Ist die russische Taktik die Ukraine anzugreifen echt schon so veraltet und ineffektiv?

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3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Ist wirklich schlecht

Sowohl waffentechnisch als auch führungstechnisch hat sich zunächst die Sowjetarmee und danach die russische Armee seit dem 2. Weltkrieg praktisch nicht weiterentwickelt. Es gab zwar 2008 einen Versuch, die russische Armee in beiden Bereichen zu reformieren, aber dieser Versuch ist iergebnislos im Sande verlaufen. Das lag zum einen am fehllenden Geld, denn aufgrund der geringen Wirtschaftsleistung Russlands, die weit hinter den großen westlichen Ländern wie USA, Frankreich, Italien und sogar Südkorea liegt, beträgt der russische Wehretat nur etwa das Doppelte wie der Bundweswehretat. Dazu kommt das Beharrungsvermögen der russischen Armeeführung, die die geplanten Reformen ausgebremst hat, weil sie mit Machtverlust verbunden gewesen wären. Dazu kommt die weit verbreitete Korruption in der russischen Armee, bei der viel Geld in dunklen Kanälen verschwindet. Dazu kommt das Fehlen einer eigener Chipentwicklung, sodass die russiche Militärindustrie auf die Lieferung westlicher Chips und Computer angewisen ist, an die sie aber wegen der Sanktionen kaum noch rankommt. Dazu kommt, dass das verbliebene Geld in Prestigeobjekte gesteckt wird wie z.B. Hyperschallraketen, hochgerüstete Lenkwaffenkreuzer wie die Moskwa, die aber bereits versenkt wurd, oder dieses Teil hier, das aber in der Ukraine gar nichts nützt:

https://www.rtl.de/cms/atom-u-boot-belgorod-putins-apokalyptische-waffe-aus-russland-soll-im-pazifik-eingesetzt-werden-4997217.html

So blieb letztlich für das russiche Landheer kein Geld mehr übrig.

Ausrüstung:

Die russische Armee ist zu sehr veraltet und der wirtschaftliche Hintergund fehlt ebenfalls, um nur annähernd gegen die Waffen der Nato anstinken zu können. Während die Nato ihre Waffensysteme ständig modernisiert und digitalisiert hat, muss sich die russische Armee immmer noch mit marodem Sowjetschrott rumschlagen.

Die Flotte besteht fast nur noch aus veralteten Einheiten der Sowjetunion. Es gab zwar viele Pläne für Neubauten incl. Flugzeugträgern, die sind aber wegen Geldmangel bis heute nicht realisiert. Stattdessen werden alte, bereits ausgemusteret Schiffe wieder reaktiviert. Allerdings funktioniert auch das nicht ganz so wie geplant. Einige Schiffe waren bereits derart marode und runtergewirtschaftet, dass sie am Ende dann doch verschrottet werden mussten.

Auch bei den konventionellen Jagd-Ubooten sieht es nicht besser aus. Da fährt die Flotte ebenfallls mit alten und maroden Ubooten aus Sowjetzeiten herum. Geplant war die Entwicklung und der Bau von 40 modernen Ubooten der Lada-Klasse, die aber technisch auch nicht an die deutschen Uboote rankommen. Wegen technischer Schwierigkeiten und explodierender Kosten gibt es einen fahrenden Prototypen und ein weiteres Uboot im Bau. Der Rest wurde storniert.

Russland hat zwar mit dem T14 einen hochmodernen Panzer entwickelt, der ursprünglich die alten T90 und völlig veralteten T72 ablösen sollte. Aufgrund von Geldmangel wird der aber nun doch nur in einer sehr kleinen Stückzahl gebaut und stattdessen sollen die teils über 40 Jahre alten Panzer aus Sowjetzeiten noch länger im Einsatz bleiben. Der Hauptpanzer, der T-72 weist obendrein eine ganze Reihe von Konstruktionsfehlern auf wie z.B., eine zu dünne Panzerung sowie das Munitionsabteil offen im Turm, sodass der gesamte Munitionsvorrat bei einem Treffer gerne mal hochgeht. Dass das passiert ist sieht man immer dann, wenn der Turm neben dem Panzer liegt. Seit neuestem bringen die Russen ihren angeblichen Wunderpanzer T-90M Proryw an die Front. Aber auch der scheint nicht viel zu taugen. Auch die werden bereits von den Panzerabwehrraketen der Ukrainer vernichtet, sobald sie auftauchen. Inzwischen mssen die Russen sogar auf noch ältere Panzer T62 aus den 1960er Jahren zurückgreifen, weil die meisten modernen Panzer bereits von den aus dem Westen gelieferten Panzerabwehrraketen vernichtet wurden. Die werden aus Legern aus der Sowjetzeit geholt, wo sie bis jetzt mehrere Jahrzehnte vor sich hingerostet sind.

Nicht viel besser sieht es bei der Luftwaffe aus. Die fliegt immer noch mit der SU27 aus Sowjetzeiten. Es gibt mit der SU-57 zwar eine moderne Neuentwicklung als Tarnkappenjäger, aber auch da fehlt für die Serienproduktion das Geld. Da hat die Luftwaffe gerade mal 3 Stück und die ersten davon sind bereits abgestürzt oder abgefackelt. So werden mit Müh und Not die Jahrzehnte alten Mühlen am Fliegen gehalten.

Weitere Faktoren:

  • fehlende Fähigkeit zum koordinierten Kampf der verbundenen Waffen,
  • streng hierarchische und völlig veraltete Befehlsketten statt der modernen Auftragstaktik der Nato, die die Ukraine seit 2014 übernommen hat,
  • fehlende Kommunikationseinrichtungen mit moderner Verschlüsselungstechnik,
  • schwache Logistik

und am allermeisten eine bedenklich schwache Motivation der einfachen Soldaten.

Die ukrainische Armee wird schon seit 2014 mit Hilfe amerikanischer Ausbilder umstrukturiert und in modernen Kampftechniken geschult. Ein ganz entscheidender Faktor ist dabei die Umstellung von der Befehlstaktik der Russen auf die Auftragstaktik der Nato. Bei der Befehlstaktik arbeiten die Generale in ihren Kommandoständen detailliert die Befehle an die unteren Einheiten aus, die diese dann auszuführen haben. Selbständiges Handeln niedriger Offiziere ist tabu. Ändert sich die Situation, muss das nach oben gemeldet und auf neue Befehle gewartet werden. Das dauert. Außerdem müssen die Befehlsstände nahe bei der Front liegen, weshalb die Ukraine schon einige Kommandostände samt Generälen vernichten konnten. Durch die neuen HIMARS Raketenwerfer, die GPS-gesteuert mit höchster Präzision über weite Entfernungen treffen, wurden in den letzten Wochen noch mehr Munitionslager, Versorgungsstützpunkte und Kommandostellen ausgeschaltet. Es erfodert auch sehr viel Funkverkehr, der leicht zu orten und abzuhören ist.

Die Auftragstaktik, die die Ukraine übernommen hat, auf die die Offiziere geschult sind und die sie in Manövern geübt haben, sieht vor, dass die unteren Einheitsführer nur einen Auftrag erhalten, den sie so ausführen können, wie sie es für zeckmäßig halten. Dadurch kann sehr schnell auf geänderte Situationen reagiert werden und sich plötzlich ergebende Chancen konsequent genutzt werden. Da wird dann nur noch das Ergebnis nach oben gemeldet. Nur so sind auch die selbständigen Partisanenoperationen der Ukrainer mit sehr kleinen Trupps möglich, die den Russen so große Probleme bereiten. Mit dieser Umstrukturierung der ukrainischen Armee, die auch noch andere Punkte umfasst, war auch eine Änderung der Bewaffnung verbunden. So hat die Ukraine selber sehr gut funktionierende Panzerabwehrraketen entwickelt und die Truppe damit ausgerüstet. Massive Waffenlieferungen aus dem Westen, die zu der moderneren Taktik optimal passen, machen den Russen inzwischen größte Probleme.

Andere Antwort

Hmm. Definiere ineffektiv. Sie überziehen alles mit Artillerie und rennen dann mit Infanterie rein. Und wenn die Infanterie geschlagen wird, kommt wieder die Artillerie und es geht von vorne los, bis die Infanterie erfolgreich ist. So haben sie schon in wk2 gekämpft. Es funktioniert, wenn auch unter hohen Verlusten. Hohe Verluste sind da einkalkuliert und in russischer Sicht kein Fehler oder Problem. Das sehen wir aus westlicher Sicht so, weil wir Leben einen anderen Wert geben. Auch die massive Zerstörung, die deren Taktik bedeutet, empfinden wir als falsch und unnötig und sie erzeugt zivile Opfer, die vermeidbar wären. Das ist in der Tat ein Stil, der eher in das letzte Jahrhundert passt. Nach wk2 hat der Westen sich Gedanken über Regeln im Krieg gemacht und zum Beispiel Zivilisten als schützenswert eingestuft. Die Genfer Konvention zum Beispiel ist aus 1949, vier Jahre nach wk2, kein Zufall. Auch das bewusste terrorisieren der Bevölkerung (das ist der Zweck hinter dem Raketenbeschuss der zivilen Infrastruktur) ist ein Relikt.

Das eigentliche Problem aus russischer Sicht ist, vier HIMARS haben Anfang des Monats gereicht, die russische Doktrin komplett auszuhebeln und sie haben es bisher nicht geschafft, sich anzupassen. Einfach weil diese Taktik zusammen mit dem starken Fokus der russischen Armee auf Eisenbahn zum Transport große Munitionslager in der Nähe der Front - und damit in Reichweite von HIMARS - erfordert. Es ist auch fraglich, ob sie die Anpassung schaffen. DAS ist eine Katastrophe. Russlands komplette militärische Struktur, inklusive Logistik und Kommando, ist sehr zentralisiert und top-down (noch so ein Relikt von vor 100 Jahren, der Westen hat das Konzept schon lange geändert). Das müsste jetzt eigentlich spontan aufgelöst und dezentralisiert werden, damit HIMARS weniger effektiv sind. Das Problem: das dauerte im Westen Jahre. Es ist fraglich, dass Russland das in wenigen Wochen schafft, selbst wenn sie es versuchen (es würde mehr macht und Einfluss auf untere Ränge legen, was eigentlich nicht in Russlands Verständnis von Armee passt).

Hamburger02  26.07.2022, 10:51
Sie überziehen alles mit Artillerie und rennen dann mit Infanterie rein.

Es ist sogar noch schlimmer. Da den Russen moderne Aufklärungsmittel fehlen, wissen sie gar nicht, wo sich die ukrainischen Verteidiger gut getarnt eingegraben haben bzw. verstecken. Um das festzustellen, schicken sie zuerst einen kleinen Infanterietrupp "zur Aufklärung" los und wenn der dann beschossen wird, wissen die Russen woher das Feuer kommt und wo sich die Ukrainer befinden. Diese Positionen beschießen sie dann mit ihrer höchst ungenauen Artillerie. Anschließend schicken sie erneut die Infanterie los umzu gucken, ob sich die Ukrainer immer noch wehren oder ob die Artilllerie getroffen hat. So verschleißen sie Personal und Matrial in unbedeutenden Kämpfen, ohne dadurch voranzukommen oder taktische Vorteile zu erringen.

Dazu kommt, dass durch die gezielte Vernichtung von Munitions- und Versorgungsdepots die russische Artilllerie an Munition sparen muss, wodurch sich die Intensität des Beschusses wohl schon dranmatisch verringert hat. Im Mai/Juni gab Selenskyi an, dass täglich rund 100 bis 200 ukrainische Verteidiger fielen, während der tägliche Verlust laut Selenskyi inzwischen auf rund 30 Tote zurückgegangen sei. Die Verluste der Russen seien laut ukrainischem Generalstab dagegen wieder auf rund 150 bis 200 Tote pro Tag angestiegen.

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Andere Antwort

Russland hat nur im Bereich der Artillerie eine wirkliche Überlegenheit in der Ukraine.

Das heißt, Russland bleibt gar nichts anderes übrig, als so zu kämpfen.