Findet ihr Behindertenwerkstätten sollten Abgeschafft werden wie viele in der Politik es sagen?

7 Antworten

JA! Es ist Ausbeutung, Exklusion und ein Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir leben in einem ableistischen und kapitalistischen System, in dem nur zählt, wie schnell und wie viel gearbeitet wird. Menschen, die für die gleiche Menge länger brauchen oder bestimmte Hilfsmittel benötigen, werden als "unnötige Belastung" empfunden, mit denen sich die AG nicht rumschlagen wollen. Also wird lieber die Strafabgabe gezahlt.

Gleichzeitig wollen die Werkstätten ihre besten Beschäftigten nicht verlieren, denn auch den meisten Werkstätten liegt ein Leistungsgedanke zu Grunde, da dort häufig Arbeiten für den 1. Arbeitsmarkt erledigt werden und Fehler oder zu späte Rücksendungen Strafzahlungen (teilweise im vierstelligen Bereich) zur Folge haben.

Die Folge davon ist, dass es für viele Menschen mit Behinderungen die einzige Arbeitsstätte bleibt, denn nicht mal 1% aller Beschäftigten wechseln auf den allgemeinen Arbeitsmarkt - obwohl die Behindertenwerkstatt offiziell eine Eingliederungsmaßnahme für den allgemeinen Arbeitsmarkt ist.

Ein großes Problem ist, dass Menschen in einer WfbM nicht als Arbeitnehmer*innen gelten. Dementsprechend erhalten sie keinen Mindestlohn und dürfen z.B. auch nicht streiken.

Folge: Sie müssen Montagearbeiten für die Industrie erledigen, für die die Firmen dann nur einen Billiglohn zahlen müssen, weil Menschen mit Behinderungen nur 1,35€/Stunde bekommen. Fast 10€ weniger als beim Mindestlohn für Arbeitnehmer*innen.

Was hat nun die oben angesprochene UN-Behindertenrechtskonvention damit zu tun? Sie sieht vor, dass Menschen mit Behinderung ein gleiches Recht darauf haben, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit bestreiten zu können, dies ist aber durch eine WfbM absolut nicht gegeben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Heilerziehungspflegerin/ Ally der Behindertencommunity

Ich befürchte, dass diese Politiker genauso wenig Ahnung davon haben wie ich.

Allerdings sollten die Menschen für ihre Arbeit anständiges Geld bekommen, notfalls über Subventionen o.ä.

Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, keine wirtschaftliche.

In der aktuellen Form ist es schlicht Ausbeutung, das kann weg.

Wenn man einen anständigen Lohn zahlt will keiner mehr die Ware weil zu teuer, auch doof. Behinderte bekommen teils weniger als 1€ Jobber oder Sträflinge an Lohn, sollte man sich mal warm wegtun. Der Bruder meines guten Freundes hat da mal angefangen aber bald wieder hingeschmissen weil das Klima absolut toxisch war

Zebrahuf  15.10.2023, 06:12

Inwiefern toxisch?

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Achwasweissich  15.10.2023, 11:37
@Zebrahuf

Ihnen wurde ständig erzählt, wie behindert sie doch wären, das sie dankbar sein sollten für ihre Almosen arbeiten zu dürfen und das sie in der echten Welt ja doch nicht klarkämen.
Eben dieser Bruder pflegt inzwischen seine Familie (bettlägrige Mutter, schwer rheumakranker Vater, der Bruder mit Burnout in der Klapse) und wer DAS über inzwischen 2 Jahre trotz Shizophrenie schafft, Hut ab.

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Warum sollte man Leuten ihre Jobs wegnehmen? Insbesondere Leuten, die in vielen Fällen nichts anderes machen könnten - und die teils nicht ersetzbar sind, weil Menschen ohne entsprechende Behinderungen solche Tätigkeiten nie freiwillig machen würden?
Auch deshalb, weil das häufig für Betroffene einer der besten Wege ist, Leute zu finden, die ihnen ähnlich sind? Damit sie nicht allein sind?

Ich hoffe, das die Politik sich mal darum kümmert, etwas gegen die unmenschliche Bezahlung dort zu tun.
Für Behindertenwerkstätten gilt nämlich kein Mindestlohn, mein Cousin zb verdient knappe 150 Euro im Monat. Und arbeitet Vollzeit.
Erinnerung: Auch Leute mit Behinderungen müssen Miete, Wasser und Strom bezahlen oder Nahrung zu sich nehmen.

Jaein.

Ich bin dafür das man Behinderte mehr in unsere Gesellschaft integriert und nicht immer so ausschließt indem man Sonderjobs erfindet, mit mehr als schlechter Bezahlung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – SPD Mitglied und Arbeiter der Fraktion
alterzapp  23.06.2023, 22:14

So ein Quatsch. Warst du schon mal in einer Behindertenwerkstatt bevor du so etwas schreibst? Das ist nicht so einfach die in normaler Jobs zu packen.

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Bones007  23.06.2023, 22:25
@alterzapp

Deswegen habe ich auch eine gemischte Meinung zu diesem Thema.

Ich finde Behindertenwerkstätten grundsätzlich gut allerdings verstehe ich nicht warum sie für ein Hungerlohn arbeiten müssen.

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alterzapp  23.06.2023, 22:31
@Bones007

Das ist kein Hungerlohn. Das ist ja auch keine richtige produktive Arbeit. Die werden ja auch noch anders öffentlich versorgt. Bei der Arbeit werden sie betreut und und und. Das hat nichts mit Gewinnstreben der Behindertenwerkstatt oder Ausbeutung zu tun. Die da arbeiten können normalerweise nicht in einem richtigen Job arbeiten. Vielleicht sollte man das Beschäftigungstherapie nennen. Geh hin und schau es dir an. Ich habe mal versucht Leute von dort bei mir im Betrieb anzustellen. Das geht aber nicht. Das ist echt gefährlich weil sie oft nicht so ganz verstehen was sie manchmal tun. Deshalb ist diese Diskussion unsinnig.

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Selkiade  24.06.2023, 20:40
@alterzapp
 Das ist ja auch keine richtige produktive Arbeit.

Du willst anscheinend keine Steckdosen und Lichtschalter mehr in deiner Wohnung/ deinem Haus haben? Die werden nämlich in WfbMs zusammengebaut!

Scheinbar warst du noch nie in einer solchen Werkstatt. Dort herrscht genauso Leistungsdruck wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt! (Und ich spreche aus eigener Erfahrung - ich habe dort mein FSJ gemacht...)

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Great03  23.06.2023, 22:16

Meine Tante arbeitet in einer Behindertenwerkstätte. Ich war selbst schon mal dort und kann aus Erfahrung sagen, dass dies ein super Ort ist. Behinderten wird geholfen, sie können arbeiten und es gibt viele Freizeitangebote wie Reisen, z.B. nach Kroatien. Wenn du willst, dass Behinderte in unsere Gesellschaft integriert werden, brauchst du erst recht diese Werkstätten. Denn viele Behinderte brauchen einfach Unterstützung.

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medmonk  23.06.2023, 22:37
und nicht immer so ausschließt indem man Sonderjobs erfindet, mit mehr als schlechter Bezahlung.

Es werden keine Berufe erfunden, sondern Arbeitsprozesse ausgelagert, die auch von einem Menschen mit Behinderung erledigt werden können. Gerade durch solche Behindertenwerkstätten bekommen viele die Möglichkeit zu arbeiten.

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GutenTag2003  24.06.2023, 10:17
mehr in unsere Gesellschaft integriert und nicht immer so ausschließt 

Schau Dir unsere Gesellschaft an... und wie viele Unternehmen eher bereit sind die Schwerbehindertenabgabe zu zahlen als einen Arbeitnehmer mit Behinderung einzustellen.

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