Ich bin ein Transgender kann man Name und personenstansänderung vor Testo machen lassen? Wenn ja wie?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo.

Du kannst die Vornamens- und Personenstandsänderung (kurz: VÄ/PÄ) schon vor dem Beginn der Hormonbehandlung beantragen. Dafür musst du einen Antrag beim zuständigen Amtsgericht stellen (in Brandenburg ist es beispielsweise das AG Potsdam). Dafür musst du zum AG, herausfinden, wer dafür zuständig ist (offen und direkt fragen hilft da am ehesten) und bei dieser Person einen formlosen Antrag abgeben ("Hiermit betrage ich eine Vornamens- und Personenstandsänderung gemäß §1 TSG von weiblich zu männlich.").Sobald der Antrag eingereicht ist, musst du Folgendes machen:

  1. einen Kostenvorschuss in Höhe von X€ überweisen (bei mir waren es damals 2000€). Du kannst jedoch Prozesskostenhilfe beantragen, wenn du die Kosten nicht selbst tragen kannst, weil dein Einkommen zu gering ist (Schüler, Student, arbeitslos, geringes Einkommen) und du keine Ersparnisse hast. Eine Schul- oder Studienbescheinigung ist immer ein guter Beleg.
  2. eine aktuelle Geburtsurkunde einreichen
  3. einen Lebenslauf hinsichtlich Transsexualität (Entwicklung, wie zur Erkenntnis gelangt etc) (Ein Text über deine bisherige Entwicklung ist dabei ganz angebracht; beschreibe deine Empfindungen und deinen Verlauf. Auch ein Alltagstest sollte vorzugsweise schon begonnen und deutlich erwähnt werden.)
  4. einen konkreten Vornamen angeben, den du später führen möchtest (es ist auch möglich diesen erst beim Anhörungstermin dem Richter mitzuteilen)

Ist alles richtig eingereicht (wenn nicht, dann teilt man dir das schon mit), wirst du vorgeladen. Allerdings nicht in einen großen Verhandlungssaal, sondern in ein Zimmer mit einem Richter/einer Richterin, mit dem du das Gespräch führst (spätestens jetzt musst du deinen Vornamenswunsch angeben).

Ist dies geschafft, musst du zu zwei unabhängigen Gutachtern, die anhand einiger Punkte feststellen sollen, ob bei dir eine Transsexualität vorliegt. Wie viele Termine jeder Gutachter dabei haben will, ist unterschiedlich. Das kann von 1-2 bis hin zu fast 10 Terminen reichen. Die Gutachten werden direkt an das Amtsgericht geschickt und von da an dich in Kopie. Danach heißt es warten.

Bei mir hat es 8 Monate gedauert, was relativ gut im Schnitt liegt. Wenige schaffen es in einem halben Jahr oder weniger (die Mühlen der deutschen Bürokratie mahlen langsam), einige brauchen länger.


Was kann den Prozess beschleunigen und wie steht es mit Testosteron in Bezug auf VÄ/PÄ: Du kannst Dringlichkeit ausdrücken, da du beispielsweise die Schule wechselst oder eine Ausbildung anfängst und dafür direkt mit dem neuen Vornamen und dem richten Geschlecht starten willst. Dies kann den Prozess beschleunigen. Ebenso kann es schneller gehen, wenn du bereits Testosteron nimmst und abzusehen ist, dass dein körperliches Erscheinungsbild bald nicht mehr zum weiblichen Namen und Geschlecht passt und somit bei falschen Namen/Geschlecht mit Nachteilen in der Gesellschaft zu rechnen ist. Das kann die Sache beschleunigen, muss aber nicht.


Sind operative Eingriffe notwendig, um den Antrag bewilligt zu bekommen bzw. überhaupt stellen zu können: Nein. Am 11. Januar 2011 erging ein Beschluss des Bundesverfassungsgericht, nach dem keine geschlechtsangleichenden Operationen für den Antrag durchgeführt worden sein müssen. Dies betrifft §8 Absatz 3 und 4 des TSG (nachlesbar im Link von SunshineLilly). Dadurch konnte ich damals VÄ und PÄ zusammen beantragen, da es im Juni 2011 noch keine weiteren Regelungen dazu gab. Ich konnte keine Informationen dazu finden, dass sich das geändert hat. Hier ein Link, bei dem in den Fußnoten auf den Beschluss vom Januar 2011 hingewiesen wird: http://www.gesetze-im-internet.de/tsg/__8.html   Sollte dein zuständiges Amtsgericht das anders sehen, solltest du dich nicht scheuen genau das vorzulegen und auf dein Recht zu bestehen.



Das wäre es zum Prozess der VÄ/PÄ, wenn ich nichts vergessen haben. Wichtig anzumerken zur Prozesskostenhilfe ist, dass innerhalb von 4 Jahren in unregelmäßigen Abständen mehrfach nachgefragt werden kann, ob sich deine finanzielle Situation geändert hat und du die Kosten doch tragen kannst. Es empfiehlt sich also erst nach 4 Jahren Lotto zu spielen.


Ich hoffe, das hilft dir weiter.

Ich wünsche dir alles Gute!

Gruß.

verreisterNutzer  28.07.2017, 01:18

Vielen Dank :) ich habe nicht gedacht das es so teuer sein wird, auch wenn ich es nicht bezahlen kann hoffe ich, dass es irgendwie geht.

Wünsche dir auch noch alles gute

Liebe Grüße Manuel :) 

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sangreazul  28.07.2017, 09:17
@verreisterNutzer

Erst einmal: Danke für's Sternchen. 

Die Höhe der Prozesskosten kann aber auch variieren (da scheint jedes Amtsgericht sein eigenes Süppchen zu kochen). Ich habe schon von verschiedenen Beträgen zwischen 1000€ und 4000€ gehört. Unabhängig von deinem Vermögen lohnt es sich immer Prozesskostenhilfe zu beantragen. Der Antrag nimmt nicht so viel Zeit in Anspruch, also kann man es ruhig versuchen. Bei mir hat es auch geklappt, obwohl ich zeitweise einen Minijob und ein paar hundert Euro auf dem Konto hatte.

Wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf?

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verreisterNutzer  28.07.2017, 13:27
@sangreazul

Gerne deine Antwort war ja die hilfreichste Antwort :)

So viel ich weiß nicht ob ich jemals so viel bezahlen kann. Aber ich werde es ja sehen :) 

Ich bin 18 

Liebe Grüße Manuel :)

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sangreazul  29.07.2017, 09:24
@verreisterNutzer

Wenn du es nicht bezahlen kannst, dann musst du auch nicht. Dafür ist ja die Prozesskostenhilfe da. Mit 18 Jahren sollte man auch etwas Druck machen können, dass die VÄ/PÄ etwas schneller durch geht, da man eine Ausbildung oder ein Studium mit dem richtigen Vornamen und Geschlecht beginnen kann.

Wünsche dir auf jeden Fall alles Gute - und lass dich nie unterkriegen.

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Hallo,

das ist alles im Transsexuellengesetz geregelt. Den vollständigen Text des Gesetzes findest du hier: https://www.gesetze-im-internet.de/tsg/BJNR016540980.html#BJNR016540980BJNG000100311

Die Vornamen einer Person sind nach dem TSG auf ihren Antrag vom Gericht zu ändern, wenn

1. sie sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben,

2. mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird

Voraussetzung für oben genanntes ist nach dem TSG u.a., dass die betreffende Person sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist.

Also: Nein! Es ist vorher nicht möglich.

Alles Gute

sangreazul  27.07.2017, 12:28

Hallo SunshineLilly. Danke, dass du hier schon den Link zum TSG gepostet hast. Allerdings steht in einer Fußnote zum §8 (der eben die Voraussetzungen zur VÄ/PÄ regelt), dass nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2011 die äußeren Geschlechtsmerkmale nicht durch geschlechtsangleichende Eingriffe verändert worden sein müssen.

Also: Ja, es ist vorher möglich.

Es ist ein kleine Fußnote, aber die macht viel aus (: Wollte nur darauf hinweisen.

Gruß.

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Hallo. Ich meine mal irgendwo gelesen zu haben, dass man nach dem Transsexuellengesetz, eine Namensänderung erst danach auf Antrag vornehmen lassen kann. 

Aber das ist wirklich nur Hörensagen. Schaue dir das passende Gesetz einfach mal in ruhe an. Vielleicht bist du dann etwas schlauer.