Selbstverletzung / Klinik

Guten Abend,

Ich brauche einen Rat, zu meiner Situation :

Ich (17) verletze mich mittlerweile seid über 4 1/2 Jahren selber und stehe momentan auf der Warteliste für einen Ambulanten Therapieplatz und bin bereit mein Verhalten zu ändern. Derzeit habe ich so gut wie täglich einen Rückfäll.

Bei meinem letzten Termin (ich bekomme zwischendrin immer wieder Therapiestunden wenn welche frei sind) habe ich mit meinem Cheff-Psychologen geredet und er kam schnell zur Sache. Wenn sich mein Verhalten nicht verbessert, wird es darauf hinaus laufen, dass ich eine Stationäre Therapie machen soll.

Da stellt sich mir die Frage, was in seinen Augen verbessert bedeutet. Ich denke ihm wird klar sein, dass ich nicht von jetzt auf gleich werde aufhören können - dann währe die Therapie ja auch schwachsin. Aber was genau bedeutet verbessern ? Für mich ist es schon ein Erfolg (auch wenn es mir schwer fällt es als Erfolg anzusehen und stolz auf mich zu sein) wenn ich es schaffe mich einen Tag nicht zu verletzen (habe ich in der letzten erstaunlicher weise 2 mal geschafft !). Aber damit wird er denke ich nicht zufrieden sein, ab wann würde er es vielleicht "akzeptieren" ?

Sollte er der Meinung sein, das ich doch in eine Klinik sollen (mein Hausartzt ist eigentlich auch der Meinung) wie würde das ganze ablaufen ? Ich bin derzeit in der 11 Klasse einer Gesamtschule - in wie fern würde ich weiterhin unterrichtet werden ? Wie sieht das mit Internet/Handy aus ? Wie sieht überhaupt die Tagesstruktur aus ?

Liebe Grüße Kippenpause

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Hallo meine Liebe! Hiermit möchte ich dir mein vollstes "Für-Dich-Da-Sein" aussprechen. Wenn du mich brauchst oder Fragen hast, schreib mich an. Ich bin ebenfalls 17 und hab die ganze Story schon weit hinter mir. Verbessern kann alles sein, absolut alles. Es ist wundervoll, wenn du dich einen Tag nicht selbst verletzt. Allein das ist schon ein Gewinn. Es zählt deine eigene Einschätzung. Ich habe mich auch schon über die kleinsten Erfolge gefreut: die erste Nacht ohne Tränen, der erste Monat ohne Ritzen, das erste Mal, wo ich nur alle 2 Wochen Therapie hatte und nicht mehr jede Woche. Sei stolz auf dich wegen jeder Verbesserung. Ein Rückfall ist kein Beinbruch, zerbrich dir nicht den Kopf darüber, sondern nimm dich an, wie du bist. Akzeptiere deinen Rückfall, analysiere die Gründe und steh wieder auf! Du kannst das schaffen! Ein Klinikaufenthalt ist auch nur halb so schlimm, wie es sich anhört. Es tut gut, weit weg von allem sein zu können, einen freien Kopf zu bekommen. Zur Schule gehen kannst du dort auch (Klinikschule) und das Material kriegst du von deiner Schule/deinen Lehrern zugesandt. Die Schule zeigt sich da meist sehr kooperativ, sodass du eventuell eine Klausurphase (wenn du nicht versetzungsgefährdet bist) überspringen kannst. Was Handy und ähnliches angeht, dann ist das von Station zu Station unterschiedlich. Es gibt ganz offene Stationen und weniger offene, bis hin zur Geschlossenen. Auf der Geschlossen hat man kein Handy, aber dort wirst du auch nur im schlimmsten Fall hin verlegt. Auf den offeneren Station stellt das kein Problem dar. Was die Tagesstruktur anbelangt, kann ich dir gerne aus meinen Erfahrungen berichten: Es wird relativ früh aufgestanden, außer am Wochenende. Dann gibt es Möglichkeit zu Duschen ect., dann gibt es ein gemeinsames Frühstück, wie Mittag- und Abendessen. Zwischenzeitlich gehst du zur Schule, je nach deinem Krankheitsbild länger oder kürzer. An manchen Tagen hast du Sporttherapie, manchmal Einzel- oder Gruppentherapie. Dann gibt es gemeinsame Aktivitäten und am Wochenende auch gern gemeinsames Fernsehen. Auch Musik wird viel zusammen gemacht. Im Grunde ist aber auch täglich Zeit für Besuche und Selbstbeschäftigung. Auf dich allein gestellt bist du aber nie. Hab keine Angst. Es wird alles gut!

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Ritzen kann mehr sein als nur schlimm. Ritzen kann genauso gut sehr schlimm sein, wie auch sehr hilfreich. Ritzen ist eine Art und Weise der Verarbeitung. Jemand, der mit seinem Schmerz nicht mehr klarkommt, verletzt sich selbst, um wieder Kontrolle zu erhalten (das ist bloß einer von vielen Gründen fürs Ritzen). Allerdings kann Ritzen genauso gut abhalten vom Selbstmord, wie zum Selbstmord verleiten. Manch einen lässt es irgendwie durchhalten, aber all das ändert Garnichts daran, dass es ein Hilfeschrei ist, ein inneres Verzweifeln, manchmal nach Aufmerksamkeit, aber manchmal auch nur nach Hilfe. Ritzen kann so vieles zerstören. Anfangs beginnt es so harmlos und scheint zu helfen, aber je länger man sich selbst verletzt, desto schwieriger wird alles. Man kann nicht mehr einfach aufhören, man braucht es immer öfter. Es ist wirklich vergleichbar mit einer Droge. Man wird diesen Teufelskreis nur schwer verlassen können. Hör auf dein Herz und du wirst wissen, dass du Hilfe brauchst, dass du Hilfe annehmen solltest. Vielleicht ist dies aber ein noch sehr langer Prozess. Schließlich lässt sich nur sagen: Die schlimmsten Narben hinterlässt Selbstverletzung nicht auf der Haut, sondern auf der Seele. Finde eine Möglichkeit, deine Gefühle auszudrücken, Musik, Tanz, Kunst... Ich bin gerne für dich da, wenn du Hilfe brauchst. Ganz liebe Grüße.

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