Das ist auch sehr viel Interpretation.
Hierzu zwei Beispiele:

1) Vor ca 25 Jahren kam ich in eine Kneipe die ich nicht kannte. Es waren nicht viele Leute dort, nur ein paar Stammkunden an der Theke. Ich setzte mich ebenfalls auf einen Hocker an der Theke und die Stammkunden nahmen mich sehr freundlich in ihre lustige Runde auf. Neben mir saß eine junge Frau, die die Eigenart hatte mir immer wenn sie über mich lachen musste, ihre Hand auf die Schulter zu legen. Als sie das mal wieder tat, ging gerade die Türe auf. Schlagartig war die Stimmung verändert. Alle sahen entsetzt zu dem der da rein kam. Auch meine "süße" Sitznachbarin zog ganz erschrocken ihre Hand weg. Ich drehte mich um, um zu sehen welches "Ungeheuer" da reingekommen ist. Ich hatte denjenigen noch gar nicht richtig gesehen, da bekam ich einen Schlag auf den Linken Wangenknochen und viel mit samt dem Hocker zu Boden. Die Frau sprang auf und stellte sich zwischen ihn und mich, aber er schob sie unwirsch zur Seite und stand breitbeinig vor mir. Vorsichtig, behutsam (um ihn nicht zu provozieren) stand ich auf, dann hob ich genauso behutsam den Hocker auf, stellte diesen wieder an seinen Platz setzte mich wieder und sagte zu meinem Angreifer: "Du darfst dich Jango nennen." Der Lacher in der Kneipe dürfte noch einige Häuser weiter zu hören gewesen sein. Der Typ packte die Frau am Arm und wollte sie mit raus ziehen, aber sie riss sich los und schrie ihn an, er solle bleiben wo der Pfeffer wächst und ähnliches. Er verließ daraufhin alleine die Kneipe.

2) Ich arbeitete über 12 Jahre lang in der ambulanten Pflege in Köln. Vor ca. 10 Jahren stieg ich Abends im Dunkeln, in einer ziemlich unfreundlichen Gegend von Köln, aus meinem Dienstauto aus. Ich musste zu einem Patienten. In meiner linken Hand hatte ich den Bund mit den Patientenschlüsseln. Einen Metallring an dem ich von ca. 20 Patienten die Haus und Wohnungsschlüssel habe. Rechts standen in einer Einfahrt vier finster wirkende Jugendliche/junge Erwachsene. Als ich vom Auto losging in Richtung Hauseingang, bemerkte ich wie die Vier auf mich zugingen. Oder sollte ich besser sagen auf mich losgingen? Eins war klar: Sie wollten bestimmt keinen netten Abendplausch mit mir halten.

Ohne meine Blickrichtung oder meinen Gang zu ändern, wechselte ich mit gespielter Lässigkeit aber demonstrativ, den Schlüsselbund von meiner linken in die rechte Hand. Sofort fing einer der vier (der Anführer?) an ein Liedchen zu pfeifen und alle vier wechselten die Richtung in die sie gingen.

Und nun zu unserem Glauben: In dem ersten geschilderten Fall gibt es wohl kaum eine Frage. Die Aussage Jesu, "wenn dir wer über die rechte Wange streicht, dann biete ihm auch die linke Wange dar, habe ich ziemlich wörtlich umgesetzt. ABER: Ich habe den Angreifer doch völlig lächerlich gemacht. Soll Jesus das etwa damit gemeint haben??? Mach deinen Feind lächerlich vor seinen Freunden.????

In dem zweiten Fall weiß ich nicht ob ich überhaupt gewillt gewesen wäre einem dieser jungen Menschen den Schlüsselbund durch das Gesicht zu ziehen. Immerhin würde das sein Gesicht bis ans Lebensende zeichnen. Von der Gefahr für die Augen mal ganz abgesehen. Aber darf ich als Christ eine solche Drohgebärde machen, wenn mein Ziel lautet, meinem Gegner die andere Wange hinzuhalten???

Ich kann nur soviel sagen: In beiden Fällen habe ich nicht an meinen Glauben gedacht sondern nur versucht, schadlos aus der Misslage zu kommen.

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