Findet ihr es gerecht eine Mutter dazu zu zwingen zu stillen?

Das Ergebnis basiert auf 25 Abstimmungen

nein 80%
ja 20%

16 Antworten

nein

Wenn ich mir das recht überlege, warum sollte sich die betroffene Frau zwingen lassen? Es ist ihr Körper, ihre Entscheidung darüber was in ihren Augen logisch/ praktisch/ verfügbar/ umsetzbar ist.

Es bringt doch nix wenn das Umfeld sagt "du musst aber stillen" ... wenn ihr Körper nicht genug Milch produziert... oder eingenommene lebensrettende Medikamente in der Muttermilch landen.

Ob gestillt wird oder nicht - das entscheidet die betroffene Frau selbst. Da können sich die Leute aus ihrem Umfeld auf den Kopf stellen wie sie wollen.

Oder wenn sie weiß das sie schon bald wieder zur Arbeit gehen muss und somit der Säugling den halben Tag durch andere Leute via Flasche ernährt werden muss. Nicht alle Säuglinge kommen problemlos damit klar jeden Tag zwischen Brust und Flasche hin und her zu switchen. .... Es kann also sein das sie dann grundsätzlich die Milch abpumpen und auf Vorrat einlagern muss im Kühlschrank... so das dann zwar durchgehend Muttermilch gegeben wird solange die Quelle nicht versiegt, das Baby aber eine Fütterungsweise gewohnt ist.

Jemanden "überzeugen" das Stillen das einzig richtige/ das Beste ist? Das halte ich für falsch.

Denn die Überzeugungstaktik ist meist eine Variation verschiedener negativer Manipulationen, das Einreden von schlechtem Gewissen, Anprangern, die persönliche Situation der betroffenen Mutter runterspielen. Insgesammt also ein Paket das signalisiert "Es ist völlig egal was die betroffene Mutter selbst fühlt/möchte/ für richtig hält.... nur das zählt was andere Leute entscheiden/ denken".

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
IsaidwhatIsaid 
Fragesteller
 30.10.2021, 14:25

Seh ich persönlich auch so.

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Rockige  30.10.2021, 14:38
@IsaidwhatIsaid

Ich hab damals erlebt welche Gründe die verschiednen Frauen haben können sich gegen das Stillen zu entscheiden.

Und auch am eigenen Leib erlebt wie das Umfeld hier und da auf Mütter reagiert die nicht mal Muttermilch per Flasche füttern sondern Milchpulver zum Anrühren verwenden.

Vorwürfe a la "du schädigst dein Kind damit", "du bist eine schlechte Mutter", "Wie kannst du nur, das ist rausgeschmissenes Geld", "Es wäre besser du verwendest die Milch einer Amme", "So entsteht keine Mutter-Kind-Bindung" (übrigens Schwachsinn), "das Kind kriegt nur via Muttermilch genügend Nährstoffe um gesund zu wachsen", "das Kind wird später viel aufgeweckter und klüger sein wenn es gestillt wird/ deine Muttermilch bekommt".

Das ist so destruktiv, so niederschmetternd. Man hat sowieso nach der Geburt ne ganze Weile zu kämpfen mit sich, den jeweils anstehenden Entscheidungen, der Frage "mach ich dies und jenes richtig".

Mal gucken.... aus mir wurde nix Schlimmes. Und auch mein Nachwuchs entwickelte sich prächtig (sehr gute Mutter-Kind-Bindung von Beginn an, selten krank, noch nie richtig ernsthaft krank gewesen, ziemlich gescheit, gute Noten, ehrgeizig). Und das, obwohl ich regelrecht nur 3 Wochen lang (erst die Vormilch, später die einsetzende richtige Muttermilch) in der Frühchenstation abliefern konnte. Und dann auch nicht jede Portion von dem Abpumpvorgang "alle 2einhalb Stunden rund um die Uhr, in der Hoffnung den Milchfluss anzukurbeln" - wegen der Medikamente die ich bekam um gesund zu werden. Auf der Frühchenstation wurde nebenbei eine Spezialmilch gefüttert. Bei dieser blieben wir - auf Anraten der Ärzte - bis zu einem bestimmten Mindestgewicht.

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nein

Das hat auch niemand zu tun, im Endeffekt ist das allein ihre Entscheidung. Sie kann die Milch ja auch abpumpen und dann aus der Flasche füttern, wenn es allein um den Vorgang geht, so kann der Partner auch das Baby füttern.

nein

Auf gar keinen Fall wäre das gerecht. Jede Mutter, die gestillt hat, weiß dass das sehr schmerzhaft sein kann. Es ist auch etwas sehr intimes, dass man nicht erzwingen kann und sollte.

nein

Zwingen sollte man sie nicht, allerdings überzeugen. Man bekommt erst durch die neuesten Analysemethoden heraus, was für ein Gesundheitscocktail die Muttermilch für das Baby ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin 3facher Papa von schon großen Kindern
IsaidwhatIsaid 
Fragesteller
 30.10.2021, 14:13

Und wenn sie nicht zu überzeugen ist, weil es ihr persönlich körperlich unangenehm ist?

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Neben den unzähligen gesundheitlichen Vorteile ist Stillen einfach praktisch und kostenlos. Muttermilch ist jederzeit verfügbar und schon richtig temperiert, Flaschenzubereiten-warmmachem-spülen-auskochen entfällt. Man muss nichts mitschleppen oder nachts aufstehen - einfach Hemd hoch und gut ist.

Die Stillempfehlung der WHO lautet: 6 Monate ausschließlich Stillen, mit Bei- und Familienkost bis zum Alter von 2 Jahren.

Es gibt weder eine wissenschaftliche Empfehlung, bis zu welchem Alter ein Kind maximal gestillt werden sollte, noch Hinweise darauf, dass Langzeitstillen schadet.

Bei Naturvölkern wird im Schnitt bis etwa drei Jahre gestillt (es gibt sogar Völker, bei denen die Kinder bis zum siebten Lebensjahr gestillt werden). Aus Sicht der evolutionären Verhaltensforschung ist das Langzeitstillen also kein abartiges Verhalten, sondern typisch menschlicher Standard.

Dennoch wird in vielen westlichen Ländern das Langzeitstillen nicht als normal akzeptiert. Dabei gilt als erwiesen, dass länger gestillte Kinder in ihrem späteren Leben seltener an Übergewicht leiden.

Sowohl die Kohlenhydrate aber vor allem bestimmte Eiweiße der industriell hergestellten Säuglingsnahrung entsprechen nicht der Zusammensetzung der Muttermilch.

Werden Babys mit eiweißreicher Flaschennahrung in den ersten Lebensmonaten gefüttert, besteht ein 30 Prozent höheres Risiko, im Kindes- und Jugendalter übergewichtig zu werden als bei gestillten Kindern.

Eine Ursache für die Entwicklung von Adipositas vermuten Experten in einem zu hohen Eiweißgehalt der industriell hergestellten Säuglingsmilch. Demnach führt eine erhöhte Zufuhr von Milcheiweiß zu einem Anstieg des Wachstumshormons (IGF 1) und zu einer höheren Insulinausschüttung.

Beide Faktoren stimulieren die Bildung von Fettzellen (Adipozyten), und diese führen dazu, dass die Kinder vermehrt Fettmasse anlegen. Das Stillen über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten ist sehr sinnvoll, um Adipositas vorzubeugen.

Auch die Verwendung von Flaschennahrung mit begrenztem Eiweißgehalt, die seit einiger Zeit angeboten wird, könnte das langfristige Risiko für Übergewicht vermindern.

Muttermilch ist besonders gut verträglich und leicht verdaulich.

Die Muttermilch schützt das Kind auch über den sechsten Lebensmonat hinaus vor Krankheitserregern.

Durch ihre besondere Zusammensetzung stärkt Muttermilch das Immunsystem (die Mutter gibt sowohl Antikörper aus früheren Krankheiten wie z.B. Masern, Windpocken usw. als auch aus aktuellen Infekten wie z.B. Erkältungen weiter).

Die Omega-3-Fettsäuren sind wichtig für die Entwicklung des Gehirns, Fettsäuren, wie beispielsweise Linolsäure, und Kohlenhydrate begünstigen die Darmflora und bauen einen Infektionsschutz auf, Laktoferrin erhöht ebenfalls den Infektionsschutz und verbessert die Aufnahme des Eisens aus der Muttermilch.

Zahlreiche Mehrfachzucker bewirken einen Infektionsschutz, indem sie Krankheitserreger schon im Darm abfangen und das Wachstum nützlicher Bakterien im Darm fördern. Gestillte Kinder erkranken seltener an Infektionen vor allem des Magen-Darm-Traktes und des Mittelohrs.

Das Risiko, eine Allergie zu bekommen, ist bei länger gestillten Kindern (mindestens vier Monate ausschließlich) bedeutend niedriger als bei nichtgestillten.

Gestillte Kinder haben ein geringeres Risiko in ihrem Leben übergewichtig zu werden, einen Herzinfarkt zu erleiden oder andere Herz-Kreislauferkrankungen, wie z.B. hohen Blutdruck zu bekommen. Sie erkranken seltener an Diabetes mellitus.

Gestillte Kinder erleiden seltener einen plötzlichen Kindstod.

Langzeitstillen beugt unter anderem Gebissanomalien vor. Die Gaumen- und Kieferentwicklung wird positiv beeinflusst, spätere Fehlstellungen sind geringer, die Sprachentwicklung gefördert. Kopf- und Halsmuskulatur werden gekräftigt.

Aber trotz der möglicherweise schädlichen Auswirkungen auf die Kiefer- und Gebissentwicklung, finden es die meisten Menschen völlig normal, wenn zwei- oder dreijährige Kinder mit dem Schnuller im Mund herumlaufen.

Amerikanische Studien belegen, dass gestillte Kinder weniger Verhaltensauffälligkeiten und Lernschwierigkeiten zeigen. Wissenschaftler haben die Vermutung angestellt, dass Stillen Kinder für ihr ganzes Leben stressresistenter machen kann.

Es gibt keine Belege dafür, dass sich zu lange gestillte Kinder schlechter von der Mutter lösen. Spätestens im Kindergartenalter wird sich das Kind ohnehin stärker von der Mutter abnabeln und wohl kaum ein Teenager möchte noch an Mutters Brust.

Solange das Stillen Mutter und Kind gefällt, kann es auch fortgeführt werden.

Aber keine Frau sollte sich rechtfertigen müssen, wenn sie sich entscheidet, nicht zu stillen (was sehr schade wäre) oder mit dem Stillen aufzuhören oder eben bis ins Schulalter zu stillen.

Denn bevor Stillen zum Krampf und zum Kampf mit dem Gewissen wird und man gegebenenfalls keine gute Stillberatung durch eine Hebamme oder Laktationsberaterin erfährt, gibt man halt die Flasche. Das Kind wird auch so groß und bekommt hoffentlich die Liebe und Aufmerksamkeit, die es braucht zum Gedeihen.

Alles Gute für dich!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin seit fast 40 Jahren Hebamme