Geschichte und Musik

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Die Französische Revolution bewirkte in der Musik allgemein eine allmähliche Verbürgerlichung. Es kam zu einer Loslösung der Kunst von Anbindungen an Hof, Kirche und Adelswelt. Öffentliche Aufführungen und Professionalisierung schritten voran, gleichzeitig gab es auch Popularisierungstendenzen.

Freiluftaufführungen standen im Vordergrund. Musik war bei den offiziellen Feiern wichtig.

Es entstand ein Verlangen nach einer nationalen Hymne und der Gedanke des Volksgesangs wurde bestimmend. Politische Ideen waren für Texte wichtig. Kampflieder begleiteten revolutionäre Aktionen, Ah! Ça ira ist ein besonders bekanntes, La Carmagnole eines für ein revolutionäres Volkslied. Die Marseillaise (1792 ursprünglich als Chant de guerre pour l’armée du Rhin entstanden)  war ein patriotisches Stück und wurde 1795 zur Nationalhymne.

Lieder/Chansons, Hymnen und Märsche entstanden. Stilistisches Hauptmerkmal der Revolutionshymne war die instrumentale Begleitung durch ein Militärorchester (Harmonieorchester), typisch wurde die Verbindung von vergrößertem Blasinstrumentarium, Schlagzeuginstrumenten und großem Chor.

Die Nationalgarde spielte eine wichtige Rolle. Bernard Sarrette (ein Schreiber bei der Militärverwaltung) sammelte am 13. Juli 1789 45 Musiker um sich und wurde so zum Begründer des Musikkorps der Nationalgarde. Aus einem Institut National de Musique 1793 ging 1795 das Conservatoire de Paris hervor.

Am 14. Juli 1790 dirigierte bei der Feier des 1. Jahrestags auf dem Marsfeld der aus Belgien stammende François-Joseph Gossec mit seinem Le Chant du 14 Juillet vor 4000 Choristen und 300 Orchestermusikern.

Bei der Überführung des Grafen Mirabeau und des Aufklärers Voltaire in das Pantheon 1791 erklang Gossecs Marche lugubre, das Vorbild der großen Trauermärsche des 19. Jahrhunderts.

Gossec  schrieb 1792 L’Offrande à la liberté (das Freiheitsopfer) eine für Tenor, Chor und Orchester gesetzte dramatische Kante über die Marseillaise, 1793 Le triomphe de la Républiqué, im Mai 1794 die Hymne L'Être Suprème (Das höchste Wesen), am 8. Juni auf dem Marsfeld uraufgeführt, mit 16000 Orchestermusikern und 4000 Choristen, denen sich unsiono ungefähr 500000 Pariser anschlossen (Robespierre hatte eine einfachere Komposition gefordert, die vom ganzen Volk gesungen werden konnte).

In der Oper vollzog sich mit dem Sturz des Königtums 1792 ein gewisser Wandel in den Stoffen. Ein kennzeichnender neuer Typ war die „Rettungsoper“.

Einige Opern waren propagandistisch geprägt:

Bernardo Porta, La réunion du dix Août (Duie vbreeinigung vom 10. August), April 1794 eine „Sans-Culottide“

Le congres des rois (Der Kongreß der Könige), eine kollektive Opéra comique, Februar 1794 schildert einen Aufstand der Mätressen der Könige Europas gegen ihre Herren

Henri-Mortan Berton, Les Rigueurs du cloître (Die Grausamkeiten des Klosters), 1790, ist antiklerikal (Nationalgarde befreit Nonnen aus Klostermauern und führt sie ihren Familien zu)

André-Ernest-Modeste Grétry, La Rosière républicaine (das republikanische Rosenfest), 1794, am Ende müssen sich zwei Nonnen ihres Habits entkleiden und unter den Gelächter des Mobs die Carmagnole tanzen

Informationen gibt es in Büchern über die  Französische Revolution (vor allem bei einem Abschnitt zur Kulturgeschichte), Musikgeschichte, in musikwissenschaftlichen Nachschlagewerken bei Artikeln zu einzelnen Gattungen und Darstellungen einzelner Gattungen  (möglicherweise gibt es dort auch Hinweis auf Spezialuntersuchungen; auch zu einzelnen Komponisten und ihren Stücken kann gesucht werden):

Ernst Schulin, Die Französische Revolution. 4., überarbeitete Auflage. München : Beck, 2004 (Beck's historische Bibliothek), S. 243  

Albrecht  28.04.2011, 01:40

Hanns-Werner Heister, Vokalmusik zwischen Rokoko und Spätklassik. In: Europäische Musik in Schlaglichtern. Herausgegeben von Peter Schnaus in Zusammenarbeit mit weiteren Mitarbeitern und Meyers Lexikonredaktion. Mannheim ; Wien , Zürich : Meyers Lexikonverlag, 1990. S. 297:

„Die eigentliche Spiegelung der Französischen Revolution findet sich in der „Revolutionsoper“; Strukturell setzt sie die Opéra-comique fort mit der Verwendung gesprochener Prosadialoge zu heroisch-monumentaler Theatralik. Von ihrem Gehalt aber knüpft sie vor allem an die französische „Reformoper“ Glucks und seiner Nachfolger an. Schauer und Schrecken, Pathos und Sentiment prägen das Genre. Die Handlung folgt dem Prinzip der Errettung aus höchster Not und Gefahr. Auch musikalisch ist die Zuspitzung mit jähen Umbrüchen in der Rhythmik und der Harmonie, mit vorwärtstreibender Rhythmik und relativ einfacher Melodik charakteristisch. Massenszenen und Melodramen über einem reinen sinfonischen Orchestersatz  gehören zur Tonsprache. Neben und nach A.-E.-M. Gretry […] prägen L. Cherubini, unter anderem mit Lodoïska (1791; im selben Jahr auch vertont von R. Kreutzer) und Les deux journées (Der Wasserträger, 1800) und J. K. Le Sueur mit La Caverne (1793) die Oper der Revolutionszeit, die auch noch in der Zeit der napoleonischen Kriege Ausläufer hat.

Stofflich und technisch-strukturell bewegt sich auch Beethovens einzige Oper „Fidelio“ in den Schemata der Rettungsoper. Der zugrundeliegende Text von J. N. Bouilly (Léonore ou L'amour conjugal) wurde mehrfach, u. a. von P. Gaveaux (Paris 1798). F. Paer (Dresden 1804) und S. Mayr (Padua 1805) vertont. Beethovens Textgrundlage ist eine bearbeitete Übersetzung von J. Sonnleithner, die das radikale republikanische Original glättet.“

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Albrecht  28.04.2011, 01:42

Herbert Schneider, Chanson. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart : allgemeine Enzyklopädie der Musik. Begründet von Friedrich Blume. 2., neubearbeitete Ausgabe. Sachteil 3: Böh - Enc. Basel ; Kassel ; London ; München : Prag : Bärenreiter; Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1995, Spalte 608:

„Während der Revolution gewann das Chanson auch in der Form der Hymne ein politisches und erzieherisches Gewicht im öffentlichen Leben wie nie zuvor. Die Revolutionäre erkannten sehr rasch, welche Bedeutung dem Chanson und der Hymne bei ihrer politischen Überzeugungsarbeit zukam und setzten diese Erkenntnis in eine systematisch betriebene Musikpolitik um. Die Rolle, die diese Gattungen sowohl in den Versammlungen aller politischen Lager als auch bei den Revolutionsfeiern auf Straßen und Plätzen zukam, ist bisher nur andeutungsweise untersucht. Aufgrund der Kürze der Texte, der emotionalen Macht der Musik, der Aufführung durch die Massen, des Auffindens populärer Timbres und der Schaffung eines neuen Chansontypus, in dem die Entwicklung im Liedkorpus auf den krönenden Refrain zielte, eignete das Chanson sich auch besser als die politische Rede, um die Masse zu überzeugen und ihre Emotionalisierung zu verwirklichen. Ein Stück wie die Marseillaise wurde im 19. Jh. als «Chant sublime» angesehen. Zu den führenden Chansonierres gehörten Beffroy der Reigny, genannt Cousin Jacques, Barré und de Piis, die bedeutenden Hymnen stammen von Komponisten wie Méhul (Le chant du départ), Cherubini, N. Dalayrac und anderen. Während und nach der Revolution rückte die politisierte Romance wie F. Paers, Une mère inconolable rappelant à sonstils da volonté de sui père expirent in die Nähe des Revolutionschansons.“

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Albrecht  28.04.2011, 01:42

Ulrich Schreiber, Opernführer für Fortgeschrittene : die Geschichte des Musiktheaters. Band 1: Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution. Lizenzausgabe, 5., revidierte und aktualisierte Auflage. Kassel : Bärenreiter, 2010, S. 502 – 531

Adelheid Coy, Die Musik der Französischen Revolution : zur Funktionsbestimmung von Lied und Hymne. München ; Salzburg : Musikverlag Katzbichler, 1978 (Musikwissenschaftliche Schriften ; Band 13). ISBN 3-87397-112-7 (in einem Anhang S. 128 – 207 sind  Liedtexte sowie Noten von Liedern und Hymnen enthalten)

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Musik kann ja immer auch als Kritik oder Hoffnungsträger eingesetzt werden. Anhänger der französischen Revolution, die auch musiziert haben, haben also teilweise auch in der Musik ihre revolutionären Gedanken und Gefühle eingebracht.

Mir fällt jetzt als beispiel nur Beethoven ein. Er war ein Anhänger der Revolution und dem entsprechend wurden manche Werke auch durch seine Einstellung geprägt wie z.B. die Egmont-Ouvertüre, die sich zwar nicht direkt auf Frankreich bezieht, aber dennoch für die von Spanien unterdrückten Niederländer eine Hoffnung ausdrückt.

 

Ich hoffe, dass dir das ein wenig hilft :)

Während der Revolution gab es eine eigene "Musikrichtung", die französische Revolutionsmusik. Ein berühmter Vertreter und Komponist dieses Stils ist Francois Joseph Gossec. Er schuf über 40 Hymnen und Märsche im Stile der obengenannten Richtung.

Hoffe auch ich konnte dir ein wenig helfen.