Erläutere die Bedeutung der historisch- kritische Exegese für die christliche Religion?

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Da mir die Zeit fehlt lasse ich eine kompetente Religionswissenschaftlerin die Antwort geben: "Die Bibel ist nicht insofern Gottes Wort, als sie von Gott diktiert oder vom Himmel gesandt worden wäre - das unterscheidet die Bibel zum Beispiel vom Koran. Sondern die Bibel vermittelt in vielstimmigen menschlichen Worten das, was Menschen an ihren jeweiligen Orten vom Wort Gottes und seinen Wirkungen in ihrem Leben erlebt und erfahren haben. Die Bibel ist also nicht identisch mit der Offenbarung, sondern Zeugnis von Offenbarungserfahrungen. Da diese Zeugen schon 1800 bis 2500 Jahre vor uns gelebt haben, in antiken Sprachen schrieben und eine uns fremde Kultur voraussetzen, muss jede und jeder, um die Bibel überhaupt lesen und verstehen zu können, auf historisch-kritische Auslegungen zurückgreifen.Kritisch muss jede Auslegung sein, weil sie unterscheiden muss zwischen Wichtigem und Unwichtigem und manchmal auch zwischen historisch plausiblen und weniger plausiblen Informationen. Zum Beispiel dort, wo Evangelien unterschiedliche Aussagen zur Biografie Jesu machen. (...) Die Bibel sagt unmittelbar gar nichts, sondern sie braucht immer Übersetzung und Interpretation. (...) Einen antiken Text und jedes andere historische Phänomen kann man nur mit historischen und das heißt auch immer kritisch-unterscheidenden Methoden begreifen." (Frau Prof.Angela Standhartinger)

Exegese hast du sicher schon nachgeschaut?

Historisch-kritisch ist sie, wenn man den Bibeltext nicht als zeitloses Wort aus dem Nirgendwo liest, sondern untersucht, wer das wann mit welcher Absicht und unter welchen Einflüssen geschrieben hat. Ziel dieser Untersuchung ist u. a. zu erkennen, welche Jesuworte authentisch sein können und welche von späteren Autoren als Jesuworte eingefügt wurden, um z. B. eine spätere Tradition des Urchristentums als "alt" und "echt" zu untermauern. Oft erkennt man dann auch, dass bestimmte Bibelteile gewissen außerchristlichen Einflüssen unterliegen, z. B. der griechischen Philosophie oder der Gnosis. Oder man spürt den jüdischen Einfluss bzw. andersherum antijüdische Tendenzen.

Die historisch-kritische Exegese ist eine ganze Weltanschauung. Mit dem technischen Denken der Naturwissenschaft (des 19. Jhs.) wird aggressiv an die Bibel herangegangen. Die Bibel wird damit zum Schweigen gebracht, man hört im Ergebnis nur noch seine eigene (relative) Stimme, wo die Bibel doch eigentlich Gottes Wort sein möchte. Alle Wunder der Bibel, von der Jungfrauengeburt bis zur Auferstehung Christi, werden rational wegrasiert und durch moderne Mythen ersetzt. Unsere westlichen Kirchen ohne Geheimnis sind deshalb am Sterben. Und die Kirche versagt den Menschen, was sie ihnen von der Bibel her zu verkündigen schuldig wäre. Ich empfehle Ihnen das Buch von A. Sierszyn, Mit Freude Theologie studieren und Pfarrer sein (2020). Es zeigt einen anderen (wissenschaftlichen) Weg des Theologiestudiums.

Die Bibel benötigt keine Exegese (Auslegung). Sie legt sich selbst aus. Wer es dennoch mit Exegese versucht, sollte sich von dem Gedanken leiten lassen, den der ursprüngliche Schreiber zum Ausdruck bringen wollte. Ansonsten schafft Exegese nur Dogmatik.

Glücklicherweise ist heute die Bibel in so gut wie allen Sprachen zugänglich, sodass die kirchliche Exegese und Dogmatik entscheidend geschmälert werden konnte.

Bei der exgese der Bibel muss man die Dinge in den historischen Kontext setzen damit heutige Werte und Normen die unabhängig von dem Glauben existieren in der Wertung der Bibelstellen mit Einfliessen können und man im 21. Jahrhundert nicht mehr behauptet daß man sich z.b. Sklaven halten darf oder Kinder steinigen darf.

Durch die historische Bindung von regeln ,die heutzutage nicht mehr akzeptiert sind ,an die Bevölkerung der damaligen Zeit. (es galt für die Leute damals aber nicht heute) kann man entsprechend die für uns heute wichtigen Bibelstellen rausfiltern.

Das man dadurch im Endeffekt nur Kirschen pflückt und sich die Bibel so zurechtdreht wie man das gerade will. Wird dabei natürlich unter den Tisch gekehrt.