Ich habe deine Frage und deine Reaktionen hier unter den Antworten aufmerksam durchgelesen und da gehen bei mir mehrere Alarmglocken an, weshalb ich dir besonders ausführlich antworten möchte. Denn mir scheint es so, dass du dein Wissen über Transgeschlechtlichkeit aus einer bestimmten Bubble beziehst. Man muss aber unterscheiden zwischen:
TranssexualitätDas sind Menschen mit Geschlechtsdysphorie (Geschlechtsidentitätsstörung), welche sich auf das biologische Geschlecht (Sexus) und seine Merkmale bezieht. Hier passt die Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt festgestellten Geschlecht zusammen. Die Inkongruenz bezieht sich somit in erster Linie auf den eigenen Körper und sorgt erst sekundär im Alltag für soziale Ängste und Depressionen, weil der Körper nicht als das wahrgenommen wird, als das man sich selber wahrnimmt. Die körperliche Transition ist nach aktuellem Stand der Forschung das einzige Mittel, welches diese Inkongruenz effektiv lindert.
TransgenderDas sind Menschen, die sich nicht mit den Erwartungen der Gesellschaft an die jeweilige Geschlechterrolle arrangieren können und deshalb irgendwie aus dem Raster fallen. Auch diese Menschen empfinden mitunter Leid, soziale Ängste, Depressionen usw., wenn sie die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen können. Die Inkongruenz bezieht sich herbei jedoch nicht in erster Linie auf das biologische Geschlecht und seine Merkmale, sondern auf das soziale Geschlecht (Gender). Eine körperliche Transition wäre in diesem Fall ein Fehler.
Du schreibst unter einer Antwort folgendes:
Ich mag meine vagina und es gibt auch viele trans Leute die das behalten.
Die Bezeichnung "trans Leute" differenziert nicht sauber zwischen den beiden genannten Phänomenen. Eine transsexuelle Person würde ihre Geschlechtsmerkmale nicht behalten wollen. Sie hegt den innigsten Wunsch, dieses Problem zu beheben. Es ist aber tatsächlich so, dass manche Betroffene die Operationen nicht durchführen lassen, weil diese nun mal mit gewissen Risiken verbunden sind. Trotzdem tritt das Problem in manchen Situationen (z.B. beim Dating und den damit verbundenen Intimitäten) deutlich hervor und triggert die Geschlechtsdysphorie. Wenn einer transsexuellen Person ein Zauberer erscheinen würde und die jeweiligen Geschlechtsmerkmale verwandeln könnte, würden Menschen mit Geschlechtsdysphorie nicht zögern.
Transgender hingegen schon, denn diese haben kein Problem mit ihren körperlichen Geschlechtsmerkmalen sondern eher mit den Urteilen der Gesellschaft über diese ("deine Brüste sind viel zu klein"). Deshalb nutzen sie ihre Geschlechtsorgane auch problemlos bei Intimitäten mit Personen, die sie in ihrer Geschlechterrolle akzeptieren und wertschätzen. Von diesen Leuten kommt daher häufig das Argument, "dass ja nicht alle trans Leute die angleichenden OPs durchführen lassen". Entscheidend ist dabei aber immer die Motivation. Wer sagt, dass er seine Vagina mag, ist nicht transsexuell.
Du schreibst auch, dass seine Mutter genderfluid sei. Uff... da gehen mir einige Gedanken durch den Kopf, die ich aber hier nicht vorschnell äußern möchte.
Alles in allem wirkt es auf mich nicht so, dass deine Probleme in einer Geschlechtsdysphorie begründet wären. Mehrere deiner Aussagen widersprechen dem. Deshalb verorte ich dich beim Transgender-Phänomen, worunter auch "nicht binär" fallen würde. Wenn ich Vertrauen in die Psychotherapie hätte, würde ich dir eine solche empfehlen und zwar nicht, weil ich dich für irre halte, sondern weil ich glaube, dass dieser Weg dir wirklich helfen könnte. Dummerweise sind Psychotherapeuten zur transaffirmativen Behandlung regelrecht verpflichtet, weshalb das meines Erachtens nicht ohne Risiko ist, wenn du an die falsche Person gerätst.
Der heutige Zeitgeist will uns aus allen Ecken das Thema "Transidentität" schmackhaft machen. Ich habe als homosexueller Mann z.B. auch feminine Seiten, habe in meiner Schulzeit auch nicht ins typische Rollenbild gepasst, wurde gemobbt, habe mich für die körperlichen Auswirkungen der Pubertät geschämt, hatte schwere soziale Ängste und depressive Verstimmungen. Daraus bin ich gewissermaßen herausgewachsen und bin heute froh, dass es so abgelaufen ist. Wäre ich jedoch im heutigen Zeitgeist aufgewachsen, hätte eine genderaffine Mutter gehabt, wäre mit TikTok, Funk und anderen Desinformationsplattformen in Berührung gekommen und hätte womöglich noch Trans-Beratungsstellen sowie transaffirmativen Quacksalber besucht, wäre ich jetzt vielleicht eine fehldiagnostizierte "Transfrau" mit schweren Suizidgedanken.
Deshalb lautet mein ehrlicher Rat: Halte dich von fern von TikTok & Co., wenn es um das Thema Geschlechtlichkeit geht. Wenn es in deinem persönlichen Umfeld Faktoren gibt, bei denen du das Gefühl hast, dass du in deiner Weiblichkeit nicht ernst genommen wirst, nur weil du auch Aspekte hast, die die Gesellschaft eher mit dem männlichen Geschlecht assoziiert, dann säubere dein Umfeld von diesen Faktoren. Ob du andere verwirrst oder nicht, sollte dir egal sein. Es geht um dich. Nur um dich!