Ab wie vielen Streichinstrumenten stellt sich der typische Streicherklang ein?

4 Antworten

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Hi

Gute Frage.

Kurze Antwort: Ungefähr ab 3/3/2/2/1, aber vorzugsweise etwas mehr.

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Lange Antwort:

3/3/2/2/1 oder 4/4/2/2/1 ist womit oft von mehr "traditionell orientierten" Interpreten Bach gespielt wird. Das klingt schon nach Streichersektion, hat aber einen Haken auf den ich weiter unten eingehe.

5/4/3/3/1 ist eine Art Kammerorchesterstandard. Das klingt definitiv nach einer Streichersektion und reicht im Prinzip für ein Orchester mit Bläsern a 2.

3/3/1/1/1 ist ne Art Mischung auf einzelnen tiefen und chorischen Geigen und auch eine Barockbesetzung die man antrifft, der Bass wirkt ja schon durch die Oktavverdopplung relativ chorisch.

[[[braucht man chorische Kontrabässe wegen der Satzweise, dann braucht man tendenziell auch mehr als 3/3 Violinen wegen der Balance]]]

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Noch ne Bemerkung: Das ganze hängt brutalst vom Spielstil ab.

Die klassische Denkweise ist ja so: ab 3 Spieler, 2 können sich beißen und es verschmilzt noch nicht richtig.

Jetzt ist es aber so, dass 2 Spieler pro Sektion bei den Violinen also 4 Violinen und übrigens auch bei Chören 4x2 extrem normal waren in der gesamten Barockzeit, auch bei Sängern. Es war die Standardbesetzung von Bach in Leipzig für die Kantaten zum Beispiel. Und es gibt heute Ensembles sowohl Vokal- als auch Streichgruppen die grundsätzlich gedoppelt spielen und dabei toll klingen.

zum Beispiel

https://www.youtube.com/watch?v=wPdh0loM2yM

https://www.youtube.com/watch?v=pzlw6fUux4o

Ebenso gibt es mittlerweile viele bei den Streichern solistisch besetzte Barockorchester, und auch das ist historisch plausibel. Wenn man sich die brandenburgischen Konzerte, und Konzerte allgemein so um 1680-1740 anguckt, so sieht man da durchaus im Quellmaterial Hinweise auf Einfachbesetzung trotz Bläsergruppen dazu. Wie gesagt zum Beispiel ziemlich klar bei den brandenburgischen Konzerten, und das funktioniert, ob auf alten oder modernen Instrumenten:

https://www.youtube.com/watch?v=rz_KFLHjquc

Wie das?

Das ganze klingt eher "hart". 

Ich habe das extrem gemerkt als ich angefangen Streichquartette zu hören, ich dachte das ist genau mein Ding weil ich eigentlich kleine Besetzungen mag, aber viele Streichquartetteinspielungen klingen in meinen Ohren furchtbar. Das liegt aber auch dran, wie die eben spielen.

Aber ab einer gewissen Anzahl von Streichinstrumenten verschwimmen die Klänge zu einer "weichen" Einheit

Die Spieler in der Orchestersektion schreien meistens nicht so rum wie die "Solisten" vieler Streichquartette.

Das ist ganz ähnlich wie mit Chor und Solistenquartett. Da ist es nur noch krasser. Da hatte man früher einen ähnlichen Unterschied. Solistenensemble-Stellen wenn mit traditionellen Opernsängern besetzt sind ein ziemlich hartes dissonantes Gebrüll wenn man ehrlich ist.

So war das früher und ist es zum teil immer noch bei den Streichern:

Früher:

  • Orchesterspieler spielen etwas leiser im Schnitt, weniger Notwendigkeit auf hohe Projektion auf zu sein weil die Gruppe trägt ja
  • Quartettspieler müssen oft den selben Konzertsaal füllen und geben richtig Gas und haben eine hohe durchschnittliche Lautstärke mit entsrechendem Kratz- und Heulfaktor, und spielen eher wie ein Solist, auch viel Vibrato und expressive Intonation bzw. es wird nicht immer so 100% auf sehr harmonische Intonation geachtet, eher dass es grundlegend nicht total falsch ist. Das Vibrato und die viele Dynamik und der Ausdruck stehen im Vordergrund. Die Spieler klingen für sich genommen nicht warm, und nur die große Zahl würde die härten etwas rausnehmen

Heute auch möglich:

  • Orchesterspieler und Chorsänger die es hinkriegen wie ein Mann zu klingen selbst wenn es die ungünstigste Zahl ( 2 pro Stimme) ist, ohne das übliche Rauschen. Das geht besonders bei einem vibratoarmen und sehr intonationsbewussten Stil wo man auch sehr darauf achtet nicht unangenehm hervorzustechen sondern allein für sich bereits rund zu klingen.
  • Solisten die mit chorischer Klangfarbe spielen/singen können: Einfach besetzte Ensembles mit gemäßigtem und rundem Gesamtklang, die nicht herumschreien und kratzen und deshalb trotz kleiner Zahl für vollstimmige Musik geeignet sind. Nur halt nicht so laut. Einen "rauschenden" Chor kriegt man so nicht hin, aber einen warmen schon.

Gutes Beispiel aus dem Chorbereich für Punkt 1

https://www.youtube.com/watch?v=J3qb6tP7DLA

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – in der Schule haben wir Lieder gesungen (z.B. über Ponys)
Hessen001 
Fragesteller
 12.02.2021, 12:40

Na zum Glück habt ihr in der Schule Lieder über Ponys gesungen, damit du so was weißt 😅

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Hallo Hessen001,

ein Streichquartett klingt 'hart', wenn die Spieler hart spielen. Aber ich weiß, was Du meinst. Im Vergleich zum Orchesterklang könnte man von einer gewissen Sprödigkeit sprechen.

Ab 3 Instrumente pro Stimme entsteht die Wirkung des Orchesterklangs, vorausgesetzt, alle spielen sauber und gut zusammen. Je mehr Instrumente, desto diffuser wird die Klangmischung.

LG
Arlecchino

Ich spiele zufällig Violine und ich kann mich glaube ich erinnern, dass wir schon so spielen konnten als wäre es ein Instrument.

Hessen001 
Fragesteller
 11.02.2021, 14:58

Hä? Das verstehe ich jetzt nicht. Eine Geige ist doch immer ein Instrument 🤷‍♂️😅

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Minjae  11.02.2021, 15:01
@Hessen001

Ich meine, dass es sich nicht wie z.B. 4 Instrumente anhört.

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Ich bin da nicht so der Experte, aber kommt das nicht auch darauf an, wie gut sie zusammen spielen?

Eine "wall of sound" kommt auch dadurch zustande, dass das Gleiche ganz leicht zeitversetzt gespielt wird.