Hatte der Versailler Vertrag der Demokratie in Deutschland erheblich geschadet?

4 Antworten

Um der Geschichtsrevisionistischen Darstellung von Stressika etwas entgegen zu setzen sei euch beiden dieses ans Herz gelegt:

https://www.gutefrage.net/frage/der-versailler-vertrag-katastrophe-oder-chance-fuer-de#answer-365887979

Die alten Machteliten, insbesondere das Militär, haben die Deutschen über die tatsächliche militärische Lage im Unklaren gehalten und damit auch den Boden für die Dolchstoßlegende gelegt.

LindaSeppy 
Fragesteller
 31.12.2021, 12:24

vielen dank für deinen link sehr interessant und deinen beitrag!

Geschichtsrevisionistischen Darstellung von Stressika

wo genau? weil dolchstosslegende und belügen des volkes nicht genannt wurden? der rest besteht aus belegbaren fakten! Liebe Grüsse aus HH! LindaSeppy

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ArnoldBentheim  31.12.2021, 14:46
@LindaSeppy
weil dolchstosslegende und belügen des volkes nicht genannt wurden?

Ganz genau! Denn das war grundlegend und muss man bei einer historischen Einschätzung berücksichtigen, wenn man die damaligen Vorgänge und Entwicklungen in Deutschland verstehen will.

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DerRoll  31.12.2021, 15:21
@LindaSeppy

Nun, Dolchstoßlegende und Belügen des Volkes waren nun mal instrumental bei der Akzeptanz des Vertrages im Volk und vor allem bei der Ausnutzung der Situation durch die Rechtsextremen. Demzufolge ist das bewußte Verschweigen dieser beiden Fakten geschichtsrevisionistisch.

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Cwmystwyth  31.12.2021, 12:52

Und das Wissen um die militärische Lage ist ein wichtiger Grund, das Kaiserreich abzulehnen und die Republik zu begrüßen? Ich sehe den kausalen Zusammenhang nicht. Vielleicht kannst Du das belegen?

Ich möchte auch bezweifeln, dass die Ausweglosigkeit der Situation, so wie sie sich 1918 darstellte, in der Bevölkerung nicht bekannt war. Es gab zweifellos eine Mehrheit, die ein Kriegsende begrüßte. Damit war aber nicht zwingend das Ende der Monarchie verknüpft. Das hat nur eine Minderheit im linken politischen Spektrum geforderrt.

Und noch ein Tipp: die Benutzung eines Worts wie "Machteliten" rückt Dich in eine Ecke, in der es Dir schwer fallen wird, dass jemand ernsthaft mit Dir diskutieren möchte.

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Cwmystwyth  31.12.2021, 13:25
@DerRoll

Du hast ein weltanschaulich getriebenes Geschichtsbild, das leider mit der Realität wenig zu tun hat.

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ArnoldBentheim  31.12.2021, 14:59
@Cwmystwyth
Ich möchte auch bezweifeln, dass die Ausweglosigkeit der Situation, so wie sie sich 1918 darstellte, in der Bevölkerung nicht bekannt war. Es gab zweifellos eine Mehrheit, die ein Kriegsende begrüßte.

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun! Die Deutschen waren kriegsmüde: lange Kriegsjahre, hohe Verluste, Versorgungsengpässe und Hunger. Aber wie es um die tatsächliche militärische Lage stand, wusste bis fast zum Schluss noch nicht einmal der Oberste Befehlshaber, der Kaiser, der nach den Eröffnungen seiner Obersten Heeresleitern aus allen Wolken fiel! Man kann das, was damals geschah, z. B. in den Erinnerungen des Kaisers und auch Ludendorffs sehr schön nachlesen.

Damit war aber nicht zwingend das Ende der Monarchie verknüpft. Das hat nur eine Minderheit im linken politischen Spektrum geforderrt.

Die Monarchie hat sich selbst erledigt! Wilhelm II. und der Thronfolger hatten sich selbst erledigt und waren nach der Fahnenflucht Wilhelms II. auch nicht mehr vermittelbar. Andere geeignete Thronfolger standen nicht zur Verfügung. Auch alle anderen Monarchen räumten sang- und klanglos ihre Throne, keiner riskierte sein Leben für seine Stellung! Kurz: die Monarchie ging freiwillig in politischen Konkurs!

Die Staatsform Deutschlands nach dem WK I blieb zunächst und nach dem Willen nicht zuletzt der führenden SPDler offen und wurde erst durch die Weimarer Nationalversammlung zugunsten einer Republik geregelt.

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ArnoldBentheim  31.12.2021, 15:01
@Cwmystwyth
Du hast ein weltanschaulich getriebenes Geschichtsbild, das leider mit der Realität wenig zu tun hat.

Mit solchen Fehlurteilen solltest du angesichts deines eigenen Beitrages hier vorsichtig sein!

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earnest  01.01.2022, 10:06
@Cwmystwyth

Nein, das Ende der Monarchie wurde nicht nur "von einer Minderheit im linken politischen Spektrum gefordert." Das ist ein Verdrehen der Fakten.

Und zudem: Die Monarchie hat sich in der Person Wilhelms quasi selbst erledigt.

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Von Experte Stressika bestätigt

Es war wohl weniger der Versailler Vertrag als der holprige, ungewollte Start in eine neue Zeit.

Die Abdankung des Kaisers und die Ausrufung der Republik wurde von einem guten Teil in der Bevölkerung nicht gewollt. Der Krieg wurde in Deutschland nicht als ungerecht empfunden in einer Weise, dass Deutschland eine Kriegsschuld trifft. Noch war der Kaiser eine durchgängig ungewollte Person. Demgegenüber standen natürlich die Lasten eines Krieges. Die Forderung nach einem Ende des Kriegs hat nicht zu einer breiten Ablehnung der Regierungsform geführt. Auch die (eher lahme) Revolution wurde nur von einer Minderheit getragen. Deutschland war eben ein sehr konservatives Land.

Nach meiner Einschätzung bestand in Deutschland kein Bedarf an einer demokratischen Republik. Dass die Republik dann nach dem Versailler Vertrag noch die Lasten der Kriegsschulden tragen musste, hat ihr nicht geholfen. Das Land hat sich 1933 einen neuen "Kaiser" gesucht, jedoch ohne zu wissen, welche Dämonen sie damit beschworen haben.

LindaSeppy 
Fragesteller
 31.12.2021, 12:27

klasse beitrag ganz lieben Dank! Liebe Grüsse LindaSeppy

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ArnoldBentheim  31.12.2021, 15:17
@LindaSeppy
klasse beitrag ganz lieben Dank!

Dein positives Urteil war vorschnell!

Die Abdankung des Kaisers und die Ausrufung der Republik wurde von einem guten Teil in der Bevölkerung nicht gewollt.

Die Mehrheit der Deutschen, selbst Konservative und Monarchisten, waren vom Kaiser und seiner Fahnenflucht nach Holland sowie vom Kriegsausgang enttäuscht. Der Zorn über mehr als vier entbehrungsreiche Jahre ohne versprochenen Sieg war allgemein!

Der Krieg wurde in Deutschland nicht als ungerecht empfunden in einer Weise, dass Deutschland eine Kriegsschuld trifft.

Das lag an der Regierungspropaganda 1914, die dem Volk einen Verteidigungskrieg vorgelogen hatte!

Noch war der Kaiser eine durchgängig ungewollte Person.

1918 war der Kaiser als Person "ungewollt", selbst bei Monarchisten!

Demgegenüber standen natürlich die Lasten eines Krieges. Die Forderung nach einem Ende des Kriegs hat nicht zu einer breiten Ablehnung der Regierungsform geführt. Auch die (eher lahme) Revolution wurde nur von einer Minderheit getragen. Deutschland war eben ein sehr konservatives Land.

Die Revolution war nicht vollständig durchgeführt worden. Militär und politische Eliten blieben weiterhin in ihren Stellungen. Die Übergangsregierung bis zur Weimarer Nationalversammlung ließ die Staatsform offen. 1919 wurde Deutschland zur Republik, weil es keinen geeigneten Thronkandidaten gab. Die Stellung des Reichspräsidenten wurde ersatzweise monarchisch ausgestaltet. Dieses traditionelle Entgegenkommen dem Staatsoberhaupt gegenüber erwies sich ein Jahrzehnt später als Fehler.

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earnest  01.01.2022, 09:30
@ArnoldBentheim

Das ist eine in der Tat notwendige Korrektur dieser unzutreffenden Antwort. Vielen Dank dafür!

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earnest  01.01.2022, 11:37
@earnest

Manche Nutzer sind ohne "Experten"-Titel Experten.

Das zeigt sich wieder einmal hier.

Und das sage ich als "Experte" für "Philosophie und Gesellschaft" sowie als "Experte" für "Begriff"...

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earnest  01.01.2022, 09:29

Wie erklärst du dir dann die breite Zustimmung für die demokratischen Parteien in den ersten Wahlen der Weimarer Republik?

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Dass die Weimarer Republik gescheitert ist, lag in erster Linie daran, dass es zu wenige Demokraten und zu viele Feinde der Demokratie gab. Die Feinde der Demokratie haben allerdings den Versailler Vertrag intensiv genutzt, um ihre Ziele zu verfolgen, wie heute die Feinde der Demokratie Corona nutzen, um ihre Ziele zu verfolgen.

Ah, da ist wieder unsere HH-Grüsserin.

Nein. Die Deutschen hätten mit dem Vertrag von Versailles sehr gut leben können.

Hätten sie ihn eingehalten, hätten sie heute ein grösseres Staatsgebiet als sie tatsächlich haben.

Es war ganz zu ihrem Nachteil, diesen Vertrag zu brechen.

Cwmystwyth  31.12.2021, 12:44

Was für eine interessante Sichtweise! Ich kenne allerdings keinen Historiker, der diese Meinung stützt. Hast Du eine Quelle dazu?

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ArnoldBentheim  31.12.2021, 14:42
@Cwmystwyth
Was für eine interessante Sichtweise! Ich kenne allerdings keinen Historiker, der diese Meinung stützt.

Da braucht es keines Historikers, um diese "Sichtweise" zu bestätigen. Jeder, der nachdenken kann, wird zur Einsicht gelangen, dass eine breite Unterstützung der erfolgreichen Vertragsrevisionspolitik der Weimarer Politiker den Nazis keine Chance auf politische Macht gelassen hätte und daher ein neuer Krieg vermieden worden wäre.

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earnest  01.01.2022, 09:31
@Cwmystwyth

Ich "kenne" viele Historiker, die diese Sichtweise "unterstützen".

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earnest  01.01.2022, 09:32

Eine sachlich korrekte Antwort.

Ja, das ständige HH macht in der Tat nachdenklich.

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