Ich kann mir gut vorstellen(,) in diesem Personenkreis und Ihrer Einrichtung zu arbeiten. Komma?

3 Antworten

Eigentlich müsstest du mehr Informationen geben. Natürlich lässt sich der Satz grammatisch, stilistisch, interpunktiv verbessern, aber die Angemessenheit der Formulierung hängt ab von dem Zusammenhang, in dem er steht, sogar von der Position in der Bewerbung, an der er steht. Welche Funktion hat er?

  1. Der erweiterte Infinitiv mit "zu" steht in seiner Gewichtung im Satz zwischen Satzteil und Nebensatz. Nach der alten Rechtschreibung wurde er mit Komma abgesetzt, da er eine zweite Prädikation beinhaltet neben der des Hauptsatzes (zwei Sätze werden hier zu einem zusammengefasst). Nach der Neuen Rechtschreibung musst du das nicht mehr, kannst es aber.

Nun gibt es einen Unterschied zwischen formalen Regeln und Stilregeln. Jeder, der mit der alten Rechtschreibung aufgewachsen ist und ein Gefühl für Satzstruktur hat, wird es als falsch bzw. inkompetent empfinden, wenn das Komma nicht dort steht. Du solltest es also setzen.

-> Ich kann mir gut vorstellen, in diesem Personenkreis und Ihrer Einrichtung zu arbeiten.

  1. Man arbeitet nicht "in einem Personenkreis", sondern in einem Team (z.B.) oder mit Personen; "Personenkreis" wird verwendet, wenn es um eine Gruppe von Leuten geht, aus der jemand herausgefiltert werden soll, also zum Beispiel Tatverdächtige, mögliche Opfer, Adressaten ... "Können Sie den Kreis der möglichen Täter eingrenzen?" Eher negativ konnotiert - also unbedingt vermeiden!

-> Ich kann mir gut vorstellen, in Ihrem Team zu arbeiten.

Wenn dein potentieller Arbeitgeber seine Angestellten als Team auffasst, würde ich genau dieses Wort verwenden, da es durchgehend positiv bewertet ist. Die Einrichtung muss nicht unbedingt erwähnt werden, da sie ja zwangsläufig aus der Arbeit mit dem Team (das in der Einrichtung arbeitet) erfolgt, kann aber, wenn du dein Interesse an der Einrichtung besonders hervorheben willst. Der Chef/Gründer wird sich dann gebauchpinselt fühlen. Ich würde das dann aber in zwei Sätze fassen.

"gut vorstellen können" ist in der Regel zu wenig definitiv. Je nach der Stellung deines Satzes in der Bewerbung und ob du dich bereits vorgestellt und dir die Einrichtung angesehen hast, kann dort stehen:

-> Ich würde mich sehr freuen, in Ihrem Team zu arbeiten. -> Nachdem ich mir Ihre Einrichtung durch Recherche im Internet und persönliche Besuche mit wachsendem Interesse angesehen habe, kann ich mir sehr gut vorstellen, meine Fähigkeiten in Ihr(em) Team einzubringen. -> Nachdem ich mir Ihre Einrichtung durch Recherche im Internet und persönliche Besuche angesehen habe, bin ich sehr daran interessiert, meine Fähigkeiten in Ihr(em) Team einzubringen.

Willst du deine Teamfähigkeit hervorheben, willst du das konkrete Team, in dem du arbeiten möchtest (möchtest du?), hervorheben? Die Einrichtung? Jede dieser Intentionen/Funktionen bringt einen anderen Satz bzw. eine andere Reihe von Sätzen hervor

merrypotter  09.08.2011, 02:02

>> Der erweiterte Infinitiv mit "zu" steht in seiner Gewichtung im Satz zwischen Satzteil und Nebensatz.<< Was meinst du damit?

  • Was ist ein "Satzteil"?

  • Inwiefern ist ein erw. Infinitiv besonders "gewichtet"?

  • Wo kann hier ein Nebensatz sein, wenn es im ganzen Satzkonstrukt nur 1 einzige finite Verbform gibt?

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Thelema  09.08.2011, 13:06
@merrypotter

● "Satzteil" wird in der beschreibenden Grammatik (Duden ...) gerne in Opposition zu "Teilsatz" verwandt; vielleicht willst du hier "Satzglied" hören? Im einfachsten Sinne: Subjekt, Prädikat, Objekt; darüber hinaus adverbiale Bestimmung (Umstandsangabe), Attribut. Teilsätze sind demgegenüber vollständige oder als vollständig rekonstruierbare (elliptische) Sätze innerhalb eines Gesamtsatzes.

● Wo ist das Problem mit der Formulierung "Gewichtung"?

Nehmen wir eine Hierarchie in der Struktur eines Satzes an, so stehen Infinitiv- und Partizipialkonstruktionen zwischen Satzgliedern und Nebensätzen.

Mit Nebensätzen haben sie gemeinsam, 1. dass die in ihnen stehenden Verbformen durch Objekte, Adverbialbestimmungen etc. erweiterbar sind (die als Satzglieder offenbar innerhalb der Konstruktion stehen und ihr also zugeordnet oder, wenn du willst: untergeordnet sind); 2. dass ein Reflexivpronomen in der Konstruktion von dem Subjekt der Konstruktion, nicht von dem des übergeordneten Satzes bestimmt wird.

Von Nebensätzen unterschieden werden sie dadurch, 1. dass sie in der Oberfläche kein Subjekt und kein finites Verb enthalten; 2. dass es an der Oberfläche (vereinzelt) möglich ist, Teile der Konstruktion an die Spitze des Matrixsatzes (übergeordneten Satzes) zu stellen.

Du kannst jeden erweiterten Infinitiv durch einen "dass"-Satz ersetzen.

● Ich habe nicht gesagt, dass hier ein Nebensatz ist ... Wenn du hier einen verwenden willst, siehe oben: "Du kannst jeden erweiterten Infinitiv durch einen "dass"-Satz ersetzen." In diesem Fall:

„Ich kann mir gut vorstellen, in diesem Personenkreis und Ihrer Einrichtung zu arbeiten." -> „Ich kann mir gut vorstellen, dass ich in Ihrem Team und Ihrer Einrichtung arbeite.“

Du hast es zwar nur mit einem finiten Verb zu tun, aber mit zwei Prädikationen (tatsächlich sogar mit zwei Prädikaten), was du an der Umformung in einen Nebensatz erkennen kannst; der erweiterte Infinitiv hier ist, anders als in einer Verbkonstruktion mit Hilfsverb und Infinitiv, eine eigene Tätigkeitsaussage: ich kann mir vorstellen bzw. ich arbeite. Das markiert den Unterschied zwischen der Oberfläche des Satzes und seiner Tiefenstruktur.

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Thelema  09.08.2011, 13:12
@Thelema

Wen es interessiert: Die Begründungen für die Einordnung habe ich aus Helbig/Buscha, Dt. Grammatik, gezogen. Dort gibt es dann auch noch Beispiele dafür.

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merrypotter  09.08.2011, 17:54
@Thelema

Eine derartige "Fein"-Analyse (bei der ohnehin die Lehren der verschiedenen Grammatikschulen nicht konform gehen) mag zwar für Germanisten interessant sein, hilft aber einem Frager, der bei solcher Art Fragen sehr wahrscheinlich nur mit der "ordinären Schulgrammatik" aufgewachsen ist, nicht wirklich weiter - im Gegenteil. Er wird kaum folgen können, womit sein Problem leider keine Lösung erfährt.

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Thelema  10.08.2011, 23:04
@merrypotter

Die "Fein"-Analyse hast du doch selbst angefragt ... Wat willste denn eigentlich?

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Thelema  04.06.2019, 20:42
@merrypotter

Nun, nach acht Jahren, entdecke ich diesen Kommentar ... :)

Es geht hier um die Frage, ob hier ein Komma zwischen Hauptsatz und erweitertem Infinitiv stehen muss oder soll. "Gewicht" bezeichnet dabei den Anteil an der Gesamtaussage wie auch rein an der Gesamtheit der Zeichen.

Hauptsatz: Ich kann mir *das* gut vorstellen.

Man kann die semantische Erweiterung als Objektsatz gestalten (Teilsatz, Nebensatz):

Ich kann mir gut vorstellen, dass ich hier arbeite.

Man kann sie auch als Objekt (Satzteil) gestalten:

Ich kann mir meine Arbeit hier gut vorstellen (Akkusativobjekt).

Der Nebensatz wird durch ein Komma abgetrennt, weil er im Prinzip noch einmal eine eigene Aussage beinhaltet. Aber wie man im Vergleich sieht, bietet der Nebensatz keine zusätzliche Information zum Objekt. Es geht also um die Strukturierung komplexer Zeichenfolgen zum besseren Verständnis. Der erweiterte Infinitiv befindet sich in seiner Länge und Komplexität zwischen den beiden anderen Optionen. Von daher ist es eine Frage der Erfassbarkeit, ob dort ein Komma hinkommt oder nicht. Man könnte die Infinitvkonstruktion noch beliebig erweitern - ...vorstellen, mit diesen Personen und in dieser von mir als sehr angenehm und gleichzeitig produktiv empfundenen Umgebung zu arbeiten, deren ursprüngliche blablahblah. Allein schon aus Strukturierungsgründen würde man hier ein Komma setzen, weshalb das in der alten Rechtschreibung auch so gemacht wurde, die sich aus jahrhundertelanger Schreibpraxis entwickelt hat. Im Prinzip steht der Rumpfsatz vor dem Komma, alles, worauf das Verb sich bezieht, dahinter.

Nach neuer Rechtschreibung kommt übrigens immer ein Komma vor einen erweiterten Infinitiv, wenn sich im Hauptsatz ein Korrelat befindet, ein Platzhalter oder Verweiswort, also zum Beispiel das Pronomen es:

Ich kann es mir gut vorstellen, (hier zu arbeiten, dass ich hier arbeite).

Ich kann mir das gut vorstellen, hier zu arbeiten.

Du hast Recht, dass der erweiterte Infinitiv kein finites Verb bildet, aber es ist dennoch eine vollständige Prädikation (Satzaussage, Handlung); dieser Infinitiv ist nicht zu vergleichen mit infiniten Formen als Bestandteil eines komplexen Verbs (finites Hilfsverb als grammatischer Verbbestandteil + infinites Verb als semantischer Bestandteil).

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Das von dir angefragte Komma ist nach der Reform nur noch ein Kann-Komma, davor musste der erweiterte Infinitiv mit "zu" vom Satz abgetrennt werden. Die Dudenregeln dafür sind die K116 und 117. Insofern hast du nichts falsch gemacht. Ich persönlich würde hier auch das freiwillige Komma setzen, um den Satz besser zu strukturieren bzw. lesefreundlicher zu machen.

Würde der Satz noch ein "es" enthalten („Ich kann es mir gut vorstellen, ...), müsste lt. Regel K117 ein Komma stehen.

Übrigens: Das von Philipp1988 geforderte 2.Komma ist falsch. Wir haben hier keine "nähere Erläueterung", sondern nur eine Lokaladverbiale.

Thelema  09.08.2011, 13:11

Wo soll laut Philipp 1988 das zweite Komma stehen? Vor dem "zu"? Zitier bitte mal! Quelle und Link wären auch nicht schlecht ... :-)

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merrypotter  09.08.2011, 17:44
@Thelema

„Ich kann mir gut vorstellen, in diesem Personenkreis und Ihrer Einrichtung, zu arbeiten.“<

Eintrag des Users Philipp1988 folgt (momentan) direkt als nächster.

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Ja, mit Komma - es ist richtig, so, wie du es geschrieben hast!

Nennt man, soweit ich mich erinnere "erweiteter Infinitiv"!

merrypotter  07.08.2011, 21:36

Diese alte Regel ist reformiert worden: erweiterte Infinive müssen nicht mehr zwingend mit Komma abgetrennt werden, nur noch in bestimmten Fällen. Im vorliegenden Satz kannst du ein Komma setzen - oder auch nicht.

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