Interpretation Textausschnitte Goethes „Faust I“?

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„Der kleine Gott der Welt“ – gemeint ist der Mensch, der sich, machtvoll wie ein Gott, die Erde untertan gemacht hat.

Mephisto sieht in ihm nur Wunderliches, alle seien „vom gleichen Schlag“, d.h. alle wollen Macht ausüben.

Mephisto behauptet, der Mensch, würde besser leben, wenn er, Gott, ihm nicht die Vernunft gegeben hätte („Schein des Himmelslichts“). Weiter behauptet er, die Vernunft benutze der Mensch nur, „um tierischer als jedes Tier zu sein“. Gemeint ist, dass der Mensch seine Vernunft dazu benutzt, etwas zu tun, was Tiere nicht machen: Vernichtungskriege gegen die eigene Spezies führen. Heute würde man sagen, er benutzt seine Vernunft auch, um seine Lebensgrundlagen, die Natur, zu vernichten, zumindest zu beschädigen. Jedoch war das zu Goethes Zeiten noch nicht das Problem.

Warum würde es den Menschen – nach Auffassung des Mephistos - ohne das Himmelslicht der Vernunft besser ergehen, allerdings auch nur ein wenig? Weil dann die Menschen wie die Tiere allein durch ihren Instinkt durchs Leben geführt und somit weniger Unheil gegenüber der eigenen Spezies anrichten würden.

Man sieht hier die einseitige und damit verlogene Argumentation Mephistos. Er ignoriert völlig, dass der Mensch kraft seiner Vernunft auch viel Edles und Nützliches hervorgebracht hat, z.B. in der Kunst, in der Literatur, in der Philosophie. In letzterer hat er versucht, seine irdische Existenz zu durchleuchten, um sie zu verstehen. Auch hat er durch zahlreiche Erfindungen sich das Leben erleichtert, und durch die Religion verehrt er Gott. Zwar kann man vieles am Verhalten der Menschheit kritisieren - man denke z,B. an die Sklaverei und die Ungerechtigkeit der Staatsorganisationen – doch das Gute, das die menschliche Vernunft hervorgebracht hat, liegt doch auf der Hand. Mephisto aber verschweigt es, und zeigt hier wieder einmal, dass eine der Haupteigenschaften des Teufels die Lüge ist.

Auch dem Herrn geht das auf den Geist „Hast du mir weiter nichts zu sagen?“ (Er vermisst eben die andere, positive Seite der menschlichen Vernunft) „Kommst du nur immer anzuklagen?“ (Er vermisst des Teufels Hinweise auf das Positive der Vernunft. Doch das kann Mephisto nicht, er ist halt „der Geist, der stets verneint“ – wie er später einmal von sich sagt).

Der Mensch wird als kleiner Gott angesehen, der aber allenfalls eine Ahnung von wirklicher Gotteskraft hat (Schein des Himmelslicht) und sich einbildet, mit der (mehr oder weniger verabolutierten) Vernunft alles (d.h. Himmmelslicht-Gleiches) erkennen zu können. Dabei aber verhält er sich lächerlicher und erfolgloser als es das (instinktgesicherte) Tier kann.

Mensch als verführter und eingebildeter Tor/

Gott als übler Spender mißlicher Eigenschaften