Asexualität?

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Mir ist erst sehr spät der Gedanke gekommen, dass ich asexuell sein könnte. Mit 11 Jahren war ich zum ersten Mal so richtig verliebt und zu diesem Zeitpunkt habe ich mich in dieser Hinsicht nicht als "anders" wahrgenommen, im Vergleich zu den anderen Jungs. Ich war verliebt so wie die meisten anderen auch und Sex spielte noch keine Rolle, so wie bei anderen auch. Als ich mit ca. 15 Jahren zum zweiten Mal verliebt war, ist mir dann doch aufgefallen, dass ich zwar unglaublich verliebt war, für mich das Thema Sex, im Gegensatz zu mittlerweile vielen anderen Gleichaltrigen, aber weiterhin keine Rolle spielte. Ich fand den Gedanken daran Sex zu haben kein bisschen reizvoll und sogar eher abstoßend, war allerdings recht sicher, die Faszination dafür komme noch wenn ich älter bin und es würde bei mir bloß etwas länger dauern.

Doch die Faszination kam nicht und letztendlich musste ich mir mit etwa 19 Jahren eingestehen, dass sie vermutlich auch nicht mehr kommen wird.

Es fiel mir nicht direkt schwer zu akzeptieren kein Interesse an Sex zu haben, aber es fiel mir sehr schwer zu akzeptieren, dass ich vermutlich niemals eine glückliche Beziehung haben würde. Kaum jemand möchte eine Beziehung ohne Sex und die Wahrscheinlichkeit, dass ich und eine Person, für die Sex ebenfalls keine Rolle spielt, uns ineinander verlieben und daraus eine Beziehung entsteht, geht gegen Null.

Die Wahrscheinlichkeit war aber anscheinend nur fast Null, denn inziwischen bin ich tatsächlich in einer Beziehung mit jemandem, der ebenfalls kein Interesse an Sex hat. Wir sind sehr glücklich und haben, auch wenn wir keinen Sex haben, trotzdem viel Spaß auf unsere Weise :D

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin asexuell und schwul [nicht "queer"]

Wann? Mit 14/15? Schwierig zu sagen aber eher 14, mit 15 war ich mir recht sicher. Hat viel Denken gebraucht

Partnerschaft? Mein Partner ist ebenfalls asexuell und wir gehen sowieso nach dem Motto wenn jemand etwas nicht möchte, wird es nicht gemacht. Mehr Infos wenn dann privat xD

Probleme? Ne. Es war nur komisch, einerseits endlich zu verstehen warum man sich manchmal langweilig oder anders gefühlt hat in der Schule. Und andererseits sich überhaupt vorzustellen, was Leute alles anstellen und worüber sie phantasieren

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich kannte den Begriff für lange Zeit nicht, aber wusste, dass ich kein Interesse an Geschlechtsverkehr habe.

Ich bin Single, weil ich kein Beziehungsmensch bin. Und wenn dann müsste es natürlich jemand sein, die auch auf Sex verzichten kann.

Zu Frage eins:

Diese hat sich für mich eigentlich nie wirklich gestellt. Als ich im Jahre 2012 das erste Mal von diesem Label erfuhr, bestand für mich überhaupt kein Zweifel daran, dass dessen damalige Definition bei mir voll ins Schwarze trifft. Sexuell fühle ich mich zu nichts und niemandem hingezogen. Sowohl an Menschen als auch nichtmenschlichen Individuen/Objekten kann ich keinerlei sexuelles Interesse entwickeln. Ebenfalls gibt mir sexuelle Befriedigung an sich nicht das Geringste, weshalb ich auch solo keine (selber gewollten) sexuellen Handlungen ausübe. Dies verstand man vor zwölf Jahren noch unter Asexualität.

Wenn ich mir hingegen die heute gängige Definition so ansehe, denke ich mittlerweile viel eher darüber nach, ob ich mit meinem Sexualempfinden überhaupt noch asexuell bin. Denn eine eindeutige Definition hat dieses Label eigentlich gar nicht mehr. Heutzutage kann man sich nach Lust und Laune asexuell nennen; ob man den eigentlichen Wortsinn erfüllt oder nicht.

Zu Frage zwei:

Da sich bei mir noch nie eine romantische Partnerschaft ergeben hat, verfüge ich in dieser Hinsicht über keine persönlichen Erfahrungen. Eine klare Antwort ist mir hier also nicht möglich.

Aktuell befinde ich mich in meinem 37. Lebensjahr. Obwohl ich mir eine Liebesbeziehung als sehr schön vorstelle, habe ich mich zwischenzeitlich damit abgefunden, dass ich später dieses Leben wohl beenden werde, ohne in diesem jemals eine Liebesbeziehung geführt zu haben. Als a- bzw. völlig nichtsexuell empfindender Mensch hat man bei der Partnersuche leider verdammt schlechte Karten.

Zu Frage drei:

Als Jugendlicher und junger Erwachsener hatte ich schwerwiegende Probleme, mein Sexualempfinden zu akzeptieren, wie es ist. Unter anderem auch, weil mir damals eben das Label asexuell noch nicht bekannt war. Aber auch von anderen Leuten wurde ich massiv unter Druck gesetzt, was bei mir zu extremen psychischen Problemen führte. Die Folge davon waren Selbsthass, selbstverletzendes Verhalten sowie Suizidgedanken und -versuche.

Sich in irgendwelche Schubladen zu stecken, wird von vielen Menschen ja oftmals kritisiert und belächelt. Einerseits kann ich das irgendwo nachvollziehen. Andererseits jedoch hat gerade das mir sehr geholfen, als damals sehr in die Isolation Gestoßener ein Zugehörigkeitsgefühl sowie daraus folgernd auch Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Heute habe ich den Mut, der Mensch zu sein, der ich wirklich bin sowie dazu ohne Einschränkungen zu stehen. Für Leute, die Bestätigung darin suchen, andere Menschen zu Grunde zu richten, nur weil diese nicht so gestrickt sind wie sie selber, habe ich nur noch Mitleid übrig.

Liebe Grüße.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Experte bzgl. Grau- & Asexualität; Ende 2012 eigenes Outing.