An religionskritiker: was haltet ihr vom Kohelet bzw Prediger Salomo?
Ich bin den abrahamedischen Regionen sehr kritisch eingestellt. Der hauptgrund ist, dass ich die schriftlichen grundlagen (Bibel & Koran) nicht gut findet. Nicht nur, dass sie viele fragwürdige Botschaften haben. Ich finde auch, dass diese Bücher nicht sonderlich intelligent geschrieben sind. Wenn Gott ein Wort hat & uns etwas zum Verhalten mitteilen möchte, dann sind Auflistungen von Sünden schon sehr plump. Um nur ein Beispiel zu nennen.
Allerdings gibt es da einen lichtblick. Das Buch kohelett oder Prediger Salomo aus dem Alten Testament der Bibel tanzt aus der Reihe und gefällt mir sehr gut. Abgesehen davon, dass hier die Existenz eines Gottes Postuliert wird, sind die Botschaften hier inhaltlich sehr intelligent. Einige Dinge sind wenig überholt und auch clever geschrieben. Aber wie geht es euch so, mögt ihr dieses Buch?
Bitte nur abstimmen, wenn ihr keine abrahamiten und religionskritiker seid!Und natürlich solltet ihr es auch zum Beantworten dieser Frage wirklich gelesen haben.
Das Ergebnis basiert auf 11 Abstimmungen
Was wird denn in diesem Kotelett gesagt?
Wenn du es nicht gelesen hast, erübrigt sich die Frage für dich. Wenn es dich dennoch interessiert: https://www.bibleserver.com/GNB/Prediger1
10 Antworten
"Das alles habe ich gesehen in den Tagen meiner Nichtigkeit! Da ist ein Gerechter, der bei seiner Gerechtigkeit umkommt, und da ist ein Ungerechter, der bei seiner Bosheit seine Tage verlängert."
Ich halte den Kohelet für eine der wichtigsten religiösen Schriften der Antike, denn sie bringt eine bahnbrechende Erkenntnis zum Ausdruck: Die Verneinung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs.
Diese Erkenntnis (Stichwort: Krise der Weisheit) brachte große Umbrüche hervor, im Judentum die Entwicklung der Idee eines göttlichen Endgerichts mitsamt Belohnung und Strafe, im Christentum die Feindesliebe einerseits, die Vorstellung einer Errettung von Tod und Strafe andererseits, und letztendlich im Atheismus die Verneinung der Existenz von Göttern allgemein.
Das Buch Prediger hat mir beim Lesen sehr gut gefallen. Ich mag dieses Buch.
Interessant sind z. B. die Erfahrungen, die der Autor macht und wie er diese einordnet bzw. zum Schluss kommt, was wirklich wichtig ist im Leben.
Empfehlen kann ich natürlich auch andere biblische Bücher (Johannes-Evangelium, Epheser, Daniel usw.), aber das wäre wieder ein anderes Thema...
Ich bin irgendwie auch Religionskritiker, da ich Religion (= von Menschen aufgestellte Regeln, Traditionen und Rituale) nicht so sehr mag (denn das führt zu vielen Problemen).
Aber stimmt: Ich habe mich irgendwie bei der Fragestellung verlesen und dachte, dass auch Christen damit angesprochen wären.
Sorry, falls ich nicht hätte antworten sollen!
Du kannst von einem Schriftsteller der damaligen Zeit schlichtweg nicht erwarten, dass er Atheist ist!
Kann jetzt nicht jeder Aussage zustimmen, habe jetzt z.B. nicht soviel Bedarf nach einem großen Harem.
Man kann natürlich nie allem zustimmen, bzw. sollte man nicht, aber da lese ich dor lieber Nietzche oder so.
Ich sehe den Text unabhängig davon, dass er Teil des Biblischen Kanons ist, als ein interessantes Beispiel aus dem Genre der "Weisheitstexte" oder "Lebenslehren".
Mit dieser Textsorte beschäftige ich mich in der altägyptischen Literatur sehr stark und habe da ein paar absolute Lieblinge. Ich finde es faszinierend, dass Menschen seit Jahrtausenden mit den selben philosophischen Fragen und Problemen im Leben ringen, und welche manchmal weisen und überraschenden Einsichten unsere Vorfahren so hatten. Andererseits legen diese Lehrtexte auch gnadenlos die Herrschaftsverhältnisse, Vorurteile und Geschlechterrollen ihrer Zeit offen.
Für mich ist es daher interessant, den Kohelet als Beispiel aus einer verwandten Kultur zu studieren und die Ähnlichkeiten und Unterschiede zur ägyptischen Philosophie zu sehen (die Ähnlichkeiten überwiegen)
Ich kenne mich mit der ägyptischen Philosophie nicht aus (eher mit der griechischen). Wo gibt es da Gemeinsamkeiten.
Oh, das erfordert jetzt eigentlich einen ganzen Aufsatz mit Fußnoten... vielleicht ein paar typische gemeinsame Motive und Themen:
- das irdische Leben ist vergänglich und währt nur kurz, man ist dem Schicksal ausgeliefert
- das Problem mit dem Unrecht in der Welt und dass gerechte Taten nicht immer belohnt und Verbrechen nicht immer bestraft werden (die ältesten ägyptischen Textesind hier fast naiv in ihrem Glauben an Gerechtigkeit, die jüngeren Texte sind oft skeptischer)
- man soll das Gute genießen, aber sich der Ewigkeit bewusst sein
- Maß halten ist wichtig, alles hat seine Zeit, Schweigen und Zurückhaltung zeichnen den Weisen aus
Es geht aber hin bis zu gleichen Formulierungen und Metaphern. Kohelet benutzt "die Sonne sehen" als Metapher für Leben (siehe 6, Vers 5 und 7, Vers 11) In einem altägyptischen Sprichwort wird zu Respekt vor den Alten ermahnt mit der Begründung: "er hat Re vor dir gesehen"
Und vergleiche Mal Kapitel 11, 1-2, mit folgendem Teil aus der Lehre des Ani "Iß kein Brot, wenn ein anderer dasteht und du ihm nicht die Hand ausstreckst. Dann das Brot ist in Ewigkeit hier - der Mensch ist es, der nicht dauerhaft ist... "
Auch wenn man die folgenden Verse vergleicht - das ist genau dieselbe Metapher: man soll anderen helfen, wenn man Brot hat. Denn das Schicksal ist wechselhaft und man kennt die Zukunft nicht. Wer heute reich ist, der kann morgen selbst auf Hilfe angewiesen sein.
(die ältesten ägyptischen Textesind hier fast naiv in ihrem Glauben an Gerechtigkeit, die jüngeren Texte sind oft skeptischer)
Kannst Du da ungefähre Zeiträume oder Epochen angeben? Würde mich interessieren.
Die ältesten Texte stammen vielleicht schon aus dem Alten Reich, grob gesagt um 2500 v.u.Z. Diese Datierungen, siehe Ptah-Hotep und Kagemni, sind aber unsicher, weil die ältesten Textzeugen erst aus dem Mittleren Reich stammen, grob gesagt um 2000- 1700 v.u.Z. Es ist nicht ganz klar, ob die Texte älter sind oder ob sie erst im Mittleren Reich verfasst wurden und absichtlich "altmodisch" klingen sollten.
Unter denen, die ich als "jünger" und "skeptischer" einstufen wurde sticht besonders Amenemope hervor, verfasst vermutlich um 1100 v.u.Z. ( 20.Dynastie). Amenemope wird in der Bibel sogar fast wörtlich zitiert (siehe Buch der Sprichwörter https://de.m.wikipedia.org/wiki/Buch_der_Sprichw%C3%B6rter )
Ähm du bist Christ. Die Frage ging an Religionskritiker...