Ich kann leider keine comprehensive Antwort geben, aber ein paar Ansätze aus der Therapie, die ich momentan für meine chronische Depression mit posttraumatischer Belastung mache, die hier naheliegend sind wären:
- Manche psychischen Reaktionen auf unserer Vergangenheit können uns passiver machen, als manchmal angemessen wäre... Du hast deine traumatische Kindheit erwähnt, das könnte als Paradebeispiel dienen, wo erlernte Hilflosigkeit kommen kann. Demnach ist es zwar für viele andere ganz verwunderlich, dass Du Dich beim nervigen Facetimer nicht (mindestens) schimpfend woanders hingesetzt hast, aber wenn wir aus der Kindheit lernen, dass "nix hilft", dann lassen wir uns mehr im Alltag antun als nötig. Hier müsste man schauen, wie man diesen alt eingebrannten Glaubenssätzen anfangen kann, Widerworte zu geben (z.B. "hier hilft schon etwas", "ich muss das jetzt nicht durchmachen", "ich bin ein freier Mensch mit Rechten und darf und soll mich wehren").
- Dazu ganz passend auch, nicht nur passiv zu bleiben ("mir hilft niemand") sondern sich überlegen, aktiv auf die Suche nach Hilfe zu gehen. Vielleicht jemanden anrufen, der dich abholen kann. Auch mal Bahnhofssicherheit oder jemanden randon freundlich nach Hilfe beim Tragen fragen.
- Depression und Trauma kann unseren körperlichen und verbalen Ausdruck unterwürfiger machen. Dies soll keine Einladung zum ständigen Maskieren sein, sondern dazu an erster Stelle zu hinterfragen, ob sich unsere Selbst nicht in einen selbstbewussteren Ausdruck etwas weiterentwickeln kann und darf. Das heißt nicht, dass es Deine Verantwortung ist, wie sich andere verhalten - wer Dich geschubst hat ist so oder so ganz allein schuldig und verantwortlich für sein Fehlverhalten. Wir dürfen uns aber auch mal dominanter ausdrücken, wenn es eine Situation bedarf (unterwürfig war vielleicht in der Kindheit die sichere Wahl, doch als Erwachsene ist das nicht mehr so eindeutig vorbestimmt, da manche Leute sich dann doch anfangen anständig zu benehmen, wenn man denen zeigt, wo es lang geht; natürlich alles situationsabhängig).
- Und wenn wirklich, wirklich, nachweislich antastbar realistisch nix hilft, dann Akzeptanz, Akzeptanz, Akzeptanz... Das soll nicht heißen, mit der Ungerechtigkeit des Lebens einverstanden zu sein! Es heißt lediglich, dass Du eine nicht veränderbare Situation nicht mehr vergebens versuchst, zu verändern, und Dich selbst auch zu akzeptieren (und wenn möglich, zu lieben) auch wenn nicht anders konntest (oder nicht anders wolltest oder nicht wollen konntest).