Hallo!
Auch, wenn du das jetzt nicht gerne hören wirst, ich glaube, er vertraut dir nicht.
Die Situationen, die du beschreibst, haben durchweg ein Ziel: Das Pferd will nicht bei dir sein/bleiben und lieber weg von dir. Nimm das jetzt bitte nicht persönlich, aber:
Wenn du dein Pferd von der Koppel holst, sollte es dir entgegen kommen, reagiert es gar nicht auf dich oder geht sogar, fängt ein Kreislauf an. Du gehst die 50 Meter oder auch mal mehr zu ihm und holst ihn. Warum sollte er beim nächsten Mal schon zu dir kommen, wenn er doch weißt, du kommst ihm hinterhergedackelt? Wenn er sich wieder dem Gras widmet, heißt das so viel wie, "ich hab keinen Bock". Wenn du dann dein Pferd mitnimmst, war euer Start schon schlecht, dann wird der Rest auch nicht besser.
Auf dem Reitplatz sollte man Pferde nicht fressen lassen. Bei einem Ausritt lässt du ihn ja schließlich auch nicht mal so eben aus dem Trab oder Galopp gewähren, um zu fressen. Der Reitplatz ist "Arbeitsplatz", fressen kann er die restlichen 22 Stunden auf der Koppel.
Kennst du dich mit der Arbeit im Round pen aus? Dann würdest du ihn auf keinen Fall gewähren - selbst wenn er nur imaginäres Futter sucht - seinen Kopf danach zu senken. Solltest du vorher mit ihm ein Join up gemacht haben und er macht das danach, dann hast du etwas falsch gemacht und nicht das eigentliche Ziel dieser Arbeit erreicht.
Wenn er mit dem Bein schleudert beim Hufe auskratzen, solltest du sein Bein so lange festhalten, auch wenn es schwierig ist, bis er es wieder ruhig hält. Halte es dann 3 Sekunden ruhig, setze es ab und lobe ihn. Dann nimmst du das Bein wieder auf.
Es gilt immer der Grundsatz: Das Pferd hat dich weder zu beknabbern, sich an dir zu schubbern o. Ä.! Du kannst das mit der Autorität eines Baumes vergleichen; also 0. Pferde schubbern sich an Bäumen, nicht aber an Menschen! Auch das ist ein Rangfolgeproblem. Er sieht dich nicht als Führungsperson an, sonst käme er nicht auf diese Ideen. Dass er hin und wieder austestet ist klar, das wird ein Pferd immer machen, aber bei euch scheint sich dieses Verhalten eingefahren zu haben, ohne dass du es gemerkt hast.
Die Situation beim Spazieren gehen ist am eindeutigsten. Man darf das Spazieren gehen mit einem Pferd nicht unterschätzen. I. d. R. wird dies abgetan. ABER: ein Pferd folgt dir nur, wenn es dir vertraut. Mit seinem Verhalten zeigt er jedoch immer, dass er sich bei dir unsicher fühlt. Er vertraut nicht auf deine "Ideen" ihn rückwärts zu richten und dann wieder anzutreten. Fühlt sich das Pferd mit dir nicht sicher, wird es im Falle der Fälle irgendwann selbst "die Zügel in die Hand nehmen" und sich von dir lösen. Es sucht selbst nach dem "sichersten" Ausweg und trifft eigene Entscheidungen. Genau das ist bei dir leider der Fall.
Ganz wichtig ist: Das Pferd läuft niemals - auch nicht beim 10-Meter-Führen - vor dir. Die ranghohe Person geht immer vor. Das bist du! Schulter Mensch - Kopf Pferd. Hält er sich nicht daran, korrigieren, indem du ihn ein, zwei Schritte rückwärts schickst, wieder los läufst und ihn in dieser Position lobst. Macht er alles gut, dann belass es dabei, keine weiteren Lobe, etc. Du musst in dem, was du tust klare Vorstellungen haben. Er merkt ganz genau, wann du etwas anders machst als sonst und wann du etwas durchgehen lässt. Überall müssen dieselben Regeln gelten.
Das Tempo und die Richtung eines Pferdes müssen nicht nur unter dem Sattel sondern auch und gerade, an der Hand funktionieren. Dominanzprobleme löst du nicht mit Reiten.
Das Pferd muss das Gefühl haben, dass es bei dir sicher ist, es muss gern bei dir sein wollen.
Wenn du jemanden hast, der Horsemanship-Methoden gut kann, wenn du selbst sie nicht so gut kannst, mach es bitte nicht allein, da fangen die Probleme an. Ergo: Lässt du ihn im Round pen, an einem Ort, wo ihr beide eigentlich eine gemeinsame Sprache gefunden haben solltet, den Kopf nach Futter, ob es da ist oder nicht, senken, dann brauchst du dich nicht wundern, dass er das in jeder x-beliebigen Situation wieder tut.
Ihr müsst viel Vertrauens- und Dominanztraining machen. Mit etwas Geduld und Spucke und der entsprechenden Hilfe von anderen, bekommst du das hin. Frag jemanden aus deinem Stall, bevor sich Probleme manifestieren.
Viel Spaß!