Ich bin spät dran, aber pass auf, dass Du keine Themaverfehlung hinlegst. Gefragt ist nicht, ob Du den Faust gut oder schlecht findest, sondern welche Rolle er in Goethes Leben spielt. Der Faust hat Goethe ein Leben lang beschäftigt, auch in den Zeiten, in denen er nicht daran geschrieben hat. Er ist die Quintessenz seines Schaffens. Und Goethe ist nicht mehr oder weniger "bekloppt", als sein Faust und Mephisto zusammen. Goethe ist ein äußerst vielschichtiger Mensch, dem nichts Menschliches fremd ist und der weiß, dass das Leben zum Leben da ist. Da ist sein Faust fast so etwas, wie ein Durchspielen seiner eigenen Möglichkeiten. Wahnsinn! kann ich da nur sagen. Wirf Dich da doch mal so richtig rein.
http://www.youtube.com/watch?v=9Q0mSvhpZOM
Hier ist der 1. Teil von Faust I im Münchner Galerie Theater
http://gutenberg.spiegel.de/buch/3664/11
In unserem Theater läuft der Faust seit über zehn Jahren. Versuche es doch einmal da. Der 14. Dezember ist ausverkauft, aber am 15. 12.2012 gibt es noch Karten. http://www.muenchner-galerie-theater.de/ Einen Videomitschnitt dazu habe ich angehängt.
http://www.youtube.com/watch?v=nM31CQnpqhUWagner ist nüchterner Wissenschaftler, Verstandesmensch, der mit Fausts sinnlichen und übersinnlichen Schwärmereien nichts zu tun haben will. Er glaubt an den Fortschritt der Wissenschaft und schafft später in Fausts Labor mit Mephistos Zutun den Homunculus, der Faust den Weg nach Griechenland zu Helena weist. Wagner versteht, aus der Genialität Fausts Nutzen zu ziehen. Heute würde man sagen: er ist innovativ. Und genau darin sehe ich seine Funktion. Mit dieser Figur schafft Goethe einen Gegenpol zu Fausts prometheischer Himmelsstürmerei. Während Faust die Quellen des Lebens auszuschöpfen sucht, müht sich Wagner mit den praktischen Notwendigkeiten ab, die die Tatsche des Todes mit sich bringt. Ingmar Thilo
Ja, durchaus. Und das gilt noch mehr, wenn man die Frage auf den ganzen Faust bezieht. Vieles, was da ausgesagt ist, wird heute erst verstanden, weil unsere Zeit in allen Verzweigungen offensichtlich macht, was dort noch in den Anfängen steckt. Das heißt aber zugleich, dass im Faust alle wesentlichen Elemente unserer Zeit zusammengefasst sind. Und das nicht wissenschaftlich rational, sondern dramatisch und emotional. Wer da reingeht, den kann das Lebensgefühl unserer Zeit geradezu überwältigen. Und diese Aussicht ist auf jedenfall einen Versuch wert. Und hier dasselbe noch einmal für alle, die lieber hören als lesen: http://lora924.de/?p=13601
wenn wir weiter so im eigenen saft schmoren, ist das Thema der 5.000.000. frage natürlich die 5.000.000. frage selbst.
heutzutage ist es fast noch ergiebiger, den 2. teil zu lesen. da steht eine menge über unsere zeit drin: die gier, papiergeld, inflation mit folgenden unruhen, bürgerkrieg und krieg. selbst die verlockungen des faschismus als vermeintlichem ausweg aus den kriegswirren werden im helena-akt als irrweg enttarnt. und dann die hoffnungen auf zusammenhalt und gemeinsinn im neugewonnenen land, auch hier wieder durch grenzenlosen eigensinn aufs spiel gesetzt. erlösung? auch da gibt es einen tip: du musst den teufel hinters licht führen! schließlich kommt als metavergnügen die frage dazu: wie hat der goethe das eigentlich damals schon alles gewusst? wer das rausfindet, hat vermutlich das geheimnis des genies gelüftet. ingmar thilo
Probiere doch mal, unter Ansicht die Zeichenkodierung umzustellen. Z.B. auf UTF-8 oder ISO-8859-1.
Deine Frage habe ich erst jetzt gelesen. In München läuft Faust I und Faust II schon seit Jahren fast jeden Monat. Hier findest Du alle Termine und Tickets:
http://www.muenchenticket.de/search.jsp?text=faust&go.x=0&go.y=0&cursor=20
Hier gibt es einen langen Videoausschnitt von Faust II: /http://www.kulturclub.de/index.php?showverafaktvid=1&id=6070_kc&main=1&sub=0 Da findest Du auch das aktuelle Theaterprogramm, Bilder und Ausschnitte von Faust I und Faust II.
Ein höchst erstaunliches Phänomen ist die Aktualität von Faust I und Faust II:
In Faust I zeigt Margarete ihrem Heinrich, was Charakter ist. Am Ende des ersten Teils durchschaut sie den hohen Herrn und geht lieber in den Tod, als mit ihm zum Teufel zu gehen.
Im Faust II wird nicht nur die Spekulationsblase um das Papiergeld aufgedeckt, sondern auch Chaos, Elend, Bürgerkrieg und Krieg, die daraus entstehen. In ersterer stecken wir gerade drin, das letztere bleibt uns hoffentlich erspart, Aber warum eigentlich?
Also viel Spaß und Ernst mit Faust!
Ingmar Thilo