Hat das Gehirn theoretisch unendlich viel Datenvolumen also könnte man 100 Bücher auswendig lernen und die abrufen?

14 Antworten

Das menschliche Gehirn verfügt schätzungsweise über 100 Milliarden (1011) Nervenzellen. Diese sind schon bei der Geburt vorhanden, haben jedoch noch einen unfertigen Aufbau und werden durch Lernprozesse nach und nach - bis etwa zum Ende der Pubertät – miteinander vernetzt. 

Danach enthält das Gehirn ca. 100 Billionen (1014) Verbindungen (Synapsen), so dass im Durchschnitt jede Nervenzelle mit 1 000 Anderen verbunden ist. Das Lernen dient also nicht allein der Speicherung neuen Wissens, sondern auch zur Strukturierung des Gehirns.

Das Gehirn wird durch unsere Sinne permanent mit einer Unmenge von Daten überflutet. Da nur ein kleiner Teil dieser Informationen überhaupt verarbeitet werden kann und wirklich benötigt wird, muss das Gehirn diese filtern und sortieren. 

Informationen werden ( vereinfacht gesagt ) im Kurz- beziehungsweise Langzeitgedächtnis gespeichert. Das Kurzzeitgedächtnis wird vom Langzeitgedächtnis dadurch unterschieden, dass es Informationen für eine kurze Zeit speichert und eine deutlich niedrigere Speicherkapazität als das Langzeitgedächtnis hat. Die Informationen im Kurzzeitgedächtnis sind wenige Sekunden bis wenige Minuten abrufbar ehe sie wieder vergessen werden.

Worte sind eine Informationseinheit, da sie aus mehreren Buchstaben bestehen. Ob eine durch Sinnesorgane aufgenommene Information ins Kurzzeitgedächtnis gelangt oder nicht, ist davon abhängig, welche Bedeutung ihr beigemessen wird.

Also stellt sich die Frage: Ist es sinnvoll, dass man 100 Bücher auswendig lernt?

Die Speicherkapazität des Langzeitgedächtnisses ist nahezu unbegrenzt. Das Langzeitgedächtnis speichert gelernte Fakten, persönliche Ereignisse und Fertigkeiten. Es speichert Informationen, die als wichtig erachtet werden, mit bekanntem Wissen verknüpft werden können oder von emotionaler Bedeutung sind.

Das Auswendiglernen spielt in der Schule und beim Studium, aber auch in vielen anderen Bildungsbereichen seit jeher eine wichtige Rolle. Besonders bekannt ist das Auswendiglernen bei Vokabeln oder Gedichten. Auch Formeln und Handlungsabläufe werden oft auswendig gelernt.

Durch das Auswendiglernen kann elementar wichtiges Grundwissen  aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Doch welchen Sinn macht es, 100 Bücher auswendig zu lernen? Ein Mensch, der diese Leistung erbringen möchte, muß eine besondere Motivation haben:

Er will beweisen, dass er Außergewöhnlichiches leisten kann. Eventuell hat er die Absicht, bei einemTalentwettbewerb im Fernsehen aufzutreten. Nur was der Mensch selbst für sinnvoll hält, das, was ihn neugierig macht, wird er langfristig behalten. Von außen initiierte Lernprozesse hingegen erreichen allenfalls das Kurzzeitgedächtnis. 

"Der Geist des Menschen ist nicht ein Gefäss, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entfacht werden will." (Plutarch)

https://gutezitate.com/zitat/132658 - (Menschen, Medizin, Biologie)

Hi,

ja das ist möglich. 

"Unendlich" würde ich allerdings nicht sagen, unendlich ist nichts außer menschlicher Dummheit oder dem Universum (Einstein) ;)

ich habe mal einen Autisten erlebt, der hatte eine komplette Bibliothek abgespeichert und las auch den ganzen Tag nur (zwingend). 

Man konnte irgendwo ein Band rausziehen und einen Satz zitieren und er gab an, welche Reihe, welcher Stellplatz, Autor, Kapitel, Absatz + Seite. Das war "mindblowing" für einen Otto-normal-Verbraucher und eröffnete ansatzweise, was möglich sein würde und dass davon normalerweise nur ein Teil genutzt wird. 

Jedoch gehen diese super-optimalen Leistungen offenbar zu Lasten von anderen Funktionen und Fähigkeiten. Denn z.B. das Zwischenmenschliche, mit Menschen umgehen, auf Menschen zugehen, Empathie empfinden, zu kommunizieren, zu fühlen, wie jemand denkt, in welcher Verfassung er ist, Nähe zu beurteilen, fühle ich mich wohl oder muss ich flüchten, was will der andere gerade von mir, scheint ziemlich viel Ressourcen zu verschlingen. Etwas was bei Autisten oft suboptimal ausgeprägt ist, d.h. dort hat offenbar eine Leistungsverschiebung stattgefunden, so dass es andererseits zu erstaunlichen Fähigkeiten in einem eng begrenzten Bereich kommen kann, was deine Frage aber bejaht, denn diese Ressourcen besitzen wir wahrscheinlich alle, jedoch werden sie nicht freigegeben. Gruß, Cliff

CliffBaxter  27.09.2017, 12:22

das nannte sich "Autismus mit Inselbegabung" (Savant) https://www.netdoktor.de/krankheiten/autismus/savant-syndrom/

einer z.B. war dabei, der flog mit einer Cessna mit, über ein Stadtviertel und als er zurück zu Hause war, begann er mit einem Stift auf einer großen Leinwand ein Stadtbild von oben zu entwerfen. 

Dort waren z.B. Straßenverläufe, Wege, Häuser, Fenster an den Häusern, Eingänge, Dachformen, Firstausrichtung, quer zur Straße, längs zur Straße, zusammenhängend, getrennt, groß, klein, Schornsteinen auf den Dächern, Dachgauben, insgesamt eine enorme Fülle an Details. 

Als man es dann später mit einem Luftbild vom gleichen Rundflug verglich, zeigte sich, dass diese Details alle stimmten. Sowas hatte ich bis dato noch nie gesehen. Unglaublich beeindruckend. Ich hätte glaube ich, nicht mal 3 Häuser in den richtigen Proportionen und den zugehörigen Details hinbekommen, geschweige denn ein ganzes Stadtviertel :D Gruß

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100 Bücher ist ja noch gar kein Datenvolumen... Da geht ja auf dem läppischen eingen GB eines eBookreaders mehr... Und jede Wette, allein deine Erinnerungen ans erste Mal würden diese 100 Bücher füllen.

Stell dir aber mal vor, nen Programmcode zu schreiben, der gleichzeitig Atmung, Kreislauf, Verdauung, Gleichgewicht halten, willkürliche Bewegung usw steuert, nebenher Sinneswahrnehmungen filtert und auswertet, dazu intelligent denken kann, inklusive Improvisationsvermögen, und das Ganze noch angepasst an die jeweilige Situation.

Also menschliche Informatiker schaffen das bisher nicht. Nichts, was Menschen herstellen können, nichtmal die neuesten Supercomputer, nimmt es mit unserem Gehirn auf.

Ich glaube das Gehirn hat noch viel mehr Kapazitäten. Ganz einfach, weil es Assoziationsketten gibt die echt komplex sind und die unser Gehirn dennoch schnell abrufen kann.

Die Frage ist eher, ob man unsere Art zu Denken in einer Kapazität ausdrücken kann. Denn es gibt extrem viele Querverbindungen. So verbinden wir beispielsweise ähnliche Absätze in Büchern miteinander um einerseits Verbindungen zu schaffen und andererseits vielleicht um Platz zu sparen.

Das ist ein echt komplexes Thema.

Wichtig für dich ist: Unser Gehirn speichert Dinge assoziativ ab. Spich: Wir verbinden Gedanken miteinander und brauchen deshalb ein oder zwei andere Eindrücke um diese auch so abspeichern zu können, damit wir sie auch abrufen dürfen.

Willst du also etwas auswendig lernen, gibt es viele Techniken die entsprechend so funktionieren.

Die Schätzungen, wieviel Speicherplatz das Gehirn hat, gehen sehr weit auseinander. Hab schon Werte zwischen 1000 GB und 2,5 Mio GB gelesen. Außerdem funktioniert die Speicherung im Gehirn so viel anders, dass man es gar nicht mit einem Computer vergleichen könnte.

Zum Vergleich: Eine eBook-Datei ist im Durchschnitt etwa 5 MB groß. Auf einem Computer mit 1000 GB Speicherplatz könnte man also 200.000 Bücher speichern, bzw. wenn die Dateien vorher komprimiert werden, wahrscheinlich über das zehnfache davon. Der Computer kann die Daten aber auch so speichern, dass er pro Buchstaben nur ein Byte braucht. Beim Gehirn funktioniert die Speicherung eher so, dass es sich den ganzen Satz nimmt, die Bedeutungen der Wörter ermittelt, sich die jeweilige Situation vorstellt und dann halt diese Vorstellung zusammen mit dem Klang der Wörter abspeichert. Das verbraucht allerdings deutlich mehr Speicher und kann oft auch nicht 100% original wieder zusammengesetzt werden. 

Der Computer hat außerdem den Vorteil, dass er an den Speicher einfach der Reihe nach Anfragen stellen kann. "Gib mir den Inhalt den Zelle 1", "Gib mir den Inhalt von Zelle 2" etc. Beim Gehirn werden die Daten eher assoziativ gespeichert. Also z.B. "Was ist passiert, nachdem der Kontakt mit der Bodenstation hergestellt war?". Meistens kann man sich an die Handlung noch gut erinnern, aber halt nicht an den genauen Wortlaut. Dazu kommt dann noch, dass man Dinge, die man nicht interessant findet, schnell wieder vergisst.

Hundert Bücher auswendig lernen, müsste also vom reinen Speicherplatz locker funktionieren, aber die Ausführung wird wahrscheinlich dein ganzes Leben in Anspruch nehmen.