Britisch-französische Garantieerklärung warum nicht gegen die udssr?

6 Antworten

Moin,

die Sowjetunion hatte sogar selbst einen Nichtangriffspakt mit Polen geschlossen. Allerdings argumentierte man nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht, die polnische Regierung wäre nicht mehr handlungsfähig - also sei man nicht mehr an formale Verträge mit dem "verfallenden" Staat Polen gebunden.

Die Besetzung Ostpolens wurde als "Befreiung" dargestellt, mit der man die weißrussischen/ukrainischen Minderheiten schützen wollte; in der Tat waren diese Gebiete ähnlich wie die einst deutschen Gebiete in Westpolen dem neuen polnischen Staat zugeschlagen worden, ohne Rücksicht auf die Bevölkerungstruktur zu nehmen. Zwar terrorisierte die UdSSR die Polen ebenfalls, der Einmarsch vollzog sich jedoch relativ glatt, da die Polen ihre Ostgrenze kaum verteidigen konnten.

Engländer und Franzosen wollten sich wohl die Beziehung zu der UdSSR offen halten, was sich ja durchaus als richtige Entscheidung erwies. Polen sollte gegen Ende des Krieges jedoch wieder zum Streitpunkt werden, u.a. hatten die Alliierten die Einsetzung der Exilregierung aus London als Kriegsgrund vorgesehen, die "Operation Unthinkable" wurde jedoch aus politischen Gründen nicht weiter verfolgt.

mfg Nauticus

PeVau  24.09.2014, 08:16

Ergänzend sollte man noch wissen, dass es keine Kriegserklärung gab. Weder von Polen an die UdSSR noch umgekehrt. Beide Staaten befanden sich nach dem Einmarsch nicht im Kriegszustand.

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PeVau  24.09.2014, 15:58
@FloydPepper

Na ja, da stellt sich doch die Frage, wieso eine solche Deklaration erst ein Vierteljahr nach dem Einmarsch erfolgte. Einen sachlichen Grund kann es dafür nicht geben, denn die Handlungsfähigkeit der polnischen Exilregierung wird noch geringer gewesen sein, als die der polnischen Regierung zum Einmarschzeitpunkt.

Außerdem gab es im Dezember 1939 keinen polnischen Staat mehr.

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FloydPepper  24.09.2014, 16:09
@PeVau

Nun ja, wenn man erst durch/ in mehrere Länder flüchten muß, dauert es eine Weile, bis man ansatzweise wieder arbeitsfähig ist.

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FloydPepper  24.09.2014, 16:24
@PeVau

Der zeitliche Ablauf wird hier wohl auch eine Rolle gespielt haben: 1.9. Überfall der Wehrmacht. Flucht der Regierung bis 6.9. Einmarsch der Roten Armee erst am 17.9. - da gab es schon keine arbeitsfähige Regierung mehr. Dann Neukonstituierung der Exilregierung und schließlich Deklaration.

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Nauticus  24.09.2014, 22:13
@FloydPepper

Die Regierung war durch Flucht/Internierung wohl in der Tat stark behindert. Die Beziehung zwischen UdSSR und Exilregierung Polens war aber während des ganzen Krieges sehr durchwachsen, über das Sikorski-Maiski-Abkommen bis zur Entdeckung der Massengräber bei Katyn.

Im Exil wird eine doch sehr theoretische Gruppe von Politikern jedoch keine große Rolle mehr unter den Alliierten gespielt haben, die polnischen Exiltruppen haben ebenfalls eher eine symbolische Rolle gespielt und mussten ja völlig auf Kosten eines Gönners ausgerüstet und versorgt werden.

Da die Polen bereits als existierender Staat eher ein passives Element der europäischen Machtpolitik waren, kann man die Kriegserklärung wohl als symbolischen Akt gelten lassen. Die kriegerischen Handlungen fanden aber noch ohne formalen Kriegszustand statt - was aber auch nichts an der realen Situation geändert hat.

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Ich finde die Antwort von @Nauticus sehr gut und kann sie nur empfehlen.

Eine Anmerkung zum Grundsätzlichen noch, denn man kann die Entscheidung einfach aus Logik herleiten; Thema Bündnislogik:

Welchen Nutzen hätte es für GB und F gehabt, der UdSSR auch noch den Krieg zu erklären? Dafür hätte doch nur sprechen können, den Staat Polen zu retten. Das war der Grund für die Kriegserklärung gegen Deutschland. Polens Funktion war nur gewesen, Deutschland zu schwächen, indem man es eingekreist hatte (Frankreich im Westen, Polen als dessen Verbündeter im Osten).

Konnte man Polen nach dem erfolgreichen deutschen Einmarsch noch retten? Es war doch bereits praktisch vernichtet.

Wenn die UdSSR noch nicht auf der feindlichen Seite stand, hätte man sie doch mit der Kriegserklärung ganz ins deutsche Lager getrieben. Wenn zweie denselben Feind haben, dann verbünden sie sich doch miteinander.

Indem GB und F die UdSSR eher "ignorierten", beliessen sie sie in der Neutralität. Die Neutralität hat Hitler später (ohne zwingenden Grund) verletzt, indem er sie auch noch angegriffen hat. Und sich damit sein Grab gegraben.

Mit dem Krieg gegen die UdSSR entstand für Deutschland wieder eine Einkreisungssituation zugunsten von GB und F durch ein viel grösseres Polen.

Wenn die UdSSR sich mit Deutschland verbündet hätte, wäre ein gewaltiger Feindblock von Deutschland über die UdSSR bis nach Japan (China war japanisch besetzt) entstanden.

Wer weiss, wie der Krieg ausgegangen wäre oder wieviel länger er gedauert hätte, wenn die Westalliierten den Fehler gemacht hätten.

Das war von vornherein nicht vorgesehen. Die Garantieerklärung galt nur für Deutschland als Aggressor (geheimes Zusatzprotokoll zur britisch-französischen Garantieerklärung).

Die Ursachen dürften nicht zuletzt auch im Polnisch-Sowjetischen Krieg von 1920 liegen. Die Ostgrenzen des nach dem 1. WK neu entstandenen polnischen Staates waren noch nicht verbindlich festgelegt. Polen strebte in diesem Krieg die Wiederherstellung der Grenzen 1772. Das widersprach von den Alliierten vorgesehene Grenze (Courzon-Linie), die sich im Wesentlichen an der Sprachgrenze orientierte. Im Polnisch-Sowjetischen Krieg hat Polen dann sein Gebiet bis zu 250 östlich der Curzon-Linie ausdehnen können.

Die deutsch-sowjetische Demarkationslinie nach dem Einmarsch 1939 entsprach dann in etwa der Curzon-Linie. GB war durchgehend der Auffassung, daß die Grenze auf die Curzon-Linie festzulegen sei. Insofern erfolgte keine Kriegserklärung an die SU.

Im Grunde hat die SU mit ihrem Einmarsch 2 Wochen nach Kriegsbeginn dann nur noch "zusammengefegt" was der von der Wehrmacht geführte bis dahin massivste Militärschlag der Weltgeschichte von der polnischen Armee noch übriggelassen hatte.

Das frage ich mich schon sehr lange bekomme aber keine Antwort. Daher spekuliere ich mal: Eigentlich haben die Westmächte sich gedacht das Deutschland und die Sowjetunion sich gegenseitig in einen Krieg so schwächen das beide Staaten im Handstreich besiegt werden könnten.Vorteil Nr.1 : Hitler wird besiegt. Vorteil Nr.2: Mit der Niederlage der UdSSR wird man den Kommunismus besiegen.Das ist Politik.

Politik ist höhere Mathematik.

Niemand hat die Menschen gefragt, ob sie mit den Entscheidungen einverstanden sind.