Hat Faust Gretchen wirklich geliebt?
Vor einiger Zeit hatte ich eine ziemliche Diskussion mit meiner Lehrerin darüber, ob Faust Gretchen wirklich geliebt hat.
Sie war der Meinung (soweit ich mich erinnere), dass er anfangs noch eher von Lust gesteuert war und dann in der ersten Szene in ihrer Wohnung anfängt, wirklich Liebe für sie zu empfinden.
Ich dagegen bin der Meinung, dass er die ganze Zeit nur von Mephisto manipuliert wird. In der Hexenküche wird gesagt:
Du siehst, mit diesem Trank im Leibe,
Bald Helena in jedem Weibe.
Nach meiner Interpretation soll der Zaubertrank auch sein Verlangen nach Frauen wecken und ihn dazu bringen, sich zu verlieben. Dass ihm dann Gretchen über den Weg läuft und zum Objekt davon wird, ist ein unglücklicher Zufall. Für wirkliche Liebe halte ich das aber nicht, da er eben nur durch den Trank dazu gebracht wird.
Im Nachfolgenden hilft ihm Mephisto weiter, weil er will, dass Faust das Glück und Zufriedenheit findet und zum Augenblicke sagt: "Verweile doch, du bist so schön.". Dann wäre ja die Wette gewonnen und könnte Faust versklaven.
Die ganze Liebesgeschichte halte ich also für sehr wenig romantisch, sondern für die Manipulation des Teufels, die schließlich dafür sorgt, dass ein unschuldiges Mädchen zu Tode kommt.
Gibt es einen Fehler in meiner Interpretation?
Was ist eure Meinung zu der Beziehung?
5 Antworten
Bei all den Antworten hier kann man es sich insofern etwas einfacher machen, dass man nicht fragt, ob er sie geliebt hat, sondern wie er sie geliebt hat. Natürlich kann man das nur mit dem klären, was der Text für die fiktiven Figuren liefert. Aber solche literarischen Figuren sind auf ihre Weise durchaus lebendig und damit interessant.
Übrigens gilt ja auch im normalen Leben, dass es viele verschiedene Arten von Liebe gibt.
Und was den Zaubertrank angibt, so wirkt der wohl nur am Anfang - siehe Widerstand gegen Mephisto im Schlussteil.
Grundsätzlich möchte ich dir recht geben; Faust war "verteufelt" und daher zu echter Liebe gar nicht fähig. Aber es kommt hinzu: Das faust-Drama erzählt ja keine realistische Handlung oder Geschichte; denn der Ausgangspunkt, nämlich die Wette zwischen Gott und dem Teufel (" s.Prolog im Himmel"), zeigt ja, wie abstrakt das Ganze ist. Es geht um "künstlich" ausgedachte Personen, nicht um solche, die tatsächlich existieren (auch wenn das in Bezug auf Gretchen nicht so scheint , weil ihr Schicksal realistischer dargestellt ist als in den meisten anderen Szenen.
Du weisst aber schon, dass beide literarische Figuren sind, oder? Von wahrer Liebe kann da wohl keine Rede sein.
🤔 Bei Romeo und Julia kann man auch nicht von wahrer Liebe sprechen?
Was bedeutet "wirklich"?! Faust ist erdichtet, also sind auch seine möglichen Gefühle erdichtet. Die Frage was "wirklich" war, muss ins Leere gehen, denn nicht mal er ist real.
Wenn DU ihm andichtest, was er fühlt, so denn. Passt so.
Hat Faust Gretchen wirklich geliebt?
Das kann man mit einem klaren NEIN beantworten. Beides sind nur fiktive Figuren. Da ist nichts "wirklich".
Gruß
So ist das.
Der "böse Wolf" war nie böse. Gott war nie lieb. Hänsel und Gretel haben sich nie verlaufen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute stimmt ebenfalls nicht, sie haben nie gelebt, sind nie gestorben.
Gruß
Kennst du die 'brain in the box'-Theorie? Danach bist du auch nur ein Gedanke 'Gottes' = dich gibt es in Wirklichkeit auch nicht 😉
Gruß
Klar kenne ich, ist ein Gedankenexperiment.
Gedanke Gottes ist natürlich Unsinn.
Gruß
Romeo und Julia sind auch fiktive Figuren und deshalb haben sie sich auch nicht geliebt?