Folgen eines Sektenaustritts?

6 Antworten

Als Seelsorger für Sekten- Aussteiger, kann ich hier bestimmt ein paar Sachen andeuten, aber tatsächlich könnte ich darüber ein Buch schreiben.

Erstmal kommt es darauf an welche Sekte man verlassen hatte. Scientology hat da eine weitaus größere Problematik als seinerzeit die Moon-Sekte, die ja in Deutschland sich nun anders nennt.

Dann gibt es in unserem Land die eine oder andere als offiziell geltende Religion welche durchaus ebenso sektiererische Merkmale aufweist, was eine manipulative Einwirkung seitens der geistlichen Führung betrifft, welche ohne dem Wissen der allgemeinen Anhänger auf diese angewendet wird. Diese mus man in der Frage mit einbeziehen

Dann kommt es darauf an, wie tiefgreifend diese Veränderungen einwirken, was auch davon abhängig ist, wie labil das Individuum ist.

Für die meisten Aussteiger ist allerdings oft gar nicht nachvollziehbar wieso andere so krasse Probleme haben. Ich finde es legitim, aber hier sollte man nicht immer nur vom eigenen Horizont ausgehen. Hochsensible gehen mit der Thematik weitaus schwieriger um.

Wenn man Aussteiger befragt die nur kurze Zeit involviert waren, so verfügen sie meist über gute Ressourcen ihr altes Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und im allgemeinen findet der Großteil der Aussteiger ganz gut allein zurück zur Normalität, was aber je nach Sekte mal mehr mal weniger schwierig/leicht ist.Ich freue mich über jeden Aussteiger der diesenWeg alleine schafft - meinen Respekt an dieser Stelle.

Weiterer Faktor ist die Frage ob man schon als Kind dort mitgezogen wurde, oder ob man später dazu kam. Je früher um so tiefer sitzt so manches fest - die neuestens Forschungsergebnisse über die Folgen der frühlindlichen Entwicklung möchte ich hier nur mal andeuten.

Je länger man dabei war, gar von Kindesbeinen an, um so schwerer, aber nicht unmöglich ist dann so ein Ausstieg. Hier begegne ich als Seelsorger meist Menschen mit Identitätskrisen, Traumata die jahrelang nicht angegangen wurden, PTB, leichte bis schwerwiegende Depressionen, RLS, suizide Gedanken die auch umgesetzt werden etc. Und das sind erstmal nur psychologische Folgen.

Viele dieser Symptome waren aber auch schon während der Zeit als Sektenmitglied vorhanden, wo man über einen Ausstieg gar nicht nachdachte. Hier wird erst so manches im nachhinein offensichtlich. Oft gibt dann die Erkrankung Anlass zum Nachendenken aus, um sich selbst und diese "Religion" einmal zu hinterfragen. Hinzu kommen in wenigen Fällen noch soziophobe Probleme. Manche lassen sich manchmal jahrelang deswegen nicht helfen.

Weitere mögliche Folgen sind

  • Anpassungsschwierigkeiten an die Normalität.
  • Finden/Zurückfinden von legitimer Selbstliebe.
  • Glaubenskrisen
  • Unvermögen der Selbstreflexion
  • Sexuelle Überkompensierung

Und bestimmt noch weitere Punkte.

Bei Fragen einfach melden.

Sekten sehen sich im allgemeinen als Besitzer der Wahrheit. Ein Ausschluss würde demnach bedeuten, zur Wahrheit nicht mehr zu gehören. - Wenn diese Organisation von Gott geleitet wird, würde es auch den Verlust des Verhältnisses zu Gott bedeuten. Das wäre schlimmer als der Verlust von Familie, die man notgedrungen durch Freunde ersetzen könnte.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Je nach dem verliert man sein gesamtes soziales Umfeld - das kann deshalb zum Teil sehr schwer fallen.


Bamboo1003 
Fragesteller
 17.11.2021, 21:36

Danke für die Antwort! Gibt es noch mehr Folgen ?

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Kommt drauf an, was der betroffenen daraus macht wie er sich dort wo er ausgestiegen ist benommen hat.

Kommt auf dich an (Joh.14,6).

Woher ich das weiß:Berufserfahrung