Letztendlich kommt es darauf an, als was du dich selbst siehst und dir wünschst. In welche Schubladen dich andere stecken würden ist da erstmal egal.

Sexualität ist bei den meisten Menschen meiner Meinung nach eher ein Spektrum als ein absolut feststehender "entweder oder"-Wert. Gut, Sprüche wie"Jeder ist Bi" sind auch eher inakkurate Aussagen, da es definitiv starke Präferenzen (ganz überwiegend Hetero oder ganz überwiegend Schwul) gibt. Aber es gibt genug Stories von Heteros, die sich irgendwann in ihrem Leben mal schwul verliebt haben und auch von Schwulen, die sich irgendwann mal heterosexuell verliebt haben.

Du musst dich in meinen Augen nicht wegen Interesse an einem einzelnen Typ zwanghaft direkt als Schwul oder Bi einordnen, sondern nur als das, was DIR am besten gefällt.

Bezüglich deiner Beziehung: Wenn du mit deiner Freundin glücklich bist, dann ist doch alles gut! Ich persönlich würde dir auch nicht raten, irgendwie zu "experimentieren" solange mit eurer Beziehung alles palletti ist. Ich persönlich bin auch der Meinung, dass man nicht wegen jedem flüchtigen Interesse direkt für "Experimente" in die Kiste springen, sondern sich wirklich seiner Gefühle und Zuneigung füreinander sicher sein sollte.

Du bist das, was du willst.

Nicht im Geringsten!

Jemanden zu lieben muss nicht unbedingt mit deiner Sexualität verknüpft sein. Ich liebe einige meiner Freunde wie Brüder, aber auf eine platonische Weise.

Natürlich besteht bei einer sehr engen und liebevollen Freundschaft immer die Möglichkeit, dass sich aus platonischer auch "physische" Liebe entwickelt: Egal ob Hetero oder Schwul, Sexualität ist in den wenigsten Fällen absolut in Stein gemeißelt. Aber ich finde, man sollte auch nicht automatisch von sowas ausgehen und die Schönheit von Liebe inhärent auf eine mutmaßliche sexuelle Spannung ("Höhö, da knisterts doch!") reduzieren. Sowas zeugt bei Menschen nicht gerade von geistiger Reife.

Ich persönlich freue mich einfach für euch! Einen Freund, der einen wirklich derartig liebt, haben nicht alle Menschen. Lass dich nicht verrückt machen und hör schon gar nicht darauf, was andere Leute dort reininterpretieren. Egal ob schwul, hetero, platonisch... Liebe ist einfach etwas wunderbares :)

Das rassistische Verhalten deines Freundes ist nicht besser als das religiöser Fundamentalisten.

Man darf natürlich nicht vergessen, dass es viele ultrareligiöse Spinner gibt, die gegen Schwule hetzen. Dass dein Freund mit so etwas Erfahrung machen musste ist absolut inakzeptabel und menschenfeindlich. Aber die daraus bei Schwulen häufig getroffene Konsequenz, jegliche Form der Religiosität (auch moderate und tolerante) als homophobe Schweinerei zu betrachten, ist im Grunde das gleiche, was ebenjene Spinner bei Schwulen betreiben.

Ich selbst bin auch schwul und habe einige (heterosexuelle) Freunde, die eine sehr gute Religiosität leben. Mein bester Freund kommt aus einem sehr progressiv-gläubigen Haus und empfindet den (christlichen) Glauben und Homosexualität absolut nicht als Widerspruch. Für viele Menschen ist ihre Religion ein wichtiger und valider Lebensleitfaden, mit dem sie niemandem schaden wollen. Dein Boxkollege scheint auch in diese Gruppe zu fallen.

Wenn es zur Entschärfung der Situation beiträgt, würde ich vielleicht historisch erwähnen, dass speziell der Islam nicht immer eine zutiefst homophobe Religion war. Um nach Wikipedia den mittelalterlichen Gelehrten Ibn-Djauzi zu zitieren:

„Derjenige, der behauptet, dass er keine Begierde empfindet [wenn er schöne Knaben erblickt], ist ein Lügner, und wenn wir ihm glauben könnten, wäre er ein Tier, nicht ein menschliches Wesen.“