Liebe Sabrina,

der Begriff "Formationserziehung" bezeichnet die für den Nationalsozialismus charakteristische Erziehungsauffassung. Von NS-Erziehungstheoretikern wie Ernst Krieck, Karl Friedrich Sturm und Alfred Bäumler wird er zur Selbstbeschreibung der Erziehungsideologie des deutschen Faschismus benutzt. Er kann in einem ersten Zugriff von zwei Punkten her leicht entschlüsselt werden:

1) Erziehen wird verstanden als "Menschen von außen her eine Form aufprägen", ohne dass diese an diesem Vorgang aktiv mitwirken können.

2) Erziehen als Beeinflussung und Lenkung von Menschen durch das Leben in  Formationen wie beispielsweis Hitler-Jugend, Arbeitsdienst, Wehrmacht und SA.

Methoden und Mittel der Formationserziehung sind z.B. das Lager, die Marschkolonne, der Kult und die Feier.  Für sie sind vier Merkmale besonders wichtig:

  • Emotionalität und Erlebnis statt Verstand und Wissen,
  • politisch-staatlich vororganisiertes Gemeinschaftsleben,
  • Einheitlichkeit statt Pluralität und Vielfalt,
  • Steuerung von Massen statt Entfaltung von Individualität.

Formationserziehung ist ein Gegenbegriff zu Bildung. Von führenden Bildungshistorikern der Bundesrepublik (Ulrich Herrmann, Harald Scholz) wurde er als zentrales Kennzeichen der Praxis und Theorie von Erziehung im NS-Regime herausgearbeitet.

Hans-Joachim von Olberg (Münster)

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