Ich bräuchte überzeugende Argumente und Gründe wieso Faust 1 in der Schule gelesen werden sollte?

3 Antworten

1. Weil Faust DAS zentrale Werk der deutschen Literatur ist und damit zur Allgemeinbildung eines Akademikers gehören sollte. Es lässt bis heute die Menschen nicht ruhen. Es wird laufend aufgeführt, vertont, illustriert, verfilmt, übersetzt, parodiert.

2. Weil Faust eine menschliche Problematik enthält, die heute aktueller denn je ist: Wie weit darf der Mensch gehen in seinem Forscherdrang?

3. Weil Faust I eine der anrührendsten Liebesgeschichten enthält

4. Weil Faust I Tragik, Komik, Magie und Humor verbindet

5. Weil in Faust I eine der besten Satiren aller Zeiten auf den hohlen Wissenschaftsbetrieb enthalten ist (Schülerszene)

6. Weil Mephisto eine hochinteressante Gestaltung des Bösen ist, viel differenzierter als der übliche "Teufel". M. ist ja hier ein Werkzeug Gottes. 

Schlicht deswegen, weil Goethes Faust nicht nur das "opus maximum" des bedeutendsten Dichters der deutschen Klassik ist, sondern auch das Hauptwerk dieser Literaturepoche insgesamt. Ich möchte darüber hinaus behaupten, dass es das Werk ist, das repräsentativ für "Deutsche Literatur" steht und deren herausragende Stellung in der Weltliteratur begründet hat (ähnlich wie Dantes "Divina comedia" für die die italienische Literatur steht)

Haldor  12.12.2016, 22:58

Zu ergänzen wäre noch: dass in diesem Werk, stellvertretend durch Faust und seine Wette mit Mephistopheles, die verschiedenen existentiellen Seinsweisen des Menschen in einmalig sprachlicher Gestalt und beeindruckender dramatischer Szenenfolge abgehandelt werden. In Faust erscheint der nach letzter Erkenntnis strebende, andererseits der von Sehnsucht nach irdischen Begierden sich verzehrende Mensch („Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust!“).

Die unterschiedlichen Seinsweisen des Menschen werden ständig von Goethe herausgearbeitet: Der krasse Materialist, der zum
Augenblicke sagt: verweile doch, du bist so schön (Wette), oder die
Verlockung des reinen Lebensgenusses (Auerbachs Keller), die Verlockung der Sinnlichkeit und des kleinbürgerlichen Lebens durch Gretchen, andererseits das zunächst verworrene Streben des Menschen nach der Klarheit höchster Erkenntnis (beschrieben vom „Herrn“ im Prolog im Himmel); am Schluss von Faust 1 dann der Aufbruch Fausts mit Mephisto, um durch eine Reise in die Welt sein Erkenntnisstreben zu verwirklichen, wobei Mephisto immer an die Erfüllung seiner Wette denkt, Faust auf seine, Mephistos, Bahn (reiner Sinnen- und Lebensgenuss) herunterzuziehen.

Gleichzeitig wird in Faust 1 vorgeführt, wie der Mensch bei seinem Streben leicht Schuld auf sich lädt: Obgleich er wusste, dass die Kleinbürgerin Gretchen als Frau für ihn, den nach Erkenntnis Strebenden, nicht in Frage kommt, verführt er sie und stürzt sie ins Verderben. Zwar erkennt er am Schluss seine echte Liebe zu Gretchen, aber diese Erkenntnis und sein Rettungsversuch müssen scheitern. -

Alle diese existentiellen Fragestellungen und Gegebenheiten, denen sich jeder Mensch gegenübergestellt sieht und mit denen er sich auseinandersetzen muss, werden in Faust 1 behandelt.

In Faust 2 geht diese Auseinandersetzung des Menschen, vertreten durch Faust, weiter, allerdings auf einer höheren Ebene. In Faust 2 wird also das Streben des höheren Menschen dargestellt, der mit Kaiser und Fürsten verkehrt und schließlich als Unternehmer (Kapitalist) große Projekte zugunsten der Menschheit schafft.

0

Faust setzt sich mit einer uralten und dennoch zeitlosen Problematik auseinander, auf die der wissbegierge und forschende Mensch stößt. Mit dem Wissen wächst der Zweifel. Dies wird in Fausts Monolog:"Habe nun ach Juristerei und Medizin und leider auch Philosophie studiert durchaus mit heißen Bemühen...und sehe das wir nichts wissen können.",wie auch in der Aussage: "Es irrt der Mensch solang er strebt." deutlich. Goethe selbst wird das Zitat:"Wer nicht mehr irrt und nicht mehr liebt, der lasse sich begraben" zugeschrieben. Schon Sokrates hat sich mit dem Nichtwissen und der Fehlbarkeit der Menschen auseinander gesetzt. Von ihm stammen die Worte:"Ich weiß das ich nichts weiß". Faust befindet sich in seiner inneren Zerissenheit über das Nichtwissen in einer existentiellen Kriese. Dieser versucht er zum Beispiel mit einer spirituellen Geisterbeschwörung entgegen zu wirken. Für mich ist Faust in der Deutschen Literatur hoch im Diskurse.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung