Ist eine ausgewiesene Vertragsstrafe gegen Ladendiebe rechtlich durchsetzbar?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Im Recht der AGB sind Vertragsstrafen grundsätzlich gem. § 309 Nr. 6 BGB unwirksam, ABER: nur bei Verpflichtungen, die man innerhalb einer Frist erfüllen muss. Verboten sind also nur Vertragsstrafen, die eine zu späte Leistung (z.B. eine Lieferung oder so) bestrafen.

Durch das Betreten eines Gebäudes (Kaufhaus etc.) wird kein Vertrag geschlossen. Verträge enthalten aber auch Nebenpflichten, zB Rücksicht auf die Gesundheit und das Leben (du sollst deinen Käufer nicht töten...)

Diese Nebenpflichten bestehen beim Betreten eines Kaufhauses auch (§ 311 Abs. 2 BGB) Seinen potenziellen Vertragspartner zu bestehlen, ist eine Pflichtverletzung. Pflichtverletzungen führen zu Schadensersatz gem. §§ 280 ff BGB, wobei man 75 Euro als Bearbeitungsgebühr durchaus als Schaden betrachten darf (Arbeit des Kaufhausdetektivs, Anzeige erstatten usw.)

Es handelt sich also weniger um eine "Vertragsstrafe" als mehr um einen gestzlich anerkannten Fall der vorvertraglichen Schadensregulierung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Jurist und manchmal auch im Netz...

Genau genommen entsteht bei Betreten eines Kaufhauses ein Schuldverhältnis nach c.i.c. (also aus §§280 I, 311 II, 241 II BGB) NUR, wenn der Dieb es mit Absicht betreten hat einen Artikel zu erwerben. In der Regel wird dies jedoch nicht der Fall sein, weshalb die c.i.c. als Anspruchsgrundlage ausscheidet. Selbst, wenn er eine Sache kauft und eine weitere nicht auf das Kassenband legt, fehlt es an einer c.i.c., weil durch den Abschluss des Kaufvertrags das vorvertragliche Stadium bereits beendet wird. Genau genommen ist der Begriff "Vertragsstrafe" daher terminologisch falsch. Richtig heißt es "Fangprämie". Diese ist nach herrschender Meinung gem. § 249 BGB ersatzfähig. Eine Bearbeitungsgebühr kann der Ladeneigentümer auch nicht vom Dieb verlangen. Die richtige Anspruchsgrundlage für die "Fangprämie" ist daher §823 I BGB bzw. §823 II i.V.m. §242 StGB

Ja, diese Vertragsstrafe ist anerkannt. Zumindest wenn die Höhe angemessen ist. Problematisch kann es jedoch bei Minderjährigen werden.

Eine solche "Vertragsstrafe" lässt sich nicht durchsetzen. Wenn sie es ernst nehmen können sie den Dieb zusätzlich zur polizeilichen Anzeige auf Schadensersatz verklagen. Dazu müssen sie aber auch einen Schaden nachweisen. So eine Strafe wird daher such mal als pauschalisierter Schsdendersatz definiert. Aber auch sowas hat vor Gericht keinen Bestand - wenn der Dieb sich etzt bockig zeigt.

RhoMalV 
Fragesteller
 06.06.2020, 23:45

Danke

Klar, so eine Vertragsstrafe müssten sie ja erst einmal durch das Zusenden einer Rechnung, bzw. einer Zahlungsaufforderung an den Ladendieb erheben. Dadurch würde ja so ein Prozess erst ins Laufen kommen.

Ich denke mal, dass allein durch diese Beschilderungen für viele Normalverbraucher gar nicht deutlich ersichtlich ist, dass sie dort tatsächlich einen Vertrag eingehen.

Online bspw. muss ja ein Vertragsschluss SO deutlich sichtbar und verständlich angekündigt und durch den User "aktiv" bestätigt werden, dass ein Irrtum fast schon ausgeschlossen ist.

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nanfxD  06.06.2020, 23:46
@RhoMalV

Das ist leider falsch. Die Prämie ist durchsetzbar

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nanfxD  06.06.2020, 23:48

andere Ansicht der BGH -> BGH NJW 1980, 119.

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