Gab es in der DDR Einschränkungen bei der Berufswahl?

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 Der erste Teil der Frage muß eindeutig mit JA beantwortet werden. Der 2. Teil (nur 2-3 Berufe) mit NEIN. In der DDR wurde auch die Berufs- und Studienausbildung geplant. Die Betriebe meldeten ihren jeweiligen Bedarf an Lehrlingen und Absolventen der Uni's, Hoch- und Fachschulen an. Demgegenüber standen die Ausbildungskapazitäten und die Wirtschaftsziele der lang- und mittelfristigen Planung. Dadurch konnte es durchaus passieren, daß für bestimmte Ausbildungsziele mehr Bewerber als Ausbildungsplätze vorhanden waren was dann die Berufsauswahl einschränkte (z.B. war die Berufswunsch als KFZ-Schlosser sehr gefragt, aber nicht immer erfüllbar). Natürlich wurden dann die Bewerber ausgewählt (wobei nicht nur die Zensuren berücksichtigt wurden, sondern auch die gesellschaftliche Tätigkeit). Insoweit gab es also eine Einschränkung bei der Berufswahl. Umgekehrt hatte das den Vorteil, daß der Lehrling nach erfolgreichem Abschluß auch vom Ausbildungsbetrieb übernommen werden mußte. Diese Pficht bestand für den Betrieb, nicht für den Lehrling, der auch in einen anderen Betrieb wechseln konnte.

Ein wenig anders war es bei Studienabsolventen. Wurde der Student von einem Betrieb zum Studium delegiert, hatte der Student das Recht, in seinen Betrieb zurückzukehren. Bewarb man sich direkt aus der Erweiterten Oberschule an eine Hochschule, wurde kurz vor Studienabschluß über den weiteren Einsatz beraten. Dabei wurde man zwar immer entsprechend der Ausbildungsrichtung vermittelt (in Betriebe, Forschung usw.), nicht aber immer in seine jeweilige Heimatstadt. Dabei wurde argumentiert, das die Volkswirtschaft die Ausbildungskosten übernommen hatte (Studium war grundsätzlich kostenlos und ca. 90% der Studenten erhielten, unter Berücksichtung des elterlichen Einkommens, ein Stipendium.) und daher die volkswirtschaftlichen Interessen Vorrang haben. Taxifahren brauchte man nach Studienabschluß nicht (war auch nicht möglich, da es zu wenig Taxis gab).

Und zum 2. Teil der Frage: Sowohl Lehrlinge als auch Studenten konnten aus einem Ausbildungskatalog ihren Berufswunsch wählen. In Berlin z.B. umfasste der Katalog über 100 Ausbildungsberufe. Hatte man sich in einem Betrieb zur Lehrlingsausbildung beworben, und wurde aus welchen Gründen auch immer, abgelehnt konnten man sich für einen anderen Beruf bewerben. Beraten wurde man dabei durch das Amt für Arbeit (in Berlin glaube ich war es in der Scheeglöckchenstr.) Da in der DDR-Verfassung das RECHT und die Pflicht zur Arbeit verankert war, mußte das Amt für Arbeit solange Tätig sein, bis der Bewerber auch in einen Ausbildungsplatz vermittelt war.

Ich habe versucht, Ihre Frage sachlich und ideologiefrei zu beantworten. Fragen der kirchenzugehörigkeit und Beruf der Eltern spielten meist dann eine gewisse Rolle, wenn die Anzahl der Bewerber größer als die Zahl der Ausbildungsplätze war (die DDR war eben sozialistisch und planorientiert), aber auch das mußte nicht immer so sein, nicht war Frau Bundeskanzlerin?

PeVau  03.05.2011, 20:22

Sehr gute Antwort!

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soviel wie ich weiß gab es eine berufswahl, man konnte machen wofür man sich interssierte, allerdings wenn man nichts fand wurde man einem beruf zugewiesen. So das es so gut wie keine Arbeitslosen gab.

Bewerben konne man sich überall. Aber es wurde versucht von staatlicher Seite das alles zu lenken. Ich sollte unbedingt KFZ Schlosser werden, weil welche gebaucht wurden. Ich wollte aber KFZ Elektriker werden. Da hat der Berater gesagt, das wäre heute beim Schosser dabei. Was falsch war. Zum Schluss bin ich Elektriker geworden, aber nicht in den Betrieb wo man mich hingeschickt hat. Natürlich gings am besten wenn man Beziehungen hatte, nicht anders wie heute. Meine Frau hat drei Neffen, sind alle Handwerker geworden und haben das gelernt was sie wollten. Ihr Onkel, ich, hatte die Beziehungen,da ich mittlerweile Elektromeister war.

sandstonerock 
Fragesteller
 03.03.2011, 18:17
  • also so ganz 100%ig frei war das dann doch nicht. Es wurde schon darauf hingewirkt, dass zu lernen, was gebraucht wurde. Wenn man sich widersetzt hat, wurde das aber akzeptiert. So verstehe ich das jetzt.
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Claud18  04.03.2011, 11:17
@sandstonerock

So in etwa sehe ich das auch. "Zwischen 2-3 Berufen auswählen", das ist großer Quatsch.

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Ja gab es, vor allem, wenn man z.B. kirchlich aktiv war, dann konnte es schon sein, dass man Z. B. nicht studieren durfte oder nur mit Staatsratseingabe.

sandstonerock 
Fragesteller
 01.03.2011, 14:46

Ja - das war mir bekannt. Aber bei den soz. nicht kirchlichen - also den ganz normalen Leuten, konnten die nach der Schule einfach irgendwas auswählen oder wurden die mehr oder weniger irgendwo hingeschickt?

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bigheizer1975  01.03.2011, 15:08
@sandstonerock

Also normaler DDR jugendlicher konnte man sich bewerben wo man wollte, was man dann anschließend bekam ist eine andere seite. heute ist es doch aber auch nicht anders .. mit dem unterschied, dass manche leute halt gar keinen Ausbildungsplatz finden. Außerdem kann man auch hier 40 Jahre DDR nicht in einem Satz zusammenfassen, sicher gab es negativbeispiele. Bei uns war es z.B. so, dass man krampfhaft nach Jugendlichen fürs Studium suchte die aus kirchenlichen Elternhäusern kamen, da man auch eine Quote zu erfüllen hatte. Man könnte es heute mit der migrationsquote vergleichen!

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Claud18  04.03.2011, 11:15
@bigheizer1975

??? Wann soll das gewesen sein mit dieser Quote? Ich habe sie nur umgekehrt erlebt (also bloß nicht zu viele Jugendliche aus kirchlichen Elternhäusern an weiterführenden Schulen), vor allem auch an der Sprachschule, die ich selbst besuchte und wo man lange Zeit nur nach Schulleistung auswählte. Dann beschwerten sich "linientreue" Eltern und sagten, dies sei wohl eine Schule mit reliöser Tendenz (wegen der vielen Pfarrerskinder). Von da an wurde gesiebt. Von unserer Schule wurde eine Pfarrerstochter mit Notendurchschnitt 1,0 nicht zum Abitur zugelassen! Also, dass man krampfhaft Jugendliche aus kirchlichen Elternhäusern fürs Studium suchte, das halte ich für ein Gerücht. Es sei denn, man suchte "marxistisch-leninistisch eingestellte" Jugendliche aus kirchlichen Elternhäusern, und das ist so etwas wie die Quadratur des Kreises.

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Man bekam ein Heft mit allen Lehrstellen des jeweiligen Kreises. Eine Berufsorientierung fand teilweise durch den PA-Unterricht statt. Begrenzt wurde die Auswahl durch Eignung (z.B.kräftige Stimme bei Kindergärtnerin), deine Verpflichtung zur NVA (was, nur 1,5 Jahre?!?!) und natürlich auch deiner "gesellschaftlichen Zuverlässigkeit". Mich hat damals Interhotel Dresden mit einer fadenscheinigen politischen Frage abgelehnt. Dann musste ich bei der HO lernen, hatte aber das Glück, eine tolle und engagierte Lehrmeisterin zu haben. Hat es durch Eigeninitiative mit einer Lehrstelle nicht geklappt, wurde dir eine übrige Stelle zugeteilt. Es gab von staatswegen immer ungefähr soviel Lehrstellen bzw. Studienplätze wie Schulabgänger. Arbeitslos war asozial!