Glaubten die ersten Buddhisten an die Existenz von Dämonen und der Hölle?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Also der tibetische Buddhismus, Vajrayana Buddhismus genannt, ist eine eher späte Form des Buddhismus. Er entstand aus einer Synthese zwischen dem Buddhismus aus nordindien des 3.J.h.n.Chr. & der vorher in Tibet ansässigen polytheistischen "Bön-Religion" (welche heute immer noch existiert). Ich möchte mich nicht anmaßen zu sagen, dass der tibetische Buddhismus dem ursprünglichen Buddhismus widerspricht, aber es ist unbestreitbar, dass dieser einige Zusätze enthält (was sogar der Dalai Lama nicht abstreitet).

Was war also nun der ursprüngliche Buddhismus? 100% kann man das nicht mehr heute sagen,da zu der Zeit Buddhas und den Jahrzehnten danach nichts unmittelbar verschriftlicht wurde. Jedoch wurde von Anfang auf eine adäquate mündliche überlieferung geachtet, bei der auch regelmäßig Kontrollen stattfanden. Ob sich nicht doch etwas "falsches" in diese mündliche Überlieferung eingeschlichen hat lässt sich nicht sicher sagen. Jedoch müssen wir davon ausgehen, um diese Frage beantworten zu können. Die ältesten Aufschriebe dieser Überlieferungen, welche auf Buddha zurückgehen, stammen von Sri Lanka & werden sutta-pitaka & vinaya-pitaka genannt. So müssen wir ihrem Inhalt vertrauen, wenn wir davon ausgehen, dass der "Ur-Buddhismus" noch ermittelbar ist.

In diesem Fall lautet die Antwort, ja. Buddha redet von der Hölle (Naraka) & nennt sie auch als konsequenz für ein Leben in Ungerechtigkeit. Ihr doch gibt es einen sehr entscheidenden Unterschied: es ist nicht die Hölle selber als Ort, welcher furchtsam ist, sondern die Existenzform der Lebewesen die dort leben. Insofern ist es nicht das schlimme, dass man in die Hölle als Ort kommt, sondern dass man als Lebewesen wiedergeboren wird, was in diese Hölle lebt. Diese Höllenwesen besitzen nämlich die Eigenschaft in kürzester Zeit geboren zu werden (verbunden mit den ganzen Mühen), um kurz darauf wieder zu altern & zu sterben (mit allem Leidvollen was man mit sterben verbindet). Jedoch sind diese frühen Texte bezüglich genauerer Beschreibungen sehr sparsam. Dies lässt natürlich die Frage offen, ob es im Ur-Buddhismus eine allgemeine sehr konkrete Vorstellung von der Hölle gab & wie diese aussah.

Woher ich das weiß:Hobby – aktiv praktizierender Buddhist & belesen
satian  06.12.2020, 10:17

Du hast eindeutig Recht, daß dies im buddhistischen Kanon erwähnt ist.

Ich möchte nur dahingehend ergänzen, daß nicht nur von EINER Hölle (wie z. B. im Christentum) dir Rede ist, sondern daß es geradezu eine Vielfalt davon gibt, die durch unterschiedliche "Qualitäten" gekennzeichnet sind. Namentlich sind z. B. die Erzhölle, die Gelächterhölle, heiße und kalte Höllen genannt. Diese darf man sich allerdings nicht als physische Orte vorstellen.

Natürlich gibt es - heute wie damals - Buddhisten und Gruppierungen, die von der ursprünglichen Lehre abweichen.

4

Yama ist eigentlich eine hinduistische Gottheit, und der Buddhismus ist keine einheitliche Lehre, die überall identisch gelebt wird, sondern eine recht komplexe Sache, die in etliche Gruppen und Untergruppen zerfällt, die oft etliche andere Einflüsse zu verzeichnen hatten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Yama_(Todesgott)

Der tibetische Buddhismus unterscheidet sich von anderen Formen des Buddhismus. Und auch der tibetische Buddhismus hat mehrere unterschiedliche "Schulen", die ihn unterschiedlich auslegen. Z.B. die Gelug-Schule (es gibt mind. 3 andere).

Der Buddhismus entstand ja aus dem Hinduismus (vereinfacht gesagt), und manche Dinge wurden auch fortgeführt (lokal unterschiedlich). Hinzu kommt, dass Tibeter eine andere Religion - den Bön - vor der Einführung des Buddhismus hatten.

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6n

Tibeter waren also nicht die ersten Buddhisten.

Für uns Europäer ist das etwas verwirrend, dass Asiaten oft Dinge aus 2, 3 oder mehr religiösen Richtungen zusammen nehmen - wir sind es gewohnt, dass jemand entweder nur Christ, oder nur Moslem oder nur Jude sein kann.

In Tibet kommen aber Elemente des Bön, des Hinduismus und des Buddhismus oft zusammen - ähnlich wie in Japan Shintoismus und Buddhismus zusammen kommen können und in China wiederum andere Elemente (aus dem Daoismus).

Der Buddha hat uns gelehrt das es fünf Existenzbereiche gibt:

Die Höllenwelten

Die Geisterwelten

Die Tierwelt

Die Menschenwelt

Die Himmelswelten

Buddha Gautama Sakyamuni sagt über die Höllenwelten ausdrücklich: " Was ich darüber berichte, habe ich nicht von einem anderen Asketen gehört, ich habe es selbst gesehen".

Und er lehrte uns auch wie wir es vermeiden in diesen schrecklichen Welten wiedergeboren zu werden: Ein gutes Leben führen. Mitfühlend und hilfsbereit mit anderen Wesen. Gier und Hass in uns bezwingend und uns selbst läuternd.

https://enricokosmus.com/2020/04/19/von-mamos-und-dons-eine-kleine-tibetische-geistergeschichte/

Es gibt in Tibet zahlreiche Geschichten von Dämonenbändigern und Schwarzmagiern. Der große Guru Padmasambhava, der der Legende nach mit 8 Jahren in einem Lotos erschien und den Buddhismus nach Tibet brachte, dieser Guru bändigte zuallererst die lokalen Gottheiten, Geister und Dämonen und machte sie zu Schützern des Dharma.

Der Yogi Milarepa, tibetischer Nationalheld und erleuchteter Meister, wandte nicht nur selber dunkle Zauberei an, auch wird er später zahlreiche Dämonen einladen und mit ihnen Frieden schließen. Unter anderem mit 3 baumgroßen Geschlechtsorganen. Eine wirklich reiche Bilderwelt :)

Diese Eigenheiten der Tibeter machen viel vom okkulten Image des Buddhismus aus. Übrigens kam der Buddhismus erst in 8. Jhd. n. Chr. nach Tibet, gut 1400 Jahre nach Buddha Gotama.

Die eigentliche Lehre des Buddha bezieht sich dennoch auch auf die 6 Daseinsbereiche, von denen 2 als Höllen zu bezeichnen sind. Anders als z.B. bei den theistischen Religionen ist die Hölle aber keine finale Strafe, sondern ein Durchgangsbereich, ein bardo. Alles unterliegt Veränderung, nichts ist von Dauer. Auch keine 100 Zeitalter in der Eisentrinkerhölle.

Die ersten Buddhisten glaubten an genau die gleichen "Götter" und sonstigen Wesenheiten, wie es die Hindus noch immer tun. Auch Buddha selbst hat ihre Existenz selbst nie geleunet, im Gegenteil.

Der Unterschied zwischen dem "Gottes"-Bild der Hindus und Buddhisten besteht darin, dass Letztere die "Götter" nicht als außergewöhnlich wichtig ansehen. Laut Buddhas Lehre sind diese nämlich selbst im Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt gefangen und können dem Menschen daher letztendlich keine Erlösung bieten.

Heute sind tatsächlich viele Buddhisten auch Atheisten und glauben überhaupt garnicht mehr an solche Spukgestalten.