr darüber hinweg, manche in 10 und manche nie.

Wobei "darüber hinweg" auch der falsche Begriff ist, finde ich. Das klingt so, als würde man dann nicht mehr an die Person denken etc. Aber meistens hat man irgendwann damit abgeschlossen, es sozusagen akzeptiert und bis es soweit ist, kann eine unterschiedliche Zeitspanne vergehen, die bei jedem Menschen unterschiedlich ist.

Man verbindet ja auch viele Erinnerungen mit dieser geliebten Person. Das sorgt auch dafür, dass man nicht einfach "darüber hinwegkommen" kann. Und vielleicht blieben auch viele Fragen unbeantwortet. Das ist eben schon eine starke, psychische Belastung.

Nein auf keinen Fall. Jeder Mensch trauert anders und ich persönlich würde behaupten, dass die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschens bei den meisten Menschen nie aufhört sondern nur ihr Wesen und die Art und Weise wie man trauert, sich verändern.

So lange du mit deiner Trauer zurecht kommst ist es absolut in Ordnung und vollkommen angemessen. Erst an dem Punkt, wo du bemerkst, dass deine Gefühle zu viel für dich sind und eine große Last darstellen, könntest du womöglich darüber nachdenken, dich mal an jemanden zu wenden der dir helfen kann mit den Gefühlen umzugehen, sodass sie dich nicht mehr einschränken.

Nein, das ist nicht erbärmlich. Das zeigt an wie tief und wertvoll die Verbindung war.